Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
auf Vorwürfe verzichten. Das machte sowieso nichts einfacher - wenn sie nach Hause kam…? Er sah vor seinem geistigen Auge das schwarze Motorrad auf einer Straßenkreuzung liegen - deformiert. Sanitäter bemühten sich um die verletzte Fahrerin. Er schüttelte den Gedanken ab.
Oh Gott, hoffentlich war ihr wirklich nichts zugestoßen?
Das Telefon klingelte. Er hatte es im Bruchteil einer Sekunde am Ohr und vernahm die Stimme seiner Schwiegermutter: »Hallo Peter, hier ist Charlotte! Ich wollte nur sagen, dass Sabrina soeben auf einem Motorrad bei uns aufgekreuzt ist. Ich weiß nicht, was wieder bei euch los ist. Ich wollte dich nur anrufen, damit du dir keine Sorgen machst.«
Er ließ den Hörer an seine Brust sinken. Gott sei Dank, ihr ist nichts zugestoßen, sie ist zu ihren Eltern gefahren.
Tief durchatmend hob er den Hörer wieder ans Ohr, »…sie wäre ja ohnehin die nächsten Tage gekommen, wegen Claudia. Gib ihr ein wenig Zeit, Peter. Komm nicht gleich her, wie beim letzten Mal! Sie spricht mit Kurt und scheint sehr unglücklich zu sein. Ich informiere dich, wenn sie soweit ist, dass du mit ihr sprechen kannst.«
»Das ist okay, Charlotte. Wir hatten eine Auseinandersetzung wegen dieses verdammten Motorrades. Hat sie überhaupt noch Sachen zum Anziehen bei euch?«
»Deshalb rufe ich ebenfalls an, Peter. Kannst du ihr nicht einen Koffer packen und herschicken?«
»Ja klar, das erledige ich. Ich packe unsere Koffer ja sonst auch immer, wenn wir in Urlaub fahren. Ich bin froh, dass ihr nichts passiert ist. Charlotte, danke dass du angerufen hast.«
»Ist schon gut, mein Junge. Ich melde mich demnächst wieder. Kopf hoch, wird schon werden.« Mit diesen Worten legte sie auf.
Peter fluchte - der Sonntagabend war gelaufen!
Zwar war er erleichtert, dass Sabrina nichts zugestoßen war - das war das Eine.
Das Andere aber war, dass er spürte, wie eine klamme Furcht begann, nach seinem Herzen zu greifen - die Furcht davor, Sabrina für immer zu verlieren.
Die folgenden drei Tage vergingen schnell. In der Firma gab es Qualitätsprobleme mit einem Zulieferer. Mehrere Großhändler hatten Ware reklamiert und es wurde im Hause bereits laut über eine Rückrufaktion nachgedacht. Betroffen war eine Fertigungs-Charge von eintausend Felgen. In der Firma war die Hölle los.
Zum Glück hatte Peter den Koffer mit Sabrinas benötigten Sachen gleich am Sonntagabend noch gepackt und mit zur Firma genommen. Dort hatte ihn der Paketdienst abgeholt. An den folgenden turbulenten Tagen hätte er es garantiert vergessen.
Als er Mittwoch gegen Abend heimkam und routinemäßig den Briefkasten kontrollierte, fiel ihm ein rosa Briefumschlag entgegen. Die Adresse war mit blauer Tinte ordentlich und schwungvoll geschrieben. Er stutzte, die Schrift kam ihm vertraut vor. Er drehte den Umschlag um und sah auf den Absendervermerk:
Sabrina Hartmann, Goslar, langer Brockengang 23.
Schlagartig waren alle quälenden Gedanken an den betrieblichen Stress vergessen, abgeschnitten.
Die Geräusche der Umgebung - das Rasenmähen in der Ferne, die hellen Stimmen der spielenden Kinder auf der anderen Straßenseite - alles schien mit einem Schlag ausgeblendet, denn da war sie wieder, die Furcht!
Ihm wurde flau. Schnell schloss er die Haustür auf, warf sein Jackett auf den Küchenstuhl, holte sich eine Flasche Bier mit Glas aus der Küche und ging auf die Terrasse. Dort ließ er sich in einen Stuhl fallen. Seine Stirn war feucht, er fühlte sich ausgebrannt und erschöpft.
Ein Brief von Sabrina; das verhieß nichts Gutes! Er trank sein Glas in langen Zügen leer. Kein anderer Brief hätte ihn so beunruhigen können wie dieser rosarote Umschlag vor ihm. Er riss ihn auf und begann zu lesen:
Hallo Peter,
Mama hat dir ja bereits mitgeteilt, dass ich Sonntagabend hierher nach Goslar gefahren bin. Ich bleibe jetzt einige Wochen hier, um mich um Claudias Integration zu kümmern. Vielleicht wird uns diese Trennung helfen, ein wenig Abstand zu gewinnen. Wie dir bestimmt aufgefallen ist, war ich schon seit Sommer letzten Jahres nicht mehr gut drauf. Ich war unzufrieden, leer - ich fühlte mich nicht gebraucht. Unsere Mädchen gehen ja nun ihre eigenen Wege. Du bist mit der Firma beschäftigt und ich sitze zu Hause. Ich bin achtundvierzig Jahre alt und ich spüre, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um über mein Leben, unser Leben, neu nachzudenken. Nicht,
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