Ich muss dir etwas sagen
für beide Seiten angenehmer.
„Es war nicht so gemeint”
Dieser Fehler besteht darin, etwas Unangenehmes zu sagen und es zurückzunehmen, sowie der Betreffende sich darüber ärgert:
„Es tut mir leid, daß ich gesagt habe, du seist zu dick. Du bist eigentlich überhaupt nicht dick. Ich verstehe nicht, wie ich das sagen konnte. Du siehst blendend aus.” Oder: „Es tut mir
wirklich leid, dir die Freundschaft gekündigt zu haben. Es war nicht so gemeint. Ich war bloß verärgert.”
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Manchmal streitet man das Ganze einfach ab. Ein Mann bat
seinen Chef um eine Gehaltserhöhung, und als dieser daraufhin in die Luft ging, behauptete er, es müsse sich um ein
Mißverständnis handeln, er habe nicht um eine
Gehaltserhöhung, sondern lediglich um eine
Leistungsbeurteilung gebeten.
Das hier zugrundeliegende Prinzip lautet: Wenn es wirklich schlimm wird, streite ich alles ab. Das kann Absicht sein, wenn wir etwa verzweifelt versuchen, unsere Haut zu retten. Und es ist ganz ernst gemeint, wenn die Wirkung unserer Worte uns fürchterlich erschreckt, wie das bei der Frau der Fall war, die eine Freundschaft aufgekündigt hatte. Obwohl wir vielleicht meinen, wir seien gänzlich frei davon, liegt solch ein Verhalten uns doch nicht so fern, wie wir es gerne hätten. In jedem von uns steckt das Kind, das Montag morgens - weil es nicht zur Schule will - mit gequälter Stimme verkündet, wie krank es sei, das aber schon fast wieder gesund ist, sowie die Eltern den Arzt rufen wollen.
Es ist wichtig, diese Taktik in all ihren Varianten unter die Lupe zu nehmen. Als Erwachsene nehmen wir unsere Worte
zwar nicht gerne zurück, aber wir kommen uns dennoch
ziemlich schäbig vor, wenn wir den verheerenden Eindruck
sehen, den es hinterläßt, sich nicht gut ausgedrückt zu haben.
Dann versuchen wir alles, das Gesagte zu entschärfen. Die
folgende Geschichte illustriert diesen Vorgang in seinen
subtileren Abwandlungen.
Annie und Will
Will hatte den richtigen Zeitpunkt und Ort organisiert, um Annie zu erzählen, daß er wieder angefangen hatte, zu trinken.
Er wollte seine Verfehlung beichten, weil seine Schuld schwer auf ihm lastete und auch, weil Annies Bekannte ihn dabei
gesehen hatten und er nun Gefahr lief, daß sie es ihr erzählten.
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Ich wünschte, ich hätte Will besser unterstützen können, aber dies geschah vor langer Zeit, und ich mußte als Therapeut noch vieles lernen. Will machte sein Geständnis auf die direkte, unverblümt ehrliche Art, von der wir hoffen, daß man sie uns als Aufrichtigkeit zugute hält. Und Annie flippte aus, wie die meisten Menschen, die hören müssen, man hätte sie belogen und wäre wieder einem alten, destruktiven Verhaltensmuster
verfallen.
Weil sie sich so aufregte, versuchte Will abzuwiegeln: Ja, er hätte wieder getrunken, aber es täte ihm leid, daß seine Worte so geklungen hätten, als ob er wieder ernsthaft „von der Rolle” sei.
Es wären ja lediglich ein paar Bierchen gewesen, und er hätte sie nur getrunken, weil er sich aus geschäftlichen Gründen keine Blöße geben wollte. Ja, er könne verstehen, weshalb Annie
vorwarf, sein Versprechen gebrochen zu haben, aber er hätte offensichtlich den falschen Eindruck geweckt, denn es ginge doch eigentlich nur um einen Ausrutscher. Es hätte sicherlich nicht mehr lange gedauert, und Will hätte behauptet, das Ganze sei eigentlich nicht erwähnenswert.
Man braucht nicht alles widerrufen, um diesem Fehler zu
verfallen. Es reicht schon, die Aussage nur teilweise
zurücknehmen oder den anderen glauben zu lassen, man täte es.
Warum sollte man unter gar keinen Umständen etwas zurücknehmen? Nun, die meisten Menschen sind weder dumm
noch leichtgläubig. Ihnen ist klar, was sie gehört haben und daß Sie es nun leugnen.
Wie man diesen Fehler vermeidet
Sie wissen bereits, daß man sich sehr genau überlegen sollte, was man sagt, bevor man es sagt, denn sonst läßt man sich leicht dazu hinreißen, unüberlegt zu sprechen und die Dinge in ein rosiges Licht zu tauchen. Wer sich zuvor genau darauf festlegt, was er sagen will, dürfte später kaum etwas zurücknehmen
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müssen.
„Wenn du mir trotz meiner Entschuldigung nicht vergibst, bist du gemein”
Sie haben also eine schwierige Angelegenheit zur Sprache
gebracht. Was es auch immer gewesen sein mag, Sie hatten
Grund genug, sich zu entschuldigen, entweder für Ihr
Fehlverhalten oder weil Ihre Bitte so groß war oder weil Sie nicht eher damit
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