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Ich muss Sie küssen, Miss Dove

Titel: Ich muss Sie küssen, Miss Dove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lee
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die Hälfte eines Wochenlohns für etwas, das sie ohnehin nie benutzen würde? Lächerlich.
    Aber auf dem ganzen Weg zur Arbeit musste sie an diesen Fächer denken.

3. KAPITEL
Eine wirkliche Dame verhält sich zurückhaltend. Sie ist heiter, verständnisvoll und vernünftig. Sie lässt ihren Gefühlen nicht freien Lauf und sie verliert nie die Beherrschung.
    Lydia Worthington Rat an ihre Nichte, 1880
    Zeitungen waren nicht nur die Existenzgrundlage für Harry, sie waren auch anderweitig für ihn von großem Nutzen, zum Beispiel als Schutzschild wie an diesem Morgen.
    Es war wahrscheinlich furchtbar unhöflich, eine Zeitung so hoch zu halten, dass sie als Trennwand vor anderen Hausgästen fungierte, aber das kümmerte ihn nicht. Es gab Grenzen für das, was ein Mann ertragen konnte. Bei vier zusätzlichen Frauen am Tisch, die seine Schwestern für mögliche Heiratskandidatinnen für ihn hielten, musste ein Mann sich einfach irgendwo verstecken. Am Morgen nach seiner Rückkehr aus Berkshire beschloss Harry, sich hinter einer Ausgabe von Barringers Social Gazette zu verschanzen.
    Zum Glück war die erste Mahlzeit des Tages in diesem Haushalt eine sehr zwanglose Angelegenheit. Auf der Anrichte stand das Frühstück bereit, und jeder bediente sich nach Belieben selbst. Auch wenn es erst jetzt immer mehr in Mode kam, den Tag auf diese Art zu beginnen, war das in Harrys Haushalt bereits seit Jahren so üblich. Seine Mutter hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben, er würde sich an eine normale Haushaltsroutine halten. Heute ermöglichte es die lockere Atmosphäre Harry, gleichzeitig seine Gäste zu ignorieren und nebenbei zu arbeiten.
    Kein Wunder, dass die Gazette und ihr Verleger finanzielle Probleme haben, dachte er und kaute an einer Scheibe Frühstücksspeck. Für solche farblosen, langweiligen Artikel konnte man genauso gut die Times lesen.
    Eine einzelne Frauenstimme meldete sich nur gerade so laut, zu Wort, dass sie die anderen übertönen konnte. „Was ist Ihre Meinung dazu, Lord Marlowe?"
    Im Raum wurde es still, und Harry senkte die Zeitung ein winziges Stück. Der schmelzende dunkle Blick von Lady Felicity war auf ihn gerichtet. Sie war schön, keine Frage, aber schließlich kannte Diana seinen Geschmack nur zu gut. Wäre Felicity keine junge Dame gewesen, hätte sie vielleicht sein Interesse geweckt, aber junge Damen waren gefährliche Geschöpfe. Sie erwarteten, geheiratet zu werden.
    Er schenkte ihr ein höfliches Lächeln. „Ich bitte um Verzeihung, aber ich habe das Gespräch nicht mitverfolgt." Er raschelte bedeutungsvoll mit der Gazette . „Ich beschäftige mich gerade mit einer äußerst wichtigen Angelegenheit."
    „Eine wichtige Angelegenheit?" Sie, sah ihn fragend an. „Gibt es denn so wichtige Neuigkeiten?"
    „Für Harry, ja", erklärte Vivian lachend. „Er liest stets die Zeitungen der Konkurrenz."
    „Aber normalerweise nicht beim Frühstück", bemerkte seine Großmutter, und in ihrer Stimme schwang tiefe Missbilligung mit, die Harry allerdings geflissentlich überhörte.
    Ober den Rand der Gazette hinweg warf er Felicity einen weiteren Blick zu. „Wissen Sie, Lady Felicity, das Lesen der Zeitungen meiner Konkurrenz ist unabdingbar für meinen finanziellen Erfolg. Immer einen Schritt voraus sein, sozusagen. Ich bin ein Geschäftsmann, und das macht mir Freude."
    ,;Freude? Felicity fing an zu lachen. „Sie scherzen, Lord Marlowe."
    „Ganz und gar nicht. Ich habe mehr Freude an meiner Arbeit als an meinem Besitz. Pachten einziehen ist eine sehr langweilige Beschäftigung und sehr unergiebig. Ich ziehe das Geschäftemachen vor."
    Sie merkte, dass sie einen Fehler gemacht hatte und versuchte, ihn wieder auszubügeln. „Sie ziehen Ihre Geschäfte also Ihrem Besitz vor? Wie ..." Sie geriet einen Moment lang ins Stocken. „Wie äußerst modern."
    Harry bemerkte, wie Diana das Gesicht verzog und verschanzte sich wieder schmunzelnd hinter seiner Zeitung. Sie hatte also Lady Felicity für die perfekte Ehefrau für ihn gehalten? Er würde es wirklich genießen, sie später damit aufzuziehen. „Nun ja, ich bin nun einmal ein sehr moderner Knabe", murmelte er in falscher Bescheidenheit.
    Er überhörte den empörten Laut, den seine Großmutter von sich gab, und sah zur Uhr auf dem Kaminsims. „Schon halb zehn?", rief er mit gespielter Überraschung. Er faltete die Zeitung zusammen, erhob sich und machte eine um Entschuldigung heischende Miene. „Verzeihen Sie mir, meine Damen, aber jetzt muss

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