Ich muss dir etwas sagen
teilt man sie ihr mit. Das könnte zwar einiges kosten, aber es wird sich in der Zukunft hoffentlich auszahlen.
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Kosten und Nutzen
So betrachtet, läßt sich die Entscheidung, die Wahrheit zu sagen oder sie zu verschweigen, auf der Basis der wahrscheinlichen Schwierigkeiten und Schmerzen und dem mutmaßlichen
künftigen Nutzen treffen. Praktisch gefragt: Weshalb sollte man die Wahrheit sagen, wenn das lediglich Kosten und keinerlei Nutzen bringt? Wenn es beispielsweise um eine Zeitkraft geht, die nur einen Tag in Ihrem Büro arbeitet und keine gute
Leistung bringt, dann werden Sie es vermutlich nicht sagen, denn was bringt das schon? Sie zahlen den Preis einer ziemlich unangenehmen Situation und bekommen nichts dafür. Wenn es
sich jedoch um einen festen Mitarbeiter handelt, lohnt eine Investition in seine Leistungen. Es fällt Ihnen vielleicht schwer, ihn mit der harten Wahrheit zu konfrontieren, aber weil er fest angestellt ist, dürfte es sich lohnen.
Bei einem ersten Rendezvous präsentiert man seinem
Gegenüber wohl kaum seine tiefsten Empfindungen oder
Wünsche. Weshalb in einen Menschen investieren, solange man noch keine gemeinsame Zukunft hat? Aber sowie man sich
verliebt oder sich auf ihn einlassen will, sagt man ihm wohl auch Dinge, die nicht so leicht über die Lippen kommen, weil es sich in Zukunft auszahlt, was man heute an Wahrheit investiert.
Die Entscheidung, einer bestimmten Person eine Wahrheit zu erzählen oder nicht, hängt also von einer ganzen Reihe
moralischer, psychologischer und praktischer Erwägungen ab.
Wenn man es als Investition betrachtet, die Wahrheit zu sagen, ist man somit bestens gerüstet, dies alles in Betracht zu ziehen und die bestmögliche Entscheidung zu treffen.
Gewußt wie
Ein entscheidendes Motiv, Wahrheiten zu verschweigen, liegt
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darin, einfach nicht zu wissen, wie man sie am besten äußert.
Aber mit diesem Buch gehört das der Vergangenheit an. Sie
werden womöglich andere Gründe finden, aber diese werden sie nicht weiter plagen können.
Es geht also nicht mehr um die Frage, ob man seine Wahrheit äußern sollte oder nicht, sondern ob man sie auf die
bestmögliche Weise erzählt oder sie aus guten Gründen und mit ruhigem Gewissen verschweigt.
Die Moral des Glücks
Wenn es um die Wahrheit geht, sollte man ein wichtiges
moralisches Grundprinzip nicht außer acht lassen: Tue immer das, was für alle Beteiligten auf Dauer das beste ist. Oft bedeutet dies, die Wahrheit zu erzählen, aber nicht, weil man eine abstrakte Idee von Ehrlichkeit verfolgt, als sei sie das höchste Gut an sich, ein von Gott gegebenes moralisches Diktat.
Die moralischen Vorstellungen sollten vielmehr auf praktischen Erwägungen beruhen, was alle beziehungsweise die meisten
Menschen glücklich macht.
Meine Devise lautet schlicht: Tue kurzfristig alles, was du tun kannst, um dich selbst und die Menschen um dich herum
glücklich zu machen, und lege langfristig die Fundamente für das dauerhafte Glück aller. Und: Tue kurzfristig alles, um Leid zu vermeiden, und lege die Fundamente, um langfristig Leid und Schmerz zu beseitigen. In dieses Grundgefüge gehört die
Wahrheit, und zwar nicht als Selbstzweck, sondern als ein
Mittel, sich und andere glücklich zu machen und Kummer zu
verhindern.
Man sollte die Wahrheit sagen, damit sich im Leben von
Menschen etwas zum Guten wendet - und das ist der einzige Grund. Unterm Strich geht es nur darum, mit anderen auf
freundliche, hilfreiche und intelligente Weise umzugehen, damit alle Beteiligten ein besseres Leben führen können.
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Manche Leute glauben, bei Moral handele es sich um Regeln, die man stets strikt befolgen muß, und „Sprich immer nur die Wahrheit” sei eine davon. Aber ob eine Handlung moralisch
richtig ist, muß auch daran gemessen werden, welche
Konsequenzen sie hat. Ob es moralisch gerechtfertigt ist, eine bestimmte Wahrheit zu sagen, hängt nicht nur davon ab, was kurzfristig das Beste für alle ist, sondern auch von den
langfristigen Folgen.
Wahrheit und Psychologie
Menschen nähren sich auch von Hoffnung und Erkenntnis,
und sie können eigentlich nie genug davon kriegen. Erkenntnis hilft uns, zu wissen, was das Beste ist, und Hoffnung überzeugt uns davon, daß wir das Beste auch tun können.
Unser Bedürfnis nach Erkenntnis erfordert Wahrhaftigkeit,
und zwar immer und in jeder Situation. Aber unser Bedürfnis nach Hoffnung kompliziert das Ganze. Die psychologische
Forschung hat
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