Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
dass du denkst, ich sei in unserer Ehe unglücklich gewesen. Das war ich nicht. Ich war während unserer familiären Phase sehr glücklich und zufrieden. Wir hatten uns auf eine klassische Rollenverteilung verständigt. Durch deinen guten Job konnte ich zu Hause bleiben und die Kinder großziehen. Dafür danke ich dir, Peter, von ganzem Herzen! Ich weiß, dass es viele Familien gibt, denen ein solches Glück nicht vergönnt war. Jetzt sind unsere Töchter erwachsen, und mir ist klar geworden, dass ein neuer Lebensabschnitt für uns beginnt - beginnen muss!
Ich will nicht mehr nur Hausfrau sein!
Ich habe mir vorgenommen, in nächster Zeit einige Dinge in Angriff zu nehmen, die ich in den letzten Jahren wegen der Kinder nicht machen konnte. Ich will nichts mehr aufschieben! Zu diesen alten Träumen, die ich mir jetzt erfüllen möchte, gehört unter anderem das Motorradfahren. Du weißt, dass Paps früher auch ein Motorrad besaß, auf dem er mich oft mitnahm. Mama redete es ihm durch ihre Nörgelei eines Tages aus. Damit hatte er eine seiner Leidenschaften, für die er so gebrannt hatte, aufgegeben und das später immer bereut. Ich will diese Reue nicht auch erleben. Ich werde deshalb Motorradfahren, egal, ob es dir passt oder nicht! Es ist mir wichtig, es macht mir Freude, es gibt mir Freiheit und Weite. Kurz gesagt: Es tut mir richtig gut!
Leider kann ich dich für Neues nicht gewinnen. Meinem Empfinden nach wäre es dir am liebsten, wenn alles auf alle Ewigkeiten so bliebe wie es ist. Du fürchtest Veränderung, als bedrohe sie dein Leben! Für mich heißt Leben aber eben nicht Stillstand, Peter, sondern Leben heißt für mich Veränderung! Da wir schlecht über diese Dinge sprechen können, werde ich dir hier schon einmal aufschreiben, welche Pläne ich für die Zukunft umzusetzen gedenke:
Ich werde Motorradfahren und eine lange Tour durch Norwegen machen und mir danach eine neue berufliche Aufgabe suchen - mich vielleicht sogar selbstständig machen.
Ich werde mir einen Hund kaufen, ein Kinderbuch schreiben, mir keine Vorschriften mehr machen lassen und wahrscheinlich fallen mir noch weitere Sachen ein.
Peter, es mag für dich schwer sein, das alles zu verstehen, aber ist dir denn noch nie der Gedanke gekommen, dass es möglicherweise noch andere Dinge geben könnte, die du dir wünschen würdest zu erleben? Einmal alle Vernunft aufgeben und Träume wahr werden lassen? Ich möchte mein Leben aktiv in die Hand nehmen und neu gestalten. Ich war mit dir lange Zeit glücklich. Im Augenblick fühle ich jedoch, dass wir uns auseinander entwickeln. Das ist schmerzlich, aber eine Tatsache. Gerne würde ich mit dir zusammen an diesen neuen Vorstellungen arbeiten. Solange du aber keine Veränderung zulassen kannst oder magst, solange wird es keinen gemeinsamen Weg mehr für uns geben.
Peter, ich denke, ich bin dir diese Offenheit schuldig. Nimm dir Zeit für eine Antwort und denke gründlich darüber nach. Ich bin traurig, aber auch glücklich. Ich bin voller Kraft und Optimismus. Ich freue mich auf meine - unsere (?) - Zukunft.
Wie es auch werden wird…, ich danke dir für unser bisheriges gemeinsames Leben und für deine Liebe und Fürsorge, die du mir und den Kindern entgegengebracht hast.
Ich liebe dich.
Ich liebe unsere Töchter.
Ich liebe mich…
Sabrina
Beim Lesen dieser Zeilen wurden seine Augenwinkel feucht. Er ließ den Brief sinken und atmete schwer, seine Brust schien wie durch einen eisernen Ring zusammengepresst!
Was war nur in sie gefahren? Dankbar registrierte er, dass sie ihm die alte Münchengeschichte nicht noch einmal unter die Nase rieb. Ob sie auf der Kur einen anderen Mann kennen gelernt hat? Hatte der ihr zu ihren neuen Einsichten verholfen? An diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht gedacht. Möglich wäre es vielleicht, sinnierte er. Seine Fantasie reagierte prompt und begann, ihm entsprechende Bilder vorzugaukeln.
Aber wenn es tatsächlich so sein sollte, konnte er ihr das vorwerfen? Hatte er nicht selber schon einen Seitensprung begangen? Und war er wirklich schon so festgefahren wie sie ihm vorwarf?
Kürzlich erst hatte er einen Bericht in einem Magazin gelesen: Männer - um die Fünfzig!
Dort hatten ein paar alte Knaben zum Teil alles stehen und liegen lassen, um sich ihre Jugendträume zu erfüllen. Er hatte innerlich geschmunzelt und sie Spinner genannt.
Nun schienen ihn diese Gedanken einzuholen. Er
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