Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
einfach schnell wieder anwirft.«
Klar kannte Liane dieses Kaufverhalten, und eigentlich hätte sie das gar nicht fragen müssen, aber worüber sollte sie sonst mit Gerd reden?
»Ist Ihr Mann nicht eifersüchtig, wenn Sie sich allein in ein Rudel Golfwölfe begeben?«, wollte er wissen.
»Golfwölfe?« Sie musste lachen. »Das hört sich irgendwie zahnlos an …« Gerd sah nett aus, war von fülliger Statur, hatte schon schneeweißes, welliges Haar und ruhige braune Augen. Liane schätzte ihn auf Ende fünfzig.
Er musste lachen. »Ganz zahnlos sind wir noch nicht«, er deutete auf seinen Nachbarn, »aber nah dran.«
»Worum geht es?«, wollte der wissen, und im Nu entspann sich eine Diskussion über zahnlose Golfwölfe. Einer hatte eben erst geheiratet und wurde entsprechend auf die Schippe genommen, ein anderer war frisch geschieden und fand, dass der neue Partner seiner Ex sehr viel zahnloser sei als er, ein richtiges Weichei.
»Wozu braucht man überhaupt Zähne, doch nur, um die Rivalen wegzubeißen«, sagte einer und fletschte sein Gebiss.
Sein Nachbar wollte vor Lachen vom Stuhl fallen. »Na, damit beißt du keinen weg!«
»Höchstens einen lahmen Kater.«
»Louis vielleicht!«
Louis saß am Nebentisch und sah herüber. »Wovon redet ihr?«, wollte er wissen. Und sofort flogen die Sprüche hin und her.
Das hab ich gut gemacht, dachte Liane und griff nach ihrem Weinglas. Da spürte sie, wie ihr Handy in ihrer Jackentasche vibrierte. Sie zog es heraus und warf unter dem Tisch einen Blick darauf. Eine SMS .
»Sie sehen phantastisch aus, auch angezogen.«
Liane spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. Er war hier. Er konnte sie sehen. Sie blickte schnell auf. Keiner beobachtete sie, keiner steckte gerade ein Handy weg. Oder doch?
»Ich war gar nicht nackt«, schrieb sie unter dem Tisch zurück. Woher hatte er ihre Handynummer?
»Für meine Augen schon. Und für meine Sinne.«
Sie wurde unruhig. Saß er hinter ihr?
»Entschuldigt mich mal kurz«, sagte sie zu Gerd, und er stand auf, um für sie den Stuhl zurückzuziehen. Ganz die alte Schule, dachte sie, schön.
»Aber kommen Sie schnell wieder, sonst verpassen Sie den Hauptgang.«
»Oh«, sagte sie ironisch, »das wäre ja jammerschade!«
»Jammerschade wäre, wenn Sie nicht zurückkommen würden.«
Liane sah ihn kurz an. Er war es nicht, das war sicher. Sie schenkte ihm ein Lächeln: »Fände ich auch.«
Kaum war sie auf der Damentoilette, war schon die nächste SMS da.
»Ihre Beine unter dem engen Rock. Sehenswert. Und die hohen Schuhe. Sexy.«
»Wollen Sie sich nicht zu erkennen geben?«, schrieb sie zurück.
»Wollen Sie unser Spiel kaputt machen? Vergessen Sie nicht, dass Sie sich nachher für mich ausziehen werden.«
Ob sie wollte oder nicht, sie war erregt.
»Werde ich das?«, schrieb sie zurück, aber sie bekam keine Antwort mehr. Eine Weile wartete sie noch, dann ging sie zurück an den Tisch.
Bei jedem Schritt durch das voll besetzte Restaurant war ihr bewusst, dass ihr jemand mit den Blicken folgte. Sie ging anders als sonst, das spürte sie. Sie setzte die Füße anders auf, bewegte ihren Körper anders. Es war, als wäre eine Kamera auf sie gerichtet, sie ging nicht einfach, sondern sie setzte ihre Schritte. Wie geht man denn normal?, fragte sie sich im selben Augenblick. Fragen sich das Schauspieler vor der Kamera auch?
Gerd stand auf, als er sie kommen sah, und rückte ihr den Stuhl zurecht.
»Danke«, sagte sie. »Habe ich was verpasst?«
»Was kann eine geistreiche Frau schon verpassen, wenn Männer unter sich sind …« Er zwinkerte ihr zu. »Nichts.«
Es war zwei Uhr morgens, als Liane leicht angetrunken in ihr Zimmer zurückging. Fast war sie versucht, auf dem langen Hotelgang ihre hohen Schuhe auszuziehen und den Rest barfuß zu gehen. Dass sie aber auch immer das allerletzte Zimmer des Gangs bekommen musste.
Sie öffnete die Tür mit ihrer Zimmerkarte, steckte sie gleich beim Eintreten in den Schlitz für den Strom und drückte auf den Zentralschalter für das Licht. Es tat sich nichts. Oh, verdammt! Musste sie jetzt etwa jede einzelne Zimmerlampe von Hand einschalten? Sie ging ins dunkle Zimmer hinein und versuchte, etwas zu erkennen. Das Zimmermädchen hatte die dicken Vorhänge offensichtlich schon zugezogen, es war stockfinster. Sie tastete sich am Schrank entlang. Neben dem Schreibtisch gab es eine Stehlampe, das hatte sie gut in Erinnerung. So ein Mist aber auch, was war das? Ein Fünf-Sterne-Hotel?
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