Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
energischer, selbstbewusster geworden ist. Sie beharrt auf ihren Standpunkten, verteidigt ihre Position bis aufs Blut, sie redet plötzlich so philosophischdaher. Der Hammer ist, das weißt du ja noch gar nicht - stell dir vor, letzten Sonntagnachmittag kommt sie plötzlich in schwarzem Leder auf einem Motorrad zu Hause vorgefahren! Sie stellt mir die Maschine als ihre eigene vor und erwartet, dass ich Luftsprünge vor Freude mache. Das ist doch gaga , in ihrem Alter!« Peter unterstrich seine letzte Bemerkung mit einer wedelnden Handbewegung vor seiner Stirn.
»Mit einem Motorrad?« Horst machte ein verdutztes Gesicht, als hätte er nicht richtig verstanden.
»Na, was hättest du gesagt? Ich habe in dem Moment eben nicht vor Freude in die Hände geklatscht! Daraufhin ist sie beleidigt abgerauscht - ohne ein weiteres Wort! Drei Stunden später rief meine Schwiegermutter an, dass Brina bei ihnen in Goslar aufgeschlagen sei und gleich für einige Wochen dort bleibe, wegen ihrer Schwester. Charlotte bat mich, für Brina einen Koffer mit Sachen hinzuschicken. Ich solle erstmal nicht nachkommen und auch nicht anrufen, bis Brina so weit sei, mit mir reden zu wollen, was immer das heißen mag. Mittwochabend komme ich nach Hause und finde einen Brief von ihr im Kasten. In dem erklärt sie mir klipp und klar, dass sie beschlossen habe, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und dass sie sich ihre eigenen Träume und Wünsche nun erfüllen wolle. Mir bliebe nur die Alternative, das zu akzeptieren oder sie würde mich in die Wüste schicken. So, das war's in groben Zügen und nun kommst du!« Peter war in Fahrt gekommen und sah mit hochgezogenen Brauen und großen Augen fragend seinem Freund ins Gesicht.
Der wiegte bedenklich den Kopf und kratzte sich am Ohr während er angestrengt nachzudenken schien. Schließlich kam er zu dem Schluss: »Klarer Fall von Midlife-Crisis, würde ich sagen!«
»Sag ich doch auch, die hat sie nicht mehr alle, aber was mach ich jetzt?«
»Nachdenken, Peter, du musst nachdenken, welche Position du in diesem Spiel beziehen willst. Liebst du sie noch?«
»Klar! Was für eine Frage?«
»Finde ich nicht unbedingt so klar. Frage mal Leute, die länger verheiratet sind. Es sind garantiert nicht viele, die so spontan mit ja antworten würden. Liebt sie dich auch noch? Was stand dazu in dem Brief?«
»Ihre Schlussformel lautete: Ich liebe dich, ich liebe unsere Töchter, ich liebe mich... Sabrina «
»Also gibt sie euch noch eine Chance! Das ist doch schon mal gut - wenn du das denn auch willst? Ansonsten hättest du jetzt eine hervorragende Gelegenheit, dich von ihr zu trennen, ohne dich wie ein Schweinehund fühlen zu müssen.«
Horst hatte manchmal eine sehr direkte Sicht der Dinge.
Peter schrak innerlich zusammen, als er aus Horsts Mund die Worte von möglicher Trennung hörte. Diesen Gedanken hatte er bis jetzt beharrlich beiseite geschoben und verdrängt.
»Horst, ich kann mir ein Leben ohne Brina nicht vorstellen. Das Haus und der Garten - ohne Brina? Unvorstellbar! Soll ich als Geschiedener wieder in ein kleines Appartement ziehen und aus dem Fenster schauen? Ich bin so lange mit ihr zusammen, ich könnte mir gar nicht vorstellen, je mit einer anderen Frau zusammen zu leben. Nein, ich möchte sie behalten, aber ich glaube, dass sie bereits im Aufbruch ist. Ich merke das ganz deutlich...«
Bei diesen Worten fühlte er wieder die Furcht in sich aufsteigen. Warum war sein Leben so kompliziert geworden? Er sehnte sich nach der Einvernehmlichkeit früherer Jahre zurück.
»Du wärst nicht der Erste, der von seiner Frau nach einer Kur und kurz vor der Silbernen Hochzeit verlassen wird. Das höre ich oft aus dem Kollegenkreis. Die meisten halten das veränderte Benehmen ihrer Frauen für einen momentanen Spleen, der von selbst vergeht. Ich glaube das nicht! Du solltest das alles sehr ernst und nicht auf die leichte Schulter nehmen! Wenn Brina so wild entschlossen ist, Veränderungen vorzunehmen, dann setz dich mit ihr darüber auseinander. Weißt du überhaupt, was sie verändern will?«
»Ja, das hat sie mir auch geschrieben. Sie will mit dem Motorrad durch Norwegen fahren, sie will sich wieder eine berufliche Aufgabe suchen, sie will ein Kinderbuch schreiben, von einem Hund anschaffen war auch die Rede und noch einige Dinge mehr, die ihr bestimmt noch einfallen würden«, beendete Peter die Aufzählung.
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