Ich muss Sie küssen, Miss Dove
Weiter so." Mr. Quinn starrte ihm verblüfft nach, als Harry das Büro verließ.
Bei seiner Ankunft in Sheffields Büro wenige Minuten später hatte Harry beschlossen, sich jetzt nur noch auf Geschäftliches zu konzentrieren, und während der folgenden zwei Stunden dachte er nicht ein einziges Mal daran, eine spröde, unschuldige Jungfer zu küssen. Nicht ein einziges Mal erging er sich in Fantasien, wie er Emma die adrette weiße Bluse aufknöpfte oder ihren Rock hochschob, auch nicht, nachdem er in sein eigenes Büro zurückgekehrt war. Nicht ein einziges Mal stellte er sich den Duft nach Talkumpuder oder das Gefühl weicher weißer Haut vor, während er an seinem nächsten Leitartikel für das Junggesellenmagazin schrieb.
Dann tauchte sie auf und machte alles zunichte.
Er hatte sich schon von Quinn verabschiedet und war auf dem Weg nach draußen, als die Frau, die er so angestrengt zu vergessen versucht hatte, auf dem Flur vor seinem Büro geradewegs in ihn hineinrannte. Unwillkürlich hielt Harry sie an den Armen fest, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor.
„Ach, das tut mir leid", sagte sie und sah von den Papieren in ihrer Hand auf.
Die flüchtige Berührung ihres Körpers traf ihn wie ein Stromschlag, und der Anblick ihres Gesichts mit den hübschen goldbraunen Sommersprossen und den rosigen Lippen brachte seine in zwei Stunden mühsam aufgebaute Entschlossenheit nachhaltig ins Wanken.
„Lord Marlowe", meinte sie überrascht. „Was machen Sie denn hier?"
Harry merkte, dass er noch immer ihre Arme festhielt. Er ließ sie los, trat einen Schritt zurück und zwang sich, irgendetwas zu sagen. „Nun, mir gehört dieses Gebäude, wissen Sie", erwiderte er und bemühte sich, gelassen zu klingen. „Und das hier ist mein Büro. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass ich hier gelegentlich vorbeischaue."
„Ja, natürlich." Sie lachte und fasste sich an die Stirn. „Das war eine ziemlich dumme Frage, nicht wahr? Es ist nur so, dass ich gerade daran dachte ..." Sie hüstelte und zeigte auf die Papiere in ihrer anderen Hand. „Ich meine, ich habe gerade gelesen und überhaupt nicht aufgepasst, wo ich hinging. Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Ich bin Ihnen doch nicht auf den Fuß getreten, oder?"
„Nein.” Am liebsten hätte er ganz laut gebrüllt, dass, verdammt, nichts mit ihm in Ordnung war und dass das allein ihre Schuld war. Sein Körper schien überall da, wo sie ihn bei ihrem Zusammenprall berührte hatte, in Flammen zu stehen. Verzweifelt versuchte er, sich etwas Unverfängliches einfallen zu lassen. „Was haben Sie denn gelesen, dass Sie so abgelenkt waren?"
Sie raschelte mit den Manuskriptseiten. „Entwürfe für unsere nächste Ausgabe. Ich dachte, ich bringe sie Ihnen rasch vorbei, da ich ohnehin in der Nähe war. Ich bin auf dem Weg zu Inkberry's, wissen Sie."
Tapfer bemühte er sich, unbefangen weiterzuplaudern. „Zu Inkberry's Buchhandlung?" Als sie nickte, sprach er weiter. „Ich dachte, wir wollten eine ganze Ausgabe zum Thema Süßigkeiten herausgeben. Haben Sie Ihre Meinung geändert?"
„Nein, nein", versicherte sie ihm. „Ich habe immer noch vor, nur über Süßigkeiten zu schreiben, wie Sie auch meinen Entwürfen entnehmen können." Sie reichte ihm die Seiten. „Ich will nur sehen, ob Mr. Inkberry vielleicht irgendwelche Bücher hat über die Geschichte der ... der ..." Sie zögerte und räusperte sich. „Über die Geschichte des ... hm ... Schokoladenhandels."
Sie schob die Hand in die Rocktasche, dieselbe Hand, die er an jenem Tag vor zwei Wochen geküsst hatte, und eine leichte Röte stieg in ihre Wangen. Harry erkannte, dass er nicht der Einzige war, der mit den Geschehnissen jenes Tages beschäftigt war, und nach allem, was er seitdem durchgemacht hatte, fand er das äußerst befriedigend.
„Ihre Schwester, Lady Eversleigh, hat mich heute Nachmittag besucht." Emma sah sich hastig um und fuhr flüsternd fort. „Sie hat erraten, dass ich Mrs. Bartleby bin, und wollte mich bitten, ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen."
„Ja, ich weiß. Diana hat ein Talent, hinter Geheimnisse zu kommen. Ich habe ihr aber das Versprechen abgenommen, den Mund zu halten."
„Ja, das hat sie mir gesagt." Eine ganze Weile herrschte Schweigen, dann warf Emma einen Blick auf ihre Uhrenbrosche. „Es ist schon nach vier. Ich sollte jetzt aufbrechen."
„Warten Sie einen Moment, dann begleite ich Sie nach unten", entfuhr es ihm, ehe er es verhindern konnte. Nun konnte er die Worte
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