Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
kurz.
»Ich weiß nicht, ich, äh…«
»Aber ich weiß es. Und ich weiß auch, dass Andrea wahrscheinlich eine zeitlang zweigleisig gefahren ist.«
»Ingo«, ich zupfe ihn am Ärmel, »wir müssen jetzt wirklich los.« Er zieht mich noch dichter an sich heran, als wolle er sich an mir festhalten.
»Einen Moment noch, Schatz, ich würde das gern klären.« Dann wendet er sich wieder Florian zu. »Jedenfalls freut es mich, dass es Andrea so gut geht.« Den Eindruck macht sie im Moment allerdings überhaupt nicht, sie guckt eher etwas hilflos aus der Wäsche. »Und ich nehme es dir auch nicht mehr übel, dass du ausgerechnet am Valentinstag mit mir Schluss gemacht hast. Sicher, damals hat es mich echt getroffen. Aber mittlerweile ist alles vergeben und vergessen. Wie du siehst, geht es mir mit Carla bestens, und wir sind sehr glücklich.« Dann nickt er den beiden freundlich zu. »Einen schönen Abend noch!« Mit diesen Worten schleift er mich hinter sich her aus dem Restaurant.
»Valentinstag?«, höre ich Florian noch fragen. »Ich denke, seit Silvester war Schluss?«
Notiz an mich selbst:
It’s a small world. Und man
begegnet sich immer zweimal.
Will sagen: Aufpassen!
»Musste das sein?«, frage ich, als wir draußen auf der Straße stehen. »Das war doch echt ein bisschen pubertär.«
»Ja«, gibt Ingo mir grinsend recht. »Das war es. Und es hat sich verdammt gut angefühlt.« Er seufzt tief. »Mal nicht der nette, liebe Ingo zu sein, der alles hinnimmt, sondern auch mal zurückzuschlagen. Das hätte ich schon viel früher
tun sollen.«
»Hm«, überlege ich, »vielleicht war das gar nicht so falsch. Und wie hat es sich angefühlt, sie zu sehen?«
Ingo zuckt mit den Schultern. »Hat mir schon einen kleinen Stich versetzt. Ich war ja schließlich ziemlich verliebt in sie. Und mein Ego ist natürlich auch getroffen.« Dann legt er wieder einen Arm um mich. »Echt klasse, dass du in diesem Moment bei mir warst, das hat mir wirklich geholfen.«
»Das verstehe ich. Wünschte, du wärst bei meinem schwärzesten Moment auch dabei gewesen.«
»Wäre ich auch«, erinnert er mich. »Beziehungsweise, die Sache mit Tom wäre erst gar nicht passiert, wenn du unser Kino-Date nicht eiskalt abgesagt hättest, um diesen Idioten zu treffen.«
»Eins zu null für dich«, erwidere ich lachend.
»Weißt du«, erzählt Ingo weiter, während wir Arm in Arm zu meiner Wohnung schlendern. »Das war ja schon das zweite Mal, dass du mich für einen anderen Typen abserviert hast.«
»Das zweite Mal?«
»Erinnerst du dich nicht? Ich musste vorhin im Restaurant daran denken, als du die Muscheln gegessen hast.«
»An was musstest du denken?« Ich stelle mich ein kleines bisschen dümmer, als ich bin. Denn ehrlich gesagt wusste ich schon vorhin beim Essen, woran er gedacht hat. Schließlich ist mir die Episode selbst erst vor kurzem wieder eingefallen, als ich Ingos Geschenk wiedergefunden habe.
»An den Sommer in Hohwacht. Als ich dir die Muschel gegeben habe.«
»Ach, das meinst du«, gebe ich mich überrascht. »Ja, daran kann ich mich dunkel erinnern.«
»Ich kann mich sogar sehr gut daran erinnern.«
»Ehrlich? Dabei ist es doch schon so viele Jahre her.«
»Na ja.« Er lacht auf. »Den ersten Herzschmerz vergisst wohl niemand so leicht.«
»Herzschmerz?« Mir wird auf einmal ganz heiß und kalt.
Ingo bleibt stehen und sieht mir direkt in die Augen.
»Damals hatte ich echt Liebeskummer. Und ich konnte nicht verstehen, weshalb du nach unserem Kuss am Strand nichts Besseres zu tun hattest, als dir in Hamburg sofort einen Freund zu suchen.«
»Ich war halt ein blöder Teenager!«, bringe ich zu meiner Verteidigung vor. »Und blöde Teenager zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie blöde, unüberlegte Dinge tun.«
»Ich war auch ein Teenager«, erinnert Ingo mich. »Aber es hat mir trotzdem weh getan.«
»Das tut mir leid.«
»Ach«, er lächelt mich an, »ist tatsächlich lange verjährt und vergessen. Vorhin musste ich einfach kurz daran denken. Das liegt wohl an diesen komischen Sitzungen.«
»Ja, das wird es sein.«
Wir gehen weiter und ich kann nicht umhin, ein seltsames, mulmiges Gefühl in mir wahrzunehmen. Hat es Ingo damals tatsächlich so verletzt? Habe ich etwa den Grundstein für seine verkorksten Beziehungsmuster gelegt? Nur, weil ich als dummes, dreizehnjähriges Gör gedankenlos auf seinen Gefühlen herumgetrampelt bin? Eine ungeheuerliche Vorstellung!
»Willst du bei mir
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