Ich mag dich wie du bist
Entscheidung mit sich gebracht hat, sondern die Schwierigkeit, wie ich an den Strand gelange und dabei einen möglichst weiten Bogen um Danieles Campingplatz mache, damit ich mir einen Platz in ausreichender Entfernung von der Bar suchen kann.
Dieses Mal ist es gar nicht gespielt, ich muss mich gar nicht als die verstellen, »der alles egal ist«. Ich habe wirklich keine Lust, Daniele zu begegnen, denn mittlerweile sind fünf Tage vergangen, und wenn er gewollt hätte, dass es irgendwie weitergeht, hätte er sich schon gerührt. Aber selbst wenn das mit Daniele hier zu Ende ist, sehe ich keinen Grund, warum ich mich nicht weiter mit Martina, Mary und Roby treffen soll. Schließlich habe ich ja nur nach ein paar Freunden gesucht, mit denen ich die Ferien verbringen kann. Daniele war nur ein Unfall am Wegesrand.
Ich breite meinen Pareo auf einem Felsen aus, stecke mir die Hörstöpsel des iPods in die Ohren, hole ein Buch heraus und mache mich bereit, diesen Tag für mich allein zu genießen. Weit und breit ist niemand zu sehen, und einen Augenblick spiele ich mit dem Gedanken, mich oben ohne in die Sonne zu legen. Doch dann stelle ich mir vor, dass urplötzlich Daniele auf dem Rückweg von einem einsamen Spaziergang vorbeikommt und ich brutzle da auf dem Präsentierteller.
Da sind wir wieder beim Thema.
Nichts zu machen.
Ich kann meine Hauptgedanken kontrollieren, aber meine Nebengedanken schweifen unweigerlich ab, bis sie auf Daniele stoßen. Gut, also zum Teufel mit Daniele! Ich lege mein Oberteil ab und mit gespielter Gleichgültigkeit nehme ich mein Buch zur Hand und beginne zu lesen.
Natürlich lese ich nicht, ich tue nur so. Denn mein Kopf wird von einem kleinen Stimmchen beherrscht, das pausenlos wiederholt: »Eigentlich ist doch nichts dabei, wenn man oben ohne in der Sonne liegt, das ist ganz normal, niemand wundert sich darüber und keinem fällt es auf, wenn du ziemlich flach bist, und selbst wenn Daniele jetzt vorbeikommen würde, wäre doch nichts dabei.«
Als das Stimmchen den letzten Satz sagt, lege ich das Buch wieder hin und überlege, was ich wohl machen würde, wenn Daniele jetzt auftauchte und mich so ohne Oberteil sehen könnte.
Wahrscheinlich wäre das Blödeste, wenn ich versuchen würde, mich hastig zu bedecken, schließlich ist er ein Rasta, also dürfte ihn so etwas ziemlich kalt lassen. Einmal saß vor dem Chiringuito eine ganze Gruppe Rastas und die Mädchen hatten obenrum alle nichts an. Nein, wenn Daniele jetzt vorbeikäme, würde ich bestimmt nicht versuchen, mich zu bedecken, sondern würde so oben ohne mit ihm reden.
Gut, ich habe mich beinahe überzeugt, daher lese ich weiter, dieses Mal tatsächlich konzentriert.
So verbringe ich ein oder zwei Stunden, ich gehe auch ins Wasser (aber davor ziehe ich das Oberteil wieder an), dann lege ich mich wieder in die Sonne, diesmal mit dem Bauch nach unten (aber nur, weil das so bequemer ist …) und schlafe ein.
Ich träume davon, dass ich wieder in Mailand bin, aber dort laufen alle Leute in Badesachen rum, in den Straßen, in der U-Bahn, in den Bars. Und ich oben ohne. Dann treffe ich Luca, er ist der Einzige, der normal angezogen ist, Jeans, ein weißes Hemd und die schwarze Jacke, und ich frage ihn, was los ist, warum alle Badesachen tragen. Er sagt, dass das im Grunde völlig normal ist, es sei nur eine Frage der gesellschaftlichen Konventionen, und wo sei denn bitte schön der Unterschied zwischen Badesachen am Strand und Badesachen in der Stadt. Da beginnt es zu regnen und davon wache ich auf. Ich öffne die Augen und spüre, wie ein paar Tropfen auf meinen Rücken fallen. Noch ganz schlaftrunken drehe ich meinen Kopf ein wenig zur Seite und sehe über mir einen Haufen langer Dreadlocks baumeln.
»Na hallo, wieder wach?«
»Ich bin eingeschlafen.«
»Das sehe ich, aber was machst du hier so allein?«
»Also … ach nichts, ich wollte nur ein wenig für mich sein.«
»Soll ich wieder gehen?«
»Nein, nein, Quatsch, bleib ruhig.«
Daniele setzt sich neben mich.
Er ist immer noch ganz nass.
Und ich oben ohne.
»Ich habe dich gar nicht mehr im Chiringuito gesehen. Martina hat mir gesagt, dass ihr euch mal einen Abend getroffen habt, also, wie geht es dir? Alles in Ordnung?«
»Ja, ja, bestens, ich bin ein wenig bei meinen Eltern geblieben. Und bei dir, alles okay?«
Ich klinge kühl und höflich.
In diesem Moment bin ich die eiskalte Lady und habe nicht vor, das, was zwischen uns passiert ist, anzusprechen.
»Ja,
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