Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
haben, damit er mir von diesem fabelhaften Angebot erzählen kann. Dann eile ich in den Gastraum zurück, bevor meine Lieblingsfamilie noch einen Tobsuchtsanfall bekommt, und es gelingt mir gerade noch, die Mutter zu besänftigen, die sich in der Zwischenzeit von der verständnisvollsten Frau der Welt in eine Vorkämpferin der Verbraucherrechte verwandelt hat. Und während ich mir jede einzelne Beschwerde anhöre, wird mir klar, dass es jetzt passiert ist. Es ist schneller gekommen, als man mir vorausgesagt hatte, aber es ist definitiv so weit: Nun habe auch ich angefangen, stumm über die Gäste zu fluchen. Der nächste Schritt wird wahrscheinlich sein, dass ich nervös vor mich hin flüstere. Na ja, und eigentlich ist es noch ein weiter Weg, ehe man den Gästen ins Essen spuckt, aber wenn das so weitergeht, bin ich bald so weit.
Mein Arbeitstag verläuft ruhig, und um halb vier, als die letzten Gäste gehen, bin ich nicht einmal sehr müde. Als ich in den Umkleideraum will, um meine Tasche zu holen, treffe ich auf Lucas Mutter, die gerade mit dessen kleiner Schwester aus der Küche kommt. Auf diese Begegnung bin ich überhaupt nicht gefasst.
»Hallo, Alice!«, begrüßt sie mich fröhlich. Mit anderen Worten: Sie weiß nichts von den Problemen zwischen mir und ihrem Sohn.
»Guten Tag«, begrüße ich sie und beuge mich ein bisschen zu Lucas kleiner Schwester herunter: »Hallo, Gloria.«
»Na, wie läuft es hier? Behandeln sie dich gut?«, fragt mich Lucas Mutter.
»Sehr gut, danke.«
»Und?«, seufzt sie und wirkt niedergeschlagen. »Was wird jetzt?«
Ich sehe sie an und versuche dabei, ihrem Blick etwas zu entnehmen, aber ich habe wirklich keine Ahnung, was sie meint. Deshalb bringe ich nur eine Art »Najawirdschonwerden« heraus.
»Er ist wirklich ein Idiot. Das habe ich ihm auch gesagt. Ich versteh das gar nicht, das passt doch überhaupt nicht zu ihm. Er sagt jetzt, er würde das Beste daraus machen und dann würde man weitersehen. Aber das scheint mir nicht gerade klug.«
Mein Gott, was soll das alles bedeuten?
»Reden Sie jetzt von dieser Sache mit der …«, setze ich an und lasse den Satz unbeendet, als würde mir das Wort nicht einfallen.
»Ja, genau, wegen der Immatrikulierung … Ausgerechnet am letzten Tag muss er ja verschlafen, und als er dann doch noch hinkommt, ist das Sekretariat schon geschlossen. Na ja, lassen wir das. Und dann diese entzündete Wunde an der Schulter, ich hab deswegen sogar unseren Hausarzt befragt, und anscheinend kommt ja jetzt auch alles in Ordnung, aber für mich ist das nicht normal. Ich würde wirklich gern wissen, was da passiert. Vielleicht verstehst du das besser als ich. Jedenfalls habe ich gerade mit ihm gesprochen, da war er bei Martina im Hotel, hoffen wir mal, dass sie ihn zur Vernunft bringt. Mir kommt es ja so vor, als wäre er ziemlich durch den Wind … Sag mal, und diese Dalila, die scheint doch nicht ganz normal zu sein, was meinst du? Ach, entschuldige, Alice, ich überfahre dich hier, aber du weißt ja, mit seinem Vater kann man momentan darüber nicht reden …«
»Aber nein, ich rede doch gern mit Ihnen … Also, was haben Sie noch über Dalila gesagt?«
»Weißt du, sie mag ja ihre Gründe haben, aber in meinen Augen ist man entweder Kellnerin oder man macht Tabledance. Du, Alice, bist Kellnerin und basta, aber er sagt, dort läuft das eben so …«
Hat sich nicht immatrikuliert. Eine Infektion. Dalila. Tabledance. Wenn ich jetzt nicht sofort in meinem Hirn die Tasten STRG, ALT und ENTF drücke, fange ich an zu schreien.
35 Luca
»Und, wie läuft es mit Daniele?«
»Geht so.«
Wir sind wieder im Hotel. Martina hat darauf bestanden, ein Taxi zu nehmen. Sie hat es auch bezahlt, woraufhin mich der Fahrer entrüstet angesehen und mir klar zu verstehen gegeben hat, dass er mich für einen Waschlappen hält.
Martina legt die Füße auf den Couchtisch, sucht nach ihren Zigaretten und angelt sich eine heraus, aber dann hält sie inne und steckt sie wieder zurück.
»Mit Daniele läuft es gut«, sagt sie, weil sie das vorherige »geht so« bereut. »Aber ich weiß, dass es früher oder später vorbei sein wird.«
»Und das sagst du einfach so?«
»Aber ja, komm, er ist nicht der Mann meines Lebens, so was merkt man doch. Ich sehe mich einfach nicht in zehn oder fünfzehn Jahren mit ihm zusammen.«
»Okay, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich in zehn Jahren noch mit Alice zusammen bin.«
»Na, kein Wunder, du hast dich ja
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