Ich muss Sie küssen, Miss Dove
verschwinden, weil er fand, dass ein benutztes Präservativ nichts für Emma war, wusste aber ihr Interesse zu schätzen. Dann tastete er den Boden neben dem Bett nach dem Samtetui ab, fand es und gab es ihr.
Emma öffnete es und sah hinein. „Wozu braucht man das?"
„Um zu vermeiden, dass du schwanger wirst. Das ist ein so genanntes Präservativ."
„Ach." Plötzlich schien sie zu begreifen. „Ach!" Die Röte schoss ihr in die Wangen, und sie gab ihm das Etui hastig zurück. Sie senkte den Kopf und nestelte stirnrunzelnd an der Bettdecke.
Er warf das Etui zurück auf den Boden. „Deine Tante hat dir nie mitgeteilt, dass auf die Art Kinder gezeugt werden, nicht wahr?" Als Emma den Kopf schüttelte, regte sich sein Zorn. „Mein Gott, warum klären die Leute ihre Kinder bloß nicht auf über solch wichtige Zusammenhänge", murmelte er vor sich hin.
„Hat dein Vater es dir erzählt?", fragte sie ihn. „Aber das muss er ja getan haben, am Tag deiner Hochzeit."
„Glaubst du, er hätte bis zu meiner Hochzeit damit gewartet? Großer Gott, nein! Er hat mich beiseite genommen, als ich elf war. Leider hat er mir aber nur den rein wissenschaftlichen Vorgang beschrieben. Ich wünschte, er hätte mir mehr über die Frauen verraten."
„Meine Tante hat mich in gar nichts eingeweiht. Zweifellos hielt sie solche Gespräche für zu heikel. Wahrscheinlich findest du das dumm."
„Es ist mehr als nur dumm, es ist gefährlich. Unwissenheit kann die Menschen vernichten." Er dachte an Consuelo, an ihren Schock, ihr Entsetzen, ihren Ekel. Diese Nacht würde er niemals vergessen. Wie auch, schließlich hatte sie ihm dieses Erlebnis immer wieder zum Vorwurf gemacht.
„Harry, was hast du?"
Er verdrängte den Gedanken an seine frühere Frau. „Nichts. Ich finde nur, man sollte den Menschen diese Dinge erklären und ihnen keine albernen Geschichten vom Klapperstorch auftischen. Es würde ihnen viel Kummer ersparen, wenn man ihnen einfach die Wahrheit sagte."
„Da stimme ich dir zu."
Die unerwartete Bemerkung erstaunte ihn, und er sah sie an. „Wirklich?"
„Ja. Falls ich jemals geheiratet hätte, wäre es mir sehr lieb gewesen, wenn meine Tante mich vor der Hochzeitsnacht aufgeklärt hätte", meinte sie gedehnt. „Aber ich bin mir nicht sicher, vielleicht hätte sie es nicht einmal dann getan."
„Ich bin mir auch nicht sicher. Die Mutter meiner Frau hat sie nie aufgeklärt. Das hat die Hochzeitsnacht für uns beide sehr unangenehm gemacht." Er schwang die Beine über die Bettkante, stand auf und ging hinüber in sein Ankleidezimmer, wo er das Präservativ in Papier wickelte und in den Abfallkorb warf. Dann goss er Wasser aus einem Krug in die Waschschüssel und wusch sich die Hände. Er griff nach einem sauberen Waschlappen, befeuchtete ihn und wrang ihn aus, ehe er ins Schlafzimmer zurückkehrte.
Emma saß noch immer da und hielt die Arme um die Knie geschlungen. Als Harry wieder zum Bett kam, hob sie den Kopf. Sanft strich er über ihre Unterschenkel. „Leg dich zurück und streck die Beine aus", bat er Emma.
Sie gehorchte und stützte sich auf die Ellenbogen, während er behutsam ihre Schenkel auseinanderdrückte. Es war kaum Blut zu sehen, nur ein winziger Fleck auf ihrem Oberschenkel, aber genug, um sie beide an das Ungeheuerliche zu erinnern, was eben geschehen war. Er wischte das Blut ab und musste die Frage einfach stellen. „Hat es sehr wehgetan?"
„Ein bisschen."
„Das tut mir leid." Er sah sie an. „Es wird nie wieder wehtun, Emma", versprach er mit eindringlicher Stimme. „Solltest du je noch einmal Schmerz dabei empfinden, musst du es mir sofort sagen. Ich würde dir nie im Leben wehtun wollen."
„Das weiß ich, Harry."
In Anbetracht der Tatsache, dass er genau das vorhin getan hatte, fand er ihre Zuversicht ziemlich erschütternd. Er bückte sich, küsste sie auf den Bauch und brachte den Waschlappen wieder ins Ankleidezimmer.
Als er zurückkam, hielt sie den Blick auf seine Leistengegend gerichtet und schaute erst auf, als er vor dem Bett stand. „Ich habe Männerstatuen in Museen gesehen", fing sie an. „An eine erinnere ich mich besonders gut. Da war ein Feigenblatt über ... über ..." Sie wedelte verlegen mit der Hand. „Du weißt schon. Aber es war nicht sehr geschickt angebracht, denn von der Seite konnte ich tatsächlich ansatzweise erkennen, was darunter war. Ich war schrecklich neugierig und wollte wissen, was das ist, denn wenn es so versteckt worden war, musste es
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