Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich muss Sie küssen, Miss Dove

Titel: Ich muss Sie küssen, Miss Dove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lee
Vom Netzwerk:
sie es noch immer nicht glauben. „Er hatte sie gerade erst kennengelernt und schon beschlossen, sie zu heiraten. Die sechs Jahre, die wir miteinander verbracht hatten, waren ausgelöscht nach nur drei Tagen mit ihr."
    „Es tut mir leid, dass er Ihnen das Herz gebrochen hat."
    „Es war nicht nur mein Herz. Ich habe an jenem Tag meinen besten Freund verloren. Auch Verrat schmerzt."
    „Ja", stimmte Harry zu. „Das ist wahr."
    „Aber wie kommt das?", fragte sie in der Hoffnung, Marlowe könnte ihr dieses Phänomen erklären, das sie nie verstanden hatte. „Wie geschieht so etwas? Wie kann man sich so blitzschnell verlieben?"
    „Ich weiß es nicht. Meiner eigenen Erfahrung nach kann ich es nur als Anfall von Wahn beschreiben."
    „Der dann wieder vergeht?"
    „Ja. Wenn man Glück hat, klingt dieser Wahn noch vor der Hochzeit wieder ab. Ich hatte nicht das Glück, aber was ist mit Ihrem Mr. Parker? Führt er eine glückliche Ehe?"
    „Als ich das letzte Mal von ihm hörte, hieß es, er sei glücklich. Allerdings", fügte sie mit leichter Ironie hinzu, „lebt er in London und seine Frau in Yorkshire."
    Marlowe lachte schallend auf. „Ohne Zweifel das beste Rezept für Harmonie in der Ehe."
    „Vermutlich", stimmte sie zu und fiel in sein Lachen mit ein. Plötzlich war ihr seltsam leicht ums Herz, als hätte man ihr eine schwere Last abgenommen. Sie drehte sich halb zu ihm um und sah ihn an. „Merkwürdig, aber Sie sind der erste Mensch, mit dem ich je darüber gesprochen habe. Meine Tante wusste natürlich Bescheid und unsere Freunde auch, aber niemand hat je darüber geredet, auch ich nicht. Damen erleiden vor anderen keinen Zusammenbruch und sie stellen sich auch gegenseitig keine indiskreten Fragen. Ich habe nie jemandem gestehen können, wie verletzt ich war."
    „Es tut einem immer weh, wenn man feststellen muss, dass seine Liebe nicht erwidert wird."
    „Ihre Frau hat Sie nie geliebt?"
    „Nein, und das Eigenartige ist, ich wusste das." Er drückte sich die Faust an dieselbe Stelle, die er zuvor bei ihr berührt hatte. „Ich wusste es hier, tief im Innern. Doch ich achtete nicht darauf und hörte stattdessen auf mein Herz. Wäre ich meinem Bauchgefühl gefolgt, hätte ich sowohl Consuelo als auch mir selbst Jahre des Leids erspart." Plötzlich schüttelte er den Kopf und stieß sich von der Wand ab. „Es wird dunkel. Ich mache mich jetzt lieber auf den Weg."
    „Ja, natürlich. Gute Nacht, Mylord." Sie wandte sich um, um die Haustür zu öffnen.
    „Emma?"
    Sie warf ihm einen Blick über die Schulter zu.
    Er stand auf dem Bürgersteig und beobachtete sie. „Wenn Sie das, was ich heute getan habe, wirklich für falsch hielten, warum haben Sie mich dann nicht daran gehindert?" Ohne ihre Antwort abzuwarten drehte er sich um und ging zu der Kutsche, die auf ihn gewartet hatte. Doch erst als er darin saß und das Gefährt schon fast vorn an der Straßenecke war, gestand sie sich die Wahrheit ein. „Weil ich es zwar für falsch hielt, es sich aber richtig anfühlte. Und das macht mir schreckliche Angst."
    Sie sah, wie die Kutsche um die Ecke bog und verschwand. Sie kannte für fast alles die Regeln, und doch konnte sie nicht umhin, sich zu fragen, ob diese Regeln tatsächlich irgendetwas damit zu tun hatten, was richtig oder was falsch war. Schlimmer noch, ihr kam allmählich der Gedanke, dass sie zwar eine reife Frau von dreißig Jahren sein mochte, aber vom Leben nicht die geringste Ahnung hatte.

12. KAPITEL
Tugend mag ihre eigenen Verdienste haben, aber meiner Meinung nach ist sie nicht besonders stimulierend.
    Lord Marlowes Junggesellenmagazin, 1893

    So ungern er es auch zugab, Harry war klar, dass Emma im Recht war. Was er im Au Chocolat getan hatte, wäre sehr rufschädigend für sie gewesen, wenn jemand sie beobachtet hätte. Trotz seiner Beteuerungen ihr gegenüber, dass alles ganz harmlos gewesen wäre, wusste er, dass das nicht stimmte. Ihm war es gleich, was die Leute dachten, aber er war auch ein Mann und sich genau darüber bewusst, dass für eine Frau die Konsequenzen einer solchen Begegnung viel schwerwiegender sein konnten.
    Er musste dafür sorgen, dass das Verhältnis zwischen ihm und Miss Dove wieder so sachlich und nüchtern würde wie früher. Anstatt sich mit ihr zu treffen, nahm er andere geschäftliche Verpflichtungen zum Vorwand, ihr aus dem Weg gehen zu können. Er schickte ihr die Überarbeitungen durch einen Kurier zu und benutzte Quinn als Mittelsmann, wenn er etwas mit ihr zu

Weitere Kostenlose Bücher