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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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weisende Einzelzimmer.
    »Wo ist mein Fipsi?« fragte Monika unvermittelt.
    Wie sich herausstellte, meinte sie damit einen Stoffaffen, der sich in einer Tragtüte befand. Einer der Hausdiener, des Deutschen für den Berufsgebrauch ausreichend mächtig, erklärte augenrollend, die Fipsitüte in Monikas Zimmer verbracht zu haben. Sei’s um seine Sprachkenntnisse deutlicher auszubreiten, um das Trinkgeld zu erhöhen, oder nur, weil als Italiener von Haus aus kinderfreundlich, jedenfalls fügte er noch einen Scherz hinzu.
    »Wenn Fipsi dort, dann nicht können spielen Papa damit. Capito?«
    Energisch verkündete Monika:
    »Der Onkel ist nicht mein Papi. Der Fipsi schläft bei mir und der Mutti.«
    Der Onkel überging die Situation, als sei Monikas Zimmerplan auch der seine. Er nickte Hilde zu, gab reichlich Trinkgeld und trug seinen Koffer in das Einzelzimmer zur Straße.
    Monika konnte sich über den Irrtum des Hausdieners lange nicht beruhigen. Bis zum Abendessen waren alle erreichbaren Gäste und Angestellten des Hotels darüber unterrichtet, daß sie nicht mit ihrem Vater hier sei, sondern mit ihrer Mutti und dem Onkel, dem die Fabrik gehört, in der die Mutti arbeiten muß.
    »Das ist der Onkel!«
    Monikas Zeigefinger war auf ihn gerichtet. Sie stand in der Halle bei einer, wie sich herausstellte, holländischen Familie mit zwei Kindern in ihrem Alter. Die Eltern, die deutsch sprachen, lächelten informiert.
    Der Onkel gab sich unbefangen und verordnete, daß nicht im Hotel sondern außerhalb gegessen würde. Nur das Frühstück nahmen sie gemeinsam auf dem Balkon des Doppelzimmers ein, wobei er jedesmal anklopfte, die Begrüßung mit Handkuß und das Gespräch nach Art einer Hotelbekanntschaft vollzog:
    »Gut geschlafen? Ich war schon schwimmen. Es wird heiß werden heute. Der Wind hat sich gelegt. Wie wär’s mit einer Bootsfahrt zu der versenkten Christusstatue, vorn bei Portofino um die Ecke?«
    Vormittags wurde wenig unternommen. Schwimmen vom Privatfelsen des Hotels aus, Liegestuhldasein auf dem Rasen. Leider fand Monika keinen Anschluß. Die Kinder im Hotel sprachen nur französisch, englisch, holländisch. Hilde und der Onkel mußten alternierend Bälle fangen, Eis bestellen, schaukeln. Wenn sie einander etwas sagen wollten, sagten sie es auf englisch. Dann waren sie für Monika wie die fremden Kinder, die sie nicht verstehen konnte.
    »Was habt ihr jetzt gesagt? Ich will wissen, was ihr jetzt gesagt habt.«
    Erholung fand er eigentlich nur im Meer. Ins Wasser durfte Monika nach der Krankheit noch nicht. Da durfte die Mutti natürlich auch nicht. Monika blieb bei Fuß. Nach dem Mittagessen, in irgendeinem Ristorante am Kai, mußte sich Monika ins Bett legen, was sie auch tat. Hilde mußte ihr eine Geschichte erzählen, bis sie schlief. An sich, erklärte Monika, sei sie dafür schon zu groß. Aber weil die Mutti immer gearbeitet habe, in der Fabrik, als sie, Monika, noch klein war, wolle sie die Einschlafgeschichten eben jetzt.
    Hilde erzählte und beobachtete den Atem des Kindes. Doch sobald sie zur Tür schlich, riß Monika die Augen auf.
    »Mutti, nicht Weggehen. Sonst schrei ich.«
    Also blieb die Mutti; der Onkel kam; sie setzten sich auf den Balkon; Hilde verteidigte das Kind. Er möge nicht böse sein. Er beruhigte sie; er sei ja vernünftig.
    Mit Hilde abends in der Dunkelheit auf dem Balkon zu sitzen, war nicht möglich. Das mochte Monika gar nicht.
    »Der Onkel soll jetzt gehen. Ich kann sonst nicht schlafen.« Also ging der Onkel. Er war ja vernünftig. Und die Mutti blieb. Bis der Onkel die gute Idee hatte, Monika beim Essen von seinem Wein probieren zu lassen. Endlich schenkte das Kind ihm ein Lächeln.
    »Schmeckt gut. Darf ich noch mal?«
    »Soviel du willst.«
    Die Mutti schaute besorgt. Monika nuckelte und schlief nach Tisch sofort ein. Ohne Geschichte. Mutti und Onkel saßen auf dem Balkon, hielten sich an den Händen und bestärkten einander leise in deutscher Sprache.
    »Wir müssen vernünftig bleiben. Monika muß sich erst an dich gewöhnen. Sie will mich eben allein für sich.«
    Morgen bekommt sie zwei Gläser! will er sagen, formuliert den Gedanken aber anders.
    »Ich habe Sehnsucht nach dir. Sehr! Seit Tagen schon.«
    Sie blickt hinaus aufs Meer, er streichelt ihren Hals, wiegt ihren Busen.
    »Mutti, was macht ihr da?«
    »Nichts Kin d. Ich hab ein bißchen Herzklopfen.«
    Rasch kommt der vernünftige Onkel hinter die Schaltung des kindlichen Gemüts: Wenn er sich neutral

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