Ich muss dir etwas sagen
möchte einen anderen unter die chinesische
Wasserfolter zwingen. In zahllosen Gesprächen mit Menschen, die diesen Fehler gemacht hatten, zeigte sich jedoch, daß die Angst vor Konflikten uns dazu verleitet, unklar zu sein und uns nicht einzugestehen, was wir wirklich sagen wollen.
Diesen Fehler vermeidet man also am besten, wenn man seine Wahrheit genau kennt. Man schreibt sie daher auf und fragt sich anschließend, ob das wirklich die ganze Wahrheit ist oder ob es nicht noch mehr gibt - und noch mehr. Hat man seine Wahrheit erst einmal auf Herz und Nieren geprüft und weiß, daß nicht noch mehr folgt, ist dieser Fehler praktisch schon
ausgeschlossen.
„Ach übrigens, was ich noch sagen wollte…”
Bei meinen Forschungen zu diesem Buch war ich erstaunt, wie oft dieser Fehler gemacht wird: Man wartet auf einen schönen Moment, einen Geburtstag beispielsweise oder ein Fest, um die schlechte Nachricht oder etwas anderes Unangenehmes
mitzuteilen. Aber Zeit und Ort tragen nicht - wie vermutet -
dazu bei, der Nachricht den Stachel zu nehmen oder die bittere
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Pille zu versüßen, sondern ruinieren das Fest. Jetzt verursacht also nicht nur die unangenehme Wahrheit ein Chaos, Ort und Zeitpunkt verschlimmern das Ganze noch.
Warum funktioniert das nicht so, wie wir es uns erhofft
hatten? Weil wir fälschlicherweise den „richtigen” Zeitpunkt mit einem schönen Moment gleichgesetzt haben.
Wie man diesen Fehler vermeidet
Erzählen Sie niemals eine unangenehme Wahrheit auf einem
Fest oder in einem anderen schönen Augenblick. Bedenken Sie allerdings, daß solch eine Gelegenheit durchaus dazu verleiten kann, „alles auf den Tisch” zu legen. Wenn Menschen glücklich oder gut gelaunt sind, heißt das nicht automatisch, daß sie stark sind, im Gegenteil, sie sind bei solchen Gelegenheiten meist verletzlicher als sonst - ein Grund, sich gemeinsam zu
vergnügen und einen anderen Zeitpunkt für die unangenehme
Wahrheit zu wählen.
Ein Blick in die Zukunft
Ich empfinde es als hilfreich, über mögliche Fehler Bescheid zu wissen. Es erfüllt mich mit Hoffnung, und vielleicht geht es Ihnen ebenso. Die in diesem Kapitel erwähnten Fehler lassen sich eigentlich leicht vermeiden, und wenn man das schafft, wird die Welt zunehmend ein Ort, an dem unangenehme
Wahrheiten nicht mehr zu Katastrophen führen, sondern eine Atmosphäre herstellen, die es einfacher macht, eine Wahrheit zu äußern.
Wer tanzen geht, kann seiner Partnerin auf die Füße treten -
das gehört zu den Fehlern, die wir bisher besprochen haben -, aber er kann auch über die eigenen Beine stolpern - und diese Art von Fehlern möchte ich im nächsten Kapitel unter die Lupe
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nehmen. Wer etwas Schwieriges und Unangenehmes äußert,
kann auch sich selber damit verletzen. Aber das läßt sich
ebenfalls relativ leicht vermeiden.
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Wie man nicht über die eigenen Beine
stolpert
Wenn Sie jemals erfolgreich abgenommen und Ihr Gewicht
anschließend längere Zeit gehalten haben, wissen Sie, daß es Ihnen nur gelungen ist, weil Sie die Mätzchen durchschaut
haben, mit denen man seine Diät umgeht. Dem einen fällt es zum Beispiel leicht, sich an die Diät zu halten, außer wenn er in der Küche steht hier ein Häppchen, dort ein klitzekleiner Snack usw. Der andere sagt sich, daß, wenn er schon nur zwei
Mahlzeiten essen darf, diese zumindest groß sein sollten. Der Dritte kauft sich immer, wenn er unterwegs ist, kleine
„Belohnungen”. Mir geht es so, daß ich tagsüber Diät halten kann, und es abends wieder „ausgleiche”.
Jeder „innere Schweinehund” hat seine Tricks. Wenn man sich also ernsthaft ändern will, ist es ganz wesentlich, diese Tricks aufzuspüren und sie zu eliminieren.
Für konfliktscheue Menschen, aber auch für andere ist es eine schwere Prüfung, etwas Unangenehmes zu äußern. Dabei ist es oft noch mehr als das, nämlich eine Selbstentlastung - sie werden los, was schwer auf ihnen lastet. Solch eine
Selbstbefreiung mag zwar therapeutisch durchaus sinnvoll sein, aber wenn diese Last anschließend einem anderen den Atem
raubt, haben sie wieder genau jenes zwischenmenschliche Chaos geschaffen, das sie zum konfliktscheuen Menschen werden ließ.
Man fühlt sich selber vielleicht kurzfristig entlastet und frei, aber das Gegenüber fühlt sich elend, und das psychologische Klima hat sich verschlechtert, so daß es in Zukunft noch
schwerer wird, eine Wahrheit zu äußern.
Wer mit seiner Wahrheit
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