Ich liebe dich nicht, aber ich möchte es mal können
entladen sich.
Später machte ich daraus tatsächlich eine Story, allerdings mit einem verirrten Demenzkranken in der Rolle der Leiche, ein kleines Dramolett, kein Drama. Die eigentliche Geschichte zu schreiben soll meinem Freund vorbehalten bleiben.
Mittwoch, 8. 7. 2010
Lange im Bett gelegen und mir deshalb Vorwürfe gemacht, aber nicht genug.
Mir nach diesem langen Anlauf am Computer eine Seite zum Krimi-Exposé abgerungen; das Streitgespräch zwischen Held und Onkel wird einfach nicht böse genug. Wenigstens stattdessen zu Tom Waits getanzt.
Mich gefragt, wo die schwangere Katze steckt und ob sie schon wirft. Sie eingesperrt in meiner Wäscheschublade gefunden und mich bei ihr entschuldigt, dass ich sie zwang, auf meine Dessous zu pinkeln. Versucht, die Katze mit Tom Waits anzufreunden, aber sie mochte nicht.
Simon von der Schule abgeholt und das Lob für ihn von der Schulbegleiterin entgegengenommen. Direkt zu Aldi gefahren, wo er sich die Limonade über die FüÃe kippte. Mir aber nur einmal weglief, um einen Becher Crème fraîche zu zerkauen. Dafür half er zum ersten Mal in seinem Leben stetig mit, die Sachen aufs Band und danach vom Wagen in den Kofferraum zu räumen, statt nur eine Sache in die Hand zu nehmen wie sonst. Hab ihn exzessiv gelobt, dass er so eine Hilfe ist.
Hab ihn beim Aussteigen wie üblich ermahnt, den Schulranzen mitzunehmen und die Tür zu schlieÃen. Hat sogar geklappt. Etwas von den Einkäufen wollte er aber nicht tragen, nicht mal die runtergefallene Tüte mit Möhren aufheben. Hab mit vollen Armen nach ihr geangelt und die Tomaten dabei gequetscht, den Mais fallen und ihn liegen lassen. Dann eben erst mal keine Tomaten-Gemüse-SoÃe.
Kochte Milchreis, checkte nebenbei die Post. Beim ersten Löffel verzog Jonathan das Gesicht, und ich begriff, warum in der Küche plötzlich eine leere Salzpackung herumgestanden hatte. Man soll beim Reiskochen eben dabeibleiben. Habe Simon erklärt, dass ein Unterschied zwischen Zucker und Salz besteht, den er bei künftigen Mitkochversuchen beachten sollte. Allerdings ohne viel Hoffnung. Alles weggeschüttet und Toast Hawaii im Familienmanufakturverfahren hergestellt.
Jonathan schlug vor, diesen Abend »Angriff der Killerbienen« zu schauen. Ich war begeistert, der Streifen hatte null Bewertungspunkte in der Fernsehkritik â wird bestimmt sehr lustig. Wir waren uns einig, denselben Geschmack in Sachen Trash zu haben.
Habe, davon angeregt, Jonathan beim Essen zwischen zwei Bissen mit dem Roman »Murp« bekannt gemacht â unser geplanter Abend war nämlich eine klassische Murp-Sache, sinnfrei und eben drum so erholsam â und ihm die Baumarktszene vorgelesen.
Simon davon abgehalten, die Thuja auf dem Balkon als Nachtisch zu essen. Zum Glück lenkte ihn ein akuter Anfall von Trampolinitis ab, so dass ich Jonathan noch die Stauszene vorlesen konnte, die einfach selig macht. Er wurde auch selig, umarmte mich und trampolinierte seinerseits, weshalb Simon auswich und mich zu einem Spaziergang zwang.
Schlug vor, Kuchen vom Bäcker zu holen. Auf dem Weg dahin, als wir am Ãrztehaus vorbeikamen, sagte Simon: »Wollen wir nicht mal zum Arzt gehen, damit er mich untersucht und mir eine Spritze gibt und dann bin ich wieder gesund?«
Hab ihm erklärt, dass sein Autismus keine Krankheit ist, sondern eine besondere Art, die Welt zu sehen. Dass er durch Spritzen nicht weggeht, dass wir damit aber zurechtkommen werden und dass ich ihn liebe. Er hat mich umarmt und sich anschlieÃend huckepack nehmen lassen.
Schleppte seine 30 kg über die Ampel, angestrahlt von allen Passanten und Autofahrern. Strahlte zurück. Wir entschieden uns für Puddingkuchen.
Simon aà den gesamten Pudding von seinem Kuchen, ehe ich den Tisch fertig gedeckt hatte. Aber er hat den Kakao gemacht. Simon machte sich noch über das chirurgisch sauber isolierte Bisquitteil seines Kuchens her und stieg danach zum dritten Mal an diesem Tag in die Badewanne.
Irgendwie kam Jonathan darauf, dass er »Matrix 1« noch nicht kannte. Betroffenheit; ich beschloss, um seine humanistische Bildung abzurunden, den Film heute Abend mit ihm zu gucken, natürlich vor den »Killerbienen« im Spätprogramm. Er hat ja nur noch drei Wochen Schule.
Versuchte, Simon mit Tom Waits anzufreunden, aber er mochte nicht. Er wollte Trampolin springen.
Zog ihn zum dritten Mal an diesem Tag an, zum
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