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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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eine Untat?«. Oder: »Bei den Geständnissen bat er um Käsebrote«.
    Am 17. Juli schlug Bild auf Seite eins wieder einmal Alarm: »Sex-Mörder Kroll würgte Kriminal-Beamtin.« Unter der Schlagzeile hieß es: »Auf einer kleinen Straße am Rheindeich in Duisburg hat sich gestern mittag eine makabre Szene abgespielt: Massenmörder Kroll stürzte sich in glühender Hitze auf eine zierliche Kriminalbeamtin mit langem, seidigem rotem Haar und würgte sie.«
    Die Fortsetzung gab es wie immer erst auf der letzten Seite: »Kroll, im knallgelben Hemd, mit hellbrauner Hose, schlug der Polizistin gestern zuerst mit der Faust auf die Stirn. Dann umklammerte er mit seinen langen Fingern ihren Hals und drückte zaghaft zu. Kripo-Hauptkommissar Kontermann feuerte ihn an: ›Feste Achim, feste!‹ Als der Sex-Mörder mit der Frau sechs Meter über eine Böschung hinabrollte, rief Kontermann: ›Laß gehen, Achim, laß gehen.‹ Kroll drückte wieder zu: ›So hab’ ich es gemacht, so!‹ Der Schweiß stand ihm auf der Stirn.«
    Am »perversesten Massenmörder der deutschen Kriminalgeschichte« war einfach alles interessant und berichtenswert: die Farbe seiner Hemden, wie oft er im Gefängnis duschte, die Marke seiner Zigaretten, seine Schuhgröße. Vor allem aber musste in Erfahrung gebracht werden, was der »Kannibale« zu essen pflegte – wenn er nicht mordete. Es waren natürlich vier Reporter der Bild am Sonntag, denen es gelang, dem »Menschenfresser« auf den Teller zu gucken: »Eier mit Senfsoße und Stampfkartoffeln«.
    Der einfältige Waschraumwärter Joachim Kroll wurde unbesehen und ungefragt zu einem diabolischen Zeremonienmeister der absurden Gewalttätigkeit aufgeblasen. Er galt ungeprüft als »Triebtäter des Jahrhunderts« – wie so viele vor ihm schon. Seine »bestialischen Taten« wurden zu volkstümlichen Schlagern umgeschrieben, damit jeder mitsingen konnte. Heraus kam jedoch größtenteils nur störender Lärm, eine nicht enden wollende Folge von schrillen Dissonanzen zwischen Punk und Beethoven. Zu viele »Fakten« wurden verdreht, verfälscht, verfremdet, gekauft, häufig auch schlichtweg erfunden. Journalistische Sorgfaltspflichten und Moralvorstellungen wurden bedenkenlos über Bord geworfen, nichts durfte unmöglich bleiben. Der Zweck heiligte die Mittel: Joachim Kroll Superstar.

44
                        
                       Nachdem Kroll den achten Mord, die Tötung der Haushaltsgehilfin Frieda Pfundner, verübt am 17. Juni 1959 in Rheinhausen, gestanden hatte, gab er sich zunächst wieder wortkarg. Thomas Wippermann, der junge Kriminalobermeister, den Kroll »nett« fand, benötigte mehrere Stunden, um seinen Spezi »aufzutauen«. Mit Friedhelm Kontermann war abgesprochen worden, ihn jetzt zu »Triebdynamik« und »Tatplanung« zu befragen.
    Während Wippermann Fragen stellte, tippte sein Kollege das Gesagte sofort in die Maschine:
                       »(…)
    Frage:      Hast du denn nie einen Steifen gekriegt, wenn du dir die Puppe genommen hast?
    Antwort: Manchmal hab’ ich der ein Kabel um den Hals gemacht und die Puppe an dem Kabel aufgehängt. Das Kabel hab’ ich am Koffer festgemacht. Wenn die Puppe da so hing, hab’ ich einen Steifen gekriegt.
    Frage:      Warum?
    Antwort: Da hab’ ich mir vorgestellt, daß ich jetzt ein Mädchen aufgehängt hätte und die kaputtging. Dabei kriegte ich einen Steifen und habe dann einen gewichst, bis mir einer abging.
    Frage:      Welcher Gedanke hat dich denn mehr gereizt? Wenn du das Mädchen aufgehängt hättest oder wie es langsam kaputtgegangen wäre?
    Antwort: Wie es kaputtgegangen wäre.
    Frage:      Hast du das schon erlebt?
    Antwort: Ja.
    Frage:      Wo?
    Antwort: Wenn ich die erwürgt habe.
    Frage:      Wie war das denn?
    Antwort: Wenn ich zu Hause weggefahren bin und den Drang verspürt habe, dann wollte ich immer eine Frau haben. Wenn ich dann eine getroffen hab’, wurde das Kribbeln in der Brust immer stärker.
    Frage:      Hattest du denn da schon einen Steifen?
    Antwort: Nein. Die hatte ich doch erst immer gepackt und ins Gebüsch gezogen.
    Frage:      Wann kriegtest du denn einen Steifen?
    Antwort: Wenn ich den Hals zugedrückt habe. Da haben sie sich zuerst immer gewehrt. Manche haben mit den Händen gegen meine Arme geschlagen oder wollten mich wegstoßen. Das hat mich immer ganz aufgeregt und nervös gemacht. Da kriegte ich

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