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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Krawatten mit Rosenmustem, bewegten sich straffer, jünger, als trügen sie Uniform. Schröder im Salzburger Trachtensmoking, dunkelgrün mit schwarzen Revers, von zwei polierten Schillingen zusammengehalten.
    Es gab Leberknödelsuppe, Leberkäs auf Holztellern, Schweinswürstl, Sauerkraut, Radi, Brezeln. Dazu Bier vom Faß, das Golo mit grüner Schürze anzapfte, oder Rotwein von einem der zahlreichen Kälterer Seen. Eine Volkssängergruppe trat auf mit Hackbrett, Ziehharmonika, Wadlstrümpfen und echten Kropfbandln. Ein Lokalpoet trug viele Strophen über die Erfindung des Bieres vor, sorglos Gereimtes, das bei keinem Betriebsfest aufgefallen wäre, hier jedoch als naive Volkskunst verstanden, hektische Heiterkeit auslöste. Als die Eingeborenen ihr Stimmungsfeuerwerk abgebrannt hatten, begann der gesellige Teil: die Damen brannten auf Betanzung.
    Am Bierausschank beobachtend Vater und Sohn.
    »Was ist los, Paps? Du machst ein Gesicht, als hättest du harten Stuhlgang.«
    »Laß diese Medizinervergleiche!«
    »Kannst doch zufrieden sein mit deinem Kostümfest. Letztes Jahr war’s fünfmal so teuer und kreuzlangweilig. Noch mehr Stimmung als heut’ ist in der Besetzung nicht drin.«
    »Wenn sie nur nicht so laut wären! Das tut einem weh! Oder hast du dafür kein Gefühl?«
    Der Abend wird zum Triumph. Die Gäste feiern. Und der Hausherr grantelt still. Wie ein Einheimischer.
    »Gleich halb drei! Ich kann nicht mehr!« sagt seine Frau. Stephanie ist ins Bett geflohen. Vor den weichen, alten Bäuchen ihrer Tanzpartner, vor Klammergriff, Bier- und Raucheratem. Jugend war nicht eingeladen. Jugend habe keinen Sinn für Brauchtum.
    Der Hausherr hebt den Krug.
    Wozu das alles — verkaufen — aufs Land ziehen — ein Hobby haben — daß die Gewerkschaftler nichts hören lassen — war ich nicht deutlich genug — oder zu ironisch — muß morgen den Doktor anrufen — sagen daß ich keine Zeit habe im Augenblick — stimmt ja — leider

    Pan stand im Englischen Garten. Elvira stellte Fragen.
    »War es ein Erfolg? Was trugen die Frauen? Alle Dirndl? Phantasiedirndl? Alten Silberschmuck? Und deine Frau?« Geduldig sagte Pan, was er wußte, erfand dazu, was er glaubte, daß sie hören wolle, brachte die gesamte Trachtenmode durcheinander. Ihm war jedes Thema recht, das ihm Zeit ließ, zu überlegen, wie er’s ihr beibringen sollte. Deswegen hatte er sie mitgenommen auf diesen Spaziergang, der ihm zu ungelegen kam, um seiner Gesundheit förderlich zu sein. Ihretwegen hatte er Termine absagen müssen. Und alles aus Gutmütigkeit, weil er in einer Opernlaune leichtfertig versprochen hatte, mit ihr zu verreisen. Heute beim Frühstück hatte er die Familie unterrichtet.
    »Ich werde für einige Tage wegfahren.«
    Frage der Tochter.
    »Wohin denn schon wieder?«
    »Nach Salzburg.«
    Bemerkung der Mutter.
    »So, nach Salzburg.«
    Bemerkung des Sohnes.
    »Ich dachte, du willst mit uns ins Deutsche Museum? Wir warten schon lange drauf.«
    »Ich muß geschäftlich hin.«
    »Geschäftlich nach Salzburg? Mitten in der Saison?«
    »Gerade in der Saison. So praktisch habe ich sie selten beisammen. Wirtschaft, Politik, alle...«
    Hierauf hatte die Familie mitfühlende Bedenken angemeldet. Er würde sich bestimmt nicht beliebt machen, wenn er den Herren geschäftlich käme, während sie sich erholen und das Kulturleben genießen wollen.
    Im Gegenteil, hatte er gesagt, die Aufführungen fänden bekanntlich erst abends statt, da könne man nachmittags ohne weiteres Geschäftliches erledigen. Hier hatte Stephanie eingehakt, das kluge Kind.
    »Dann könntest du mich ja mitnehmen, Papi? Während ihr euch besprecht, schaue ich mir Salzburg an, kaufe schicke Trachtensachen — das magst du doch —, und abends nehmen wir am Kulturleben teil wie die andern auch. Bitte, Papi, nimm mich mit! Ich möchte so gerne mal mit dir verreisen. Noch dazu Salzburg!«
    Pans chronologischer Bericht war zu Ende. Er faßte Elvira fester am Arm, als müsse er sie nach dieser Nachricht stützen. Doch sie lächelte.
    »Dazu ist es glücklicherweise zu spät. Die Karten sind seit Wochen vergriffen.«
    »Das ist für mich kein Problem. Das ist das Problem.«
    Elvira sah darin keines. So aussichtslos er die Lage auch schilderte, ihr ersatzweise Bayreuth anbot, als den ihrem Hocheros gemäßeren Kunstgenuß — sie blieb entschlossen. »Ja und? Soll das Kind eben mit! Wir wären ohnehin nicht allein. Überall wimmelt es von Bekannten. Da gibt deine Tochter unserem

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