Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
schon verlassen und hört mich nicht mehr.
36 Alice
Als ich vor der Zeitungsredaktion ankomme, rufe ich mir zum letzten Mal die Standpauke ins Gedächtnis, die ich Giovanni halten will.
Hör mal, du hattest mir doch gesagt, dass du meinen Artikel zitieren willst, stattdessen hast du einfach alle Informationen benutzt, die ich zusammengetragen habe, und dann hast du noch nicht mal meinen Namen erwähnt oder den der Schülerzeitung. Ich wüsste wirklich gern warum und so weiter.
In dem Moment kommt Giovanni durch die Glastür des Gebäudes heraus. Er hat eine dicke Schultertasche umgehängt und telefoniert. Als er mich sieht, nickt er mir zu und macht mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Wir entfernen uns von der Redaktion, gehen an zwei Bars vorbei, bis wir in einem kleinen Schokoladencafé mit einem schmiedeeisernen Ladenschild ankommen.
Erst dort beendet Giovanni sein Gespräch.
»Das ist ein sehr nettes Lokal, hier können wir in Ruhe reden«, erklärt er mir freundlich. Ich frage mich, ob er sich einfach nur dumm stellt oder ob er wirklich nicht merkt, dass ich sauwütend bin.
Als wir hinten in einem kleinen Raum am Tisch sitzen, eine Tasse heiße Schokolade vor uns, beschließe ich, es anzusprechen: »Also, entschuldige mal, aber warum hast du meinen Namen nicht erwähnt?«
Diplomatischer ging es nicht.
»Ach so, natürlich, schau mal, das tut mir leid, aber man hat mir das rausgekürzt. Nein, es tut mir wirklich leid, entschuldige, ich hätte es dir vorher sagen müssen, du hast es wohl selbst in der Zeitung gelesen?«
»Hm, ja«, sage ich und warte auf Erklärungen.
»Das sind echt Schweine. Nein, ich meine das ernst, ich weiß, dass du jetzt denkst: ›Aha, der übernimmt einfach meinen Artikel, spart sich die Arbeit und erwähnt mich nicht einmal‹. Ich sage dir, Alice, das hier ist ein Haufen Irrer.«
Nach diesen Worten nimmt er einen Schluck von seiner Schokolade. In mir kämpfen zwei widersprüchliche Eindrücke miteinander. Einerseits denke ich wirklich, dass er mich reingelegt hat. Aber andererseits frage ich mich, aus welchem Grund er das hätte tun sollen. Wenn er meinen Artikel und die Schülerzeitung erwähnt hätte, wäre sein Bericht vielleicht eher noch interessanter, authentischer geworden. Er hatte also keinen Grund, mich über den Tisch zu ziehen.
»Hör mal«, fährt er fort, »ich wollte dir schon länger einen Vorschlag machen. Diesmal geht es aber nicht nur um die Lokalseite. Also, ich erklär’s dir. Ich schreibe an einem Artikel über die Jugend, was die jungen Leute heute so machen und wie sie drauf sind, Musik, Mode, Drogen, so etwas in der Richtung. Genauer gesagt über Mädchen. Ein aktuelles Stimmungsbild, aber auch mit statistischen Informationen. Dazu bräuchte ich etwas wie beim letzten Mal, ein paar Interviews, Meinungen …«
Danach verstummt er, trinkt einen Schluck heiße Schokolade und sieht mich an, als erwarte er eine Antwort von mir. Ich starre in meine Tasse, von der ich noch nicht getrunken habe. Die Sahne hat sich mit der Schokolade vermischt, sodass das Ganze jetzt die Farbe von Milchkaffee hat.
»Also, bist du dabei?«, fragt er mich.
Ich weiß nicht, was ich ihm antworten soll. Eine Stimme in meinem Inneren sagt mir, ich sollte den Vorschlag annehmen, mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, da ich ja eigentlich nichts zu verlieren habe. Aber da gibt es noch eine andere Stimme, die mir einredet, dass der Typ hier mir nur etwas vorspielt und mich bloß ausnutzen möchte.
»Was soll ich denn dabei tun?«, frage ich, und diese Worte hören sich bereits nach einem Einverständnis an. Er lächelt auch schon zufrieden.
»Du müsstest Interviews führen über Themen und Probleme, die ich dir noch genauer erklären werde. Tatsache ist, dass du besser als ich an junge Leute herankommst. Und wenn du willst, kannst du die Interviews auch für die Schülerzeitung verwenden, damit habe ich kein Problem. Wenn du einverstanden bist, sprechen wir das genauer durch, du kommst in die Redaktion oder wir treffen uns irgendwo. Was meinst du?«
Als wir uns vor dem Café verabschieden, ist es schon nach drei Uhr. Die Sitzung unserer Schülerzeitung hat sicher schon angefangen. Deshalb lege ich einen Zahn zu, während ich versuche, die Gedanken in meinem Kopf auf die Reihe zu bekommen. Ich muss zwar zugeben, dass ich den Typ für einen aufgeblasenen Schwätzer halte, aber dann denke ich auch wieder, dass ich mich irren könnte, denn Fakt ist, dass er überhaupt
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