Ich muss dir etwas sagen
unter
Torschlußpanik litt und unbedingt heiraten wollte.
Peter, ein guter, einfacher Typ, war romantisch und für sein
-309-
Alter unerfahren. Er hatte einfach nur zuviel gearbeitet, um öfter mit Frauen auszugehen. Laura meinte, Peter würde, verlegen wie er nun einmal sei, schreiend aus der Wohnung rennen (im übertragenen Sinne), wenn sie das Ehethema anschnitte. Oder, was vielleicht noch schlimmer wäre, er würde sich darauf
einlassen, weil er nicht wüßte, wie er es verhindern könnte, aber es käme nicht wirklich von Herzen.
Die Fragetechnik
Laura wollte also wissen, ob er sie heiraten würde. Allerdings war es ihr eher ein Bedürfnis zu wissen, was in ihm vorging und worauf er sich freut, und was seine Zukunftspläne waren. Laura beschloß, eine Kampagne zu starten, in der sie Peter über allerlei Dinge befragte - „damit ich dich besser kennenlerne.” Sie fragte ihn, was er von Ehemännern hielt, die eine Affäre hatten. Sie wollte wissen, wie alt sein Vater gewesen sei, als er seine Mutter heiratete. Sie fragte, ob er sich seine Hörner schon abgestoßen habe oder noch mit vielen anderen Frauen Sex haben wollte:
„Ich meine, bist du jemand, der Abwechslung braucht?” Er
sollte ihr erzählen, was die Scheidung seiner Eltern für ihn bedeutet hatte, und ob er glaubte, selbst ein guter Vater zu sein, wenn er überhaupt Vater werden wollte.
Laura stellte Peter im Laufe einer langen Zeit diese und viele ähnliche Fragen, so daß er sich an keinem Punkt wundern
mußte. Und sie bemühte sich sehr, positiv zu reagieren und jede Antwort zu akzeptieren, damit er nicht das Gefühl bekäme, es gäbe Probleme, wenn von ihm eine „falsche” Antwort kam. All dies waren virtuelle Fragen. Zu keinem Zeitpunkt stellte Laura ihre eigentliche Frage.
Natürlich ist der Wunsch nach Information nur eine der endlos vielen Bitten, die wir im Laufe unseres Leben aussprechen. Das Beispiel zeigt jedoch, daß Sie immer noch virtuell um etwas bitten können, das in Richtung Ihrer Bedürfnisse geht, wenn Sie
-310-
nicht direkt danach fragen mögen. Und das ist weit besser, als zu schweigen oder als das Gegenteil, nämlich jemanden um etwas zu bitten, wenn man bereits vermutet, dies könne ein Fehler sein.
Ein Geheimnis gestehen
Virtuelle Äußerungen sind außerordentlich hilfreich, wenn wir eine geheime Verstrickung gestehen müssen. Wenn ich an
meine dumme Sache denke und wie ich sie meiner Frau
gebeichtet habe, scheint es mir, ich hätte besser etwas
gestanden, was die anstehenden Themen in unserer Beziehung genauso berührt hätte - ohne derart verheerende Folgen.
Es gibt eigentlich nur drei Gründe, eine geheime Verstrickung zu gestehen:
Erstens, wenn die betreffende Person es sowieso erfahren
wird. Also gestehen wir, damit der andere uns zumindest unsere Ehrlichkeit zugute halten kann. Hier sind also virtuelle
Äußerungen nicht möglich.
Zweitens, wenn das Geheimnis ein echtes Problem in der
Beziehung andeutet und das Geständnis es auf die
Tagesordnung setzt. Auch hier ist fraglich, ob man das Problem mit anderen Methoden ebensogut ansprechen kann.
Der dritte Grund ist, daß man sich schuldig fühlt und
Vergebung wünscht. Das muß allerdings nicht zwangsläufig
dazu führen, es jener Person zu beichten, der gegenüber man diese Schuld empfindet. Denn indem man seinen Fehltritt
gesteht und damit Schmerzen verursacht sowie um Vergebung
bittet, intensiviert oder verschlimmert man genau das, wofür man sich nach Verzeihung sehnt.
Wann sollte man sich virtuell äußern?
-311-
Im Kapitel „Sagen oder Nicht-Sagen?” haben wir versucht, zu klären, wann es besser ist, nichts zu erzählen. Außerdem wollte ich hervorheben, weshalb wir grundsätzlich alle mehr Wahrheit verdienen und brauchen. Diese Diskussion virtueller
Geständnisse soll also keine Einladung sein, Versteck zu
spielen. Im Gegenteil, gerade weil die Wahrheit heilende Kräfte hat, sollte sie in unserem Leben zu- und nicht abnehmen.
Wir möchten allerdings, daß sich dadurch etwas bessert. Wenn also das Geständnis Ihrer geheimen Verstrickung die Dinge
verschlimmert, tun Sie allen Beteiligten mit einem virtuellen Geständnis einen großen Dienst. Angenommen, ich hätte mich damals mit meiner Frau so verhalten. Was hätte ich gestehen können, das aus ihrer Sicht ernst genug war, ohne gleich alle ihre Sicherungen durchbrennen zu lassen?
Ich hätte beispielsweise gestehen können, in meiner Phantasie mit anderen Frauen zu
Weitere Kostenlose Bücher