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Ich muss dir etwas sagen

Ich muss dir etwas sagen

Titel: Ich muss dir etwas sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Foster
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seiner Frau störte Derek, und zwar nicht unerheblich: Mimi war ziemlich flachbrüstig. Er liebte sie sehr und hielt sie für einen wundervollen Menschen, aber Derek gehörte nun mal zu jener Sorte Mann, die einen umfangreichen Vorbau vorzieht.
    Er war mit Mimi zusammen, weil sie klug, witzig und schön
    war, und er hatte sich gesagt, daß er sich nicht so sehr um ihren Brustumfang kümmern sollte. Aber nun waren sie verheiratet, und es machte ihm etwas aus. Sollte er Mimi die Wahrheit
    sagen?
    Die erste Frage war natürlich, was sich ändern würde, wenn er es ihr sagte, denn erst dann konnte er entscheiden, ob er das zu erwartende Resultat auch wirklich haben wollte.
    Zunächst behauptete Derek, es mache einen riesigen
    Unterschied, wenn Mimi Bescheid wüßte. Der Unterschied
    bestand allerdings vor allem darin, daß er glaubte, er müsse platzen, wenn er es ihr nicht sagte. Mit dieser Überzeugung steht er nicht allein. Viele Menschen glauben, eine unausgesprochene Wahrheit sei wie eine seelische Zeitbombe und es führe
    unweigerlich zu Krebs, kein „reines Gewissen” zu haben.
    Aber in Wirklichkeit verlieren unausgesprochene Gefühle oder andere Wahrheiten im Laufe der Zeit ihren zwingenden
    Charakter. Sagen wir mal, daß Sie vor zwanzig Jahren
    leidenschaftlich gern ein Rendezvous mit dem Freund Ihrer
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    besten Freundin gehabt hätten. Aber es kam nie dazu, und Sie haben es Ihrer Freundin nie erzählt, obwohl Sie es gemäß Ihrer Überzeugung eigentlich hätten tun müssen. Bei 98 Prozent der Bevölkerung verflüchtigen sich derartige Probleme und
    Wünsche im Lauf der Zeit.
    Als ich Derek also fragte, ob er eine Explosion dieser Gefühle meinte verhindern zu können, bejahte er das zwar, wollte es Mimi aber dennoch erzählen.
    „Aber was ist mit Mimi?” fragte ich ihn. Was würde es für
    Mimi bedeuten, außer sie glauben zu machen, er halte sie nicht mehr für sehr attraktiv?
    „Sie weiß doch, was ich für sie empfinde”, meinte Derek.
    „Das weiß sie natürlich”, sagte ich, „wenn du es ihr sagst, aber was wird sie davon halten, wenn sie weiß, wie du zu ihrem
    Brustumfang stehst? Wird sie beispielsweise das Gefühl haben, daß ihr euch nun, da sie deine wahre Einstellung zu ihrer
    Körbchengröße kennt, wirklich nähergekommen seid?”
    Nein. Derek meinte, es würde Abstand schaffen. Würde sie
    nach seinem Bekenntnis seine Ehrlichkeit mehr schätzen als zuvor? Nein, Derek war der Ansicht, daß sie ihn bereits als direkten und offenen Menschen einschätzte.
    Also gingen wir der Frage nach, was es denn sonst noch für Mimi bedeuten würde. Wollte er vielleicht, daß sie ihr kleines Manko irgendwie gutmachen würde, vielleicht indem sie sich im Bett aufreizender verhielt oder sexy Unterwäsche trug? Einen Moment lang schien Derek den Gedanken anziehend zu finden, aber je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm klar, daß sie ihm alles gab, was er sich wünschte, und mehr von ihr zu verlangen, könnte nur bedeuten, daß er sie für ihre kleinen Brüste strafen wollte - ein furchtbarer Gedanke.
    Mir fiel allmählich kein Grund mehr ein, weshalb man das
    Ganze aufs Tapet bringen sollte. Schließlich fragte ich ihn, ob Mimi ihre Brüste vergrößern lassen sollte. Aber als jemand, der
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    sich biologisch und vollwertig ernährte, hatte er natürlich eine Abneigung gegen solche Maßnahmen, und außerdem brächte
    das einige Gesundheitsrisiken mit sich.

    Das kann nichts Gutes bewirken
    Also schlug ich Derek vor, der Sache radikal auf den Grund zu gehen: Abgesehen davon, daß Mimi dann Bescheid wüßte, daß
    er nicht glücklich mit ihren Brüsten war, würde sein Geständnis nichts Positives bewirken, und zwar für keinen der beiden. Die Situation würde sich nicht verbessern, und keiner würde sich in Zukunft anders verhalten. Mimi würde sich allerdings schlecht fühlen und müßte glauben, Derek fände sie nicht mehr attraktiv.
    „Werden also die Konsequenzen deiner Wahrheit deinen
    Wünschen oder Zielen gerecht?” fragte ich und bat ihn, eine Woche lang darüber nachzudenken. Als er wiederkam, sagte er:
    „Ich habe mir ausgemalt, daß Mimi mir, wenn wir alt sind, sagt, wie dankbar sie mir für meine Ehrlichkeit ist, und daß sie, seit ich ihr mein Problem mit ihren kleinen Brüsten gestanden hatte, sicher gewesen sei, daß ich ihr immer alles erzähle. Aber je mehr ich mir das vorgestellt habe, desto unwahrscheinlicher kam es mir vor.”
    Die Essenz dieser Geschichte ist,

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