Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
»Ich werde einige Dinge tun, die ich schon als junges Mädchen machen wollte. Ich habe mir eine Liste gemacht, damit ich nichts vergesse.«
»Eine Liste? Brina, muss ich mir Sorgen machen? Ich denke, nur Männer kommen in die Midlife-Crisis?«
»Du wirst schon sehen, es ist mir wichtig und ernst!«
»Du hast immer noch nicht gesagt, was das für Dinge auf deiner Liste sind.«
»Ich hab mir vorgenommen, mir wieder eine berufliche Aufgabe zu suchen. Ich werde mir ein Motorrad kaufen und damit durch Norwegen fahren. Ich werde durch diesen See hier schwimmen, bis ans andere Ufer und zurück, und ich werde mir einen Hund anschaffen, wenn du es genau wissen willst!« Trotzig stieß ich die Worte hervor. »Aber ich glaube, das verstehst du sowieso nicht!«
Conny lachte. »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Was sind denn das für seltsame Anwandlungen? Wenn das deine Töchter von sich gegeben hätten, na meinetwegen, aber du bist achtundvierzig Jahre alt. Sabrina, wach auf! Motorradfahren! Pah, reicht dir nicht schon Claudis Unfall?«
Ich war verletzt. Vielleicht klang das ja wirklich alles idiotisch. Aber ich wollte es ausprobieren. »Es geht um etwas was du hast, ich aber nicht!«
»Und das wäre?«
»Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein, nicht nur Anhängsel eines Mannes zu sein!« Ich stand entschlossen auf, um schwimmen zu gehen, denn Conny ging mir gerade gewaltig auf die Nerven.
»Was jetzt, wo willst du hin? Du spinnst doch Brina, dir geht es einfach zu gut. Ich kann es nicht fassen! Willst du deine Ehe aufs Spiel setzen?«
Ich hatte meine Sonnenbrille im Vorbeigehen auf die Wolldecke zu meinen Sachen geworfen und spazierte zum Wasser.
»Ich fange jetzt mit Punkt eins auf meiner Liste an und schwimme bis ans andere Ufer und zurück, mach dir keine Sorgen!«, warf ich ihr schnippisch über die Schulter zu. Sie konnte mich mal...
Das kühle Nass umfing meine Beine, jetzt war es auch egal! Ich hätte mir denken können, dass Conny mich nicht verstehen würde - ich verstand mich ja selbst nicht ganz genau. Ich wischte den Gedanken beiseite.
»Brina, komm zurück, das ist zu weit, das kannst du nicht schaffen! Sei doch nicht so bockig!«, wehten Connys Wortfetzen hinter mir her.
Egal! Jetzt würde ich es mir, Conny und allen anderen beweisen! Ich sah zum gegenüberliegenden Ufer. Das schaff ich! Ich konnte immer schon gut schwimmen, nur so weit hatte ich mich noch nie getraut. Ich duckte ab und tauchte bis zu den Schultern in das kalte, dunkle Wasser ein. Mit kräftigen Stößen trieb ich mich voran und glitt Richtung Stauseemitte.
Ich sah mich nicht um.
Ich schwamm.
Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Zug um Zug pflügte ich durch das Wasser. Ich hatte das Gefühl, keinen Meter voranzukommen. Ich wusste nicht, wie viel Zeit bereits vergangen war. Umsehen wollte ich mich auch nicht. Nur nicht das Ziel aus den Augen verlieren!, suggerierte ich mir selbst.
Ich schwamm bis meine Schultern anfingen zu schmerzen. Daraufhin drehte ich mich in die Rückenlage, das entspannte meinen Rücken und meine Schultern. Nun sah ich, dass ich doch schon eine ziemliche Distanz zurückgelegt hatte. Ich konnte Conny nur noch als dunklen Punkt sehen. Sie war schon zu weit weg.
Nach einer Weile drehte ich mich wieder in die Bauchlage. Meine Schwimmstösse waren ruhig und gleichmäßig. Ich war verrückt, völlig verrückt! Ich fühlte eine wilde Entschlossenheit in mir. Ich würde nicht umkehren, soviel war sicher.
Ich sagte mir selber, wenn ich schon diese eine Aufgabe nicht bewältigte und umdrehte, dann wären auch die anderen Punkte auf meiner Liste gestorben. Aufgeben kam nicht in Frage und wenn ich bis zum Sonnenuntergang schwimmen würde. Wie lange konnte ein Mensch schwimmen? Die kleine leise Stimme, die ich schon seit Wochen nicht mehr vernommen hatte, meldete sich prompt mit der Antwort: Ein Mensch kann stundenlang schwimmen. Die Gefahr ist lediglich die Auskühlung. Das Wasser hatte aber gute einundzwanzig Grad. Also konnte ich mindestens zwei bis drei Stunden schwimmen. Schlimmstenfalls hätte ich morgen einen Schnupfen, das war mir die Herausforderung wert. Diese Gedanken beruhigten mich. Sicher war, dass ich ankommen würde.
Ich spürte keinerlei Angst - im Gegenteil!
Ich fühlte mich großartig!
Erneut drehte ich mich zur Entspannung in die Rückenlage. Donnerwetter, war unsere Badestelle
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