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Ich mag dich wie du bist

Ich mag dich wie du bist

Titel: Ich mag dich wie du bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Gungui
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von ihr lösen, und zwei Mädchen, die ein bisschen älter zu sein scheinen, tuscheln miteinander. Vielleicht war es unklug, mit ihr in die Bar zu gehen, schließlich ist sie kein Gast des Campingplatzes, aber im Augenblick wüsste ich nicht, wie ich den Abend sonst gestalten sollte, wenn ich mal die Möglichkeit ausschließe, sie ins Zelt zu sperren und bei Morgengrauen rauszuschmeißen, bevor alle aufwachen.
    Der Kräuterlikör ist beinahe sofort ausgetrunken. Martina schlägt vor, dass wir noch einen bestellen und sagt, dass sie natürlich zahlt, da ich ihr Gast bin. Plötzlich überfällt mich die irrationale Angst von vorhin, oder vielleicht ist es auch die Vorstellung, wie Martina und ich singend über den Campingplatz torkeln und auf die Zelte der anderen Camper kotzen.
    »Ich könnte auf einem Campingplatz leben«, sagt Martina plötzlich, »ich könnte für fünf Monate im Jahr hierherziehen, genug Geld habe ich ja, dann arbeite ich im Chiringuito und alles ist geritzt. Nein, ich könnte eine Bar aufmachen, noch ein Chiringuito.«
    »Und was ist mit der Schule?«
    »Die lasse ich sausen. Das bringt doch nichts. Ich habe sowieso nicht vor, Anwältin zu werden oder Ärztin oder irgendetwas, wozu du so einen Wisch brauchst.«
    »Aber du bist doch gut in der Schule, oder?«
    »Ja, eigentlich schon, deshalb habe ich mich ja auch für Oxford beworben.«
    »Ach ja, richtig, ich hatte ja ganz vergessen, dass wir beide nächstes Jahr in Oxford sein werden … Was wirst du deiner Mutter sagen, wenn sie merkt, dass es ein Witz war?«
    Martina zuckt mit den Schultern. Die Reaktion ihrer Mutter ist ihr vollkommen gleichgültig.
    »Und was wirst du tun, wenn du die Schule schmeißt?«
    »Ich hab dir doch gesagt, ich mache eine Bar auf und lebe davon.«
    Obwohl unser Gespräch nicht sehr ernsthaft ist, verblüfft mich doch, mit welcher Leichtigkeit Martina das Thema »Zukunft« angeht. Ihr Leben ist für sie offensichtlich so etwas wie ein Spiel, durch das man schon irgendwie durchkommen wird. Bei mir zu Hause führt das Thema Zukunft, also Studium und Beruf, eher zu endlosen Diskussionen darüber, was das Beste ist, was einem mehr einbringt, es heißt immer »Du sollst einen Beruf wählen, der dir wirklich gefällt«, aber auch »Du musst aber daran denken, dass du so kein Geld verdienst«. In diese Gespräche wird manchmal sogar Fede reingezogen, was für mich die einzige Chance ist, den pessimistischen Prognosen meines Vaters zu entgehen.
    Federico will nämlich Schwimmlehrer werden.
    Natürlich nimmt niemand diesen Wunsch auch nur ansatzweise ernst, weil er »noch viel zu klein ist«. So kann er ganz ruhig seine Sommer als Bademeister planen und die Winter im Club Med. Der Gedanke ist schon merkwürdig, dass die fantasievolle und unbekümmerte Art, wie sich mein Bruder seine Zukunft ausmalt, so sehr Martinas Sprüchen über ihre Lebensplanung ähnelt.
    Wir unterhalten uns weiter und ich lasse mich zu einem dritten Kräuterlikör überreden, weil Martina mir versichert »nur noch den einen«, obwohl das in den Filmen immer die klassische Bemerkung ist, der dann ein rascher Szenenwechsel folgt, worauf man die Hauptpersonen am Morgen danach sturzbetrunken auf dem Boden liegen sieht.
    Es ist aber dann wirklich unser letzter, und als sie ihn ausgetrunken hat, fragt mich Martina gähnend, ob es mir recht ist, wenn wir jetzt schlafen gehen, weil ihr die Augen zufallen.
    Im Zelt reden wir nur noch ein paar Minuten.
    »Ich schlafe ein bisschen unruhig«, sind ihre letzten Worte.

Dreiundvierzig
    »Danke, Alice, es ist Morgen, ich gehe jetzt, heute arbeite ich, aber komm doch nach, danke noch mal, und ich habe ganz vergessen dir zu sagen, dass morgen die Party im Chiringuito ist, liebe Grüße, Martina.«
    Als ich aufwache, habe ich das unbestimmte Gefühl, dass mich jemand im Schlaf verprügelt hat. Mein Rücken tut mir weh und mein Gesicht ist heiß und geschwollen. Ich hatte angenommen, Martinas Bemerkung wäre nur eine Formsache, eine Höflichkeitsfloskel, die man sagt, bevor man das erste Mal mit jemandem ein Bett teilt.
    Ich habe meine Meinung revidieren müssen.
    Zu sagen, Martina schläft unruhig, ist eine unglaubliche Untertreibung. Tatsächlich bin ich so gut wie sicher, dass sie überhaupt nicht geschlafen hat, sondern sich die ganze Nacht darauf konzentriert hat, mich zu quälen. Sie ist beinahe sofort eingeschlafen und hat mir gleich den Schlafsack weggezogen. Dann hat sie sich ständig hin- und hergewälzt, bis

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