Ich muss Sie küssen, Miss Dove
recht?"
„Mach es auf und sieh nach."
Sie löste die Schleife und nahm das Papier ab. Als sie die kleine Schachtel öffnete und hineinsah, fing sie an zu lachen. „Sie ist mit Gesichtern von Engeln bemalt!"
„Ist es tatsächlich echtes Limoges-Porzellan?" Vivian reckte den Hals, um einen besseren Blick zu haben.
„Ja, schaut nur." Phoebe hielt die kleine Dose hoch.
„Kann man in diese Dinger eigentlich auch etwas hineintun?", fragte Harry mit gespielter Ahnungslosigkeit.
Phoebe fiel prompt darauf ein. „Ja, das kann man", erklärte sie und klappte zum Beweis den kleinen Deckel hoch. „Siehst du, so ... o nein!" Sie nahm das Schmuckstück in die Hand. „Ein Saphir! Seht einmal alle her — ein Saphir!" Sie stellte die kleine Dose auf den Tisch, zeigte den Ring einmal in der Runde herum und streifte ihn dann über den Ringfinger ihrer rechten Hand. Er passte perfekt. Natürlich. Etwas anderes wäre bei Miss Dove, Gott segne sie, niemals vorgekommen.
„Du bist jetzt einundzwanzig", sagte Harry. „Da ist ein Saphir genau das Richtige. Er passt zu deiner Augenfarbe. Gefällt er dir?"
„Ob er mir gefällt?" Phoebe fiel ihm um den Hals. „Ich liebe ihn!", rief sie und gab ihrem Bruder einen herzhaften Kuss auf die Wange. „Er ist vollkommen! Und die Limoges-Dose auch! Du machst uns immer die schönsten Geschenke!"
„Dann ist es ja gut." Er küsste sie auf die Stirn.
Ihre Mutter, Großmutter und Vivian erhoben sich und scharten sich um Phoebe, um ihre Geschenke von Nahem zu bewundern. Nur Diana blieb an ihrem Platz und rückte näher an Harry heran. „Diese Miss Dove ist erstaunlich", flüsterte sie. „Sie findet wirklich immer die schönsten Geschenke für uns."
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst."
„Keine Sorge, lieber Bruder. Ich bin die Einzige, die hinter dein Geheimnis gekommen ist, und ich sage es bestimmt nicht weiter."
„Du bist ein feiner Kerl, Di."
„Nun, vielleicht denkst du das nicht mehr, wenn ich dir gestehe, was ich getan habe."
Er sah sie fragend an.
Sie sagte es ihm.
„Wie bitte?" Bei seinem entrüsteten Aufschrei wurde es auf einmal ganz still im Raum, und die vier anderen Frauen sahen ihn erschrocken an. Diana verzog das Gesicht.
„Ich habe mich in einem Anflug von Mitleid mitreißen lassen", erklärte sie und versuchte, zerknirscht auszusehen, was ihr aber nicht gelang.
„Mitleid — so ein Unsinn! "
„Um Gottes willen, was ist hier eigentlich los?", meldete sich Louisa zu Wort.
Diana beantwortete ihre Frage. „Ich habe ihm von der Einladung erzählt."
„Ach je.” Louisa runzelte die Stirn. „Das passt ihm nicht, nicht wahr?"
„Wie konntest du nur annehmen, dass mir das passen würde?", brauste Harry auf.
„Nun, es ist nun einmal geschehen."
Louisas Miene hellte sich bei diesen Worten auf. „Ja, und letztlich war es auch richtig so."
„Richtig?"
„Harry, Liebling, schrei nicht so. Diese armen Mädchen sind nur mit einem schrulligen alten Mann nach London gekommen, der auf sie aufpassen soll. Also wirklich! Wie schrecklich, die Mädchen ohne eine ordentliche Anstandsdame zur Saison nach London zu bringen! Wie hat er sich das nur vorgestellt?"
„Nein." Harry schüttelte energisch den Kopf. „Das erlaube ich nicht." Er hätte genauso gut gegen eine Wand anreden können.
„Ich kann nur vermuten, dass der Verlust seiner lieben Frau vor all diesen Jahren ihm zu guter Letzt den Verstand getrübt hat", fuhr Louisa fort. „Himmel, die armen Mädchen hätten unter den Umständen überhaupt nicht ausgehen können. Wie langweilig für sie." Sie sah ihn beinahe trotzig an. „Ich behaupte nach wie vor, dass Diana das Richtige getan hat."
Die Vorstellung, in den nächsten sechs Wochen vier weitere Frauen in seinem Haus zu beherbergen, die in den Augen seiner Schwestern allesamt mögliche Heiratskandidatinnen für ihn waren, erfüllte Harry mit Schrecken. Er dachte an die weinende Lady Melanie, und der Schrecken verwandelte sich in pures Entsetzen. „Man reiche mir eine Pistole, damit ich meinem Elend eine Ende setzen kann", murmelte er vor sich hin.
„Worum geht es hier eigentlich?", wollte Antonia wissen. „Bitte, erkläre es mir, Diana."
„Mama und ich haben Dillmouth, seine beiden Töchter und deren Cousinen in der Pause getroffen, als wir in der Oper waren. Die Mädchen haben keine Anstandsdame, nur Dillmouth selbst, und als mir klar wurde, was das für sie bedeutet, habe ich alle vier Mädchen eingeladen, die nächsten sechs Wochen bei uns
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