Ich muss Sie küssen, Miss Dove
besiegelt."
Emma biss sich auf die Lippe und schämte sich wegen ihrer eigenen, starren Einstellung zu diesem Thema. Auf einmal irritierten sie die Zwänge der Etikette mehr als je zuvor. „Meiner Meinung nach ist es nicht richtig, dass Ihre ganze Familie wegen des Verhaltens eines einzigen Mitglieds leiden muss. Und was die Scheidung Ihres Bruders betrifft, so haben wir erst vor Kurzem darüber gesprochen, und ich kann jetzt einschätzen, was für ein schwerer Entschluss das für ihn gewesen sein muss. Er hat es sich sicher nicht leicht gemacht, das weiß ich."
„Harry hat Ihnen von seiner Scheidung erzählt?" Die Baroness sah Emma mit großen Augen an.
„Ja, ein wenig. Das scheint Sie zu erstaunen, Baroness."
„Allerdings. Harry redet nie über schmerzliche Erfahrungen. Nie." Sie lachte leise auf. „Nun, dieser Tag steckt wirklich voller Überraschungen."
„Ich bedauere aufrichtig, dass Ihr gesellschaftliches Ansehen solchen Schaden genommen hat. Wenn Sie möchten, dass ich eine Mrs. Bartleby-Kolumne über die Unsinnigkeit eines Familienbanns schreibe, bin ich gern dazu bereit."
„Nein, nein, deswegen bin ich nicht hier. Außerdem gehört Harry die Social Gazette jetzt, und da würden alle glauben, er hätte Sie dazu veranlasst, das zu verfassen."
„Richtig, das habe ich gar nicht bedacht. Warum benötigen Sie also dann die Hilfe von Mrs. Bartleby?"
„Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung bei meiner Hochzeit."
„Bei Ihrer Hochzeit?", wunderte Emma sich. „Aber sicher werden Ihre Mutter, Ihre Großmutter und Ihre Schwestern Ihnen ..."
„Ich liebe meine Mutter wirklich, Miss Dove, aber sie hat, grob ausgedrückt, ein Spatzenhirn. Meine Großmutter ist sehr altmodisch - sie schwört immer noch auf Reiswerfen und das Tragen alter Schuhe am Hochzeitstag, du liebe Güte, und wir wissen ja beide, Sie und ich, dass das heutzutage gar nicht mehr gemacht wird. Meine Schwestern helfen mir natürlich so gut sie können. Vivian entwirft mein Hochzeitskleid, so etwas liebt sie und sie kann das tatsächlich sehr gut. Phoebe übernimmt die Einladungen, Sitzordnungen und solche Dinge. Die Frau, die ich aber am meisten brauche, ist Mrs. Bartleby. Ich möchte ganz sichergehen, dass alles tadellos verläuft. Und das nicht nur in meinem Interesse oder dem meiner Familie, sondern auch Edmund zuliebe. Mein Verlobter trägt ebenfalls das Stigma einer Scheidung. Wenn unsere Hochzeit vollkommen ist, gibt es für die Gesellschaft keinerlei Anlass zu Kritik. Darüber hinaus möchte, ich, dass diese Hochzeit zum glanzvollsten gesellschaftlichen Ereignis des Jahres wird, und dazu bedarf es Mrs. Bartlebys kluger Einfälle. Ich brauche Ihre Hilfe bei den Blumenarrangements, beim Hochzeitsfrühstück, bei der Dekoration der Räume — ach, bei allem." Sie hielt inne und schenkte Emma wieder dieses strahlende Lächeln, das Emma so an Marlowe erinnerte. „Ich sagte Ihnen ja, ich bin etwas unverschämt."
„Ganz und gar nicht! Ich fühle mich geschmeichelt, dass Sie mir das zutrauen, Baroness."
„Ich muss Sie allerdings warnen. Wenn Sie einwilligen, mir zu helfen, und das wird bekannt, wird es einige Leute aus meinen Kreisen geben, die Ihre Ratschläge dann nicht mehr so zu schätzen wissen."
Emma dachte darüber nach. „Manche werden die Nase rümpfen, nehme ich an, aber wie ich schon sagte, halte ich nichts von so einer Form des Familienbanns." Sie atmete tief durch und war sich bewusst, dass sie eine riskante Entscheidung traf, aber sie musste ihrem Gewissen folgen. „Wenn mich die Leute nur deswegen verurteilen sollten, weil ich Ihnen bei Ihren Hochzeitsvorbereitungen geholfen habe, dann kann ich es auch nicht ändern."
„Ich denke, diese Problem umgehen wir, wenn wir Ihre Beteiligung geheim halten. Meiner Mutter und meiner Großmutter können wir die Wahrheit natürlich nicht verraten, denn sie würden sie sofort ausplaudern, aber meine Schwestern sind sehr verschwiegen."
„Dann wäre es mir eine Ehre, Ihnen auf jede erdenkliche Weise zur Seite zu stehen."
Die Baroness klatschte entzückte in die Hände. „Vielen Dank, Miss Dove!"
„Ich freue mich schon darauf, wirklich. Wann wollen wir uns zusammensetzen und mit den Planungen anfangen?"
„Lassen Sie mich überlegen. Im August fährt meine Familie nach Torquay."
Emma nickte. Die ganze bessere Gesellschaft begab sich im August ans Meer nach Torquay.
„Harry will nur für eine Woche kommen, er sagt, er hat hier in London zu viel Arbeit", erklärte die
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