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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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Spurenleger nicht auszuschließen.«
    Es ergaben sich weitere Verdachtsmomente gegen Karthaus. Er hatte seinen Wagen am 25. April, also nur einen Tag nach dem Verbrechen, vollständig gereinigt und seine Kleidung, die er am 24. April getragen hatte, in die Wäscherei gegeben. Warum das genau zu diesem Zeitpunkt erfolgt war, konnte Karthaus den Beamten nicht plausibel machen.
    Vollends überzeugt von der Schuld des Verdächtigen waren die Ermittler, als er in einer Vernehmungspause erklärte: »Was würden wohl meine Frau, meine Tochter, meine Verwandten und Arbeitskollegen sagen, wenn ich die Tat zugeben würde. Ich verliere dann doch meine Arbeitsstelle, und meine Familie käme in Not.«
    Das war kein Geständnis, auch kein Beweis, aber ein weiteres schwer wiegendes Indiz – auch wenn Karthaus später alles abstreiten würde. Der Staatsanwaltschaft genügte die »Beweislage«, sie ließ den Verdächtigen festnehmen. Am 5. Mai erließ das Amtsgericht Dinslaken einen Untersuchungshaftbefehl »wegen des dringenden Verdachts des Mordes zum Nachteil Ilona Dönges«. Der nach wie vor vehement seine Unschuld beteuernde »Beschuldigte« wurde eingesperrt. Die Nachricht von der »Aufklärung eines hässlichen Verbrechens« beruhigte die verängstigte Bevölkerung.
    Von alldem bekam er nichts mit. Beim Fernsehen und Radiohören begnügte er sich mit Musiksendungen, er las grundsätzlich keine Zeitung, es interessierte ihn nicht wirklich, was um ihn herum passierte. Mit Menschen in seiner Umgebung sprach er kaum, mit Fremden nur dann, wenn es sein musste. Mehr als ein kleinlautes »Morjen« oder »Tach« war ihm nicht zu entlocken, meistens sah er einfach weg, wenn ihm jemand begegnete. Er blieb lieber allein – und flüchtete sich regelmäßig in seine Tagträume.
    Ein Hochgefühl überkam ihn förmlich, wenn er sich ins Gedächtnis rief, wie er seine Hände um ihren Hals geschlungen und zugedrückt hatte. Er konnte nicht genau einschätzen, wie lange das Mädchen gelitten hatte. Aber dass es so gewesen war, daran bestand für ihn kein Zweifel: Der immer schwächer werdende Widerstand, der aussichtslose Kampf, das letzte Aufbäumen des Mädchens, all dies hatte er begierig beobachtet, und es hatte ihn maßlos erregt. Der Augenblick des Todes, als ihr Körper mit einem Mal zusammengesackt war, hatte ihn tief bewegt – vor allem seelisch. Nun hatte er einen Weg gefunden, um sich nicht nur körperlich zu befriedigen. Endlich!
    Aus dem Erlebten ergab sich für ihn eine zwingende Konsequenz. Er würde es wieder tun. Er wollte es. Er musste es.

19
                        
                       Monika Reimer war die älteste von drei Schwestern. Die Elfjährige wohnte in Wehofen, einem eher ländlichen Ortsteil der Kleinstadt Walsum, nahe Duisburg. Vater und Mutter waren berufstätig, er als Arbeiter in einem Abbruchunternehmen, sie putzte in einem Kaufhaus und in einer Arztpraxis.
    Monika war ein ernstes, stilles, fleißiges, folgsames Kind, das keinerlei Schwierigkeiten bereitete. Ihre Eltern konnten sich auf sie verlassen. Monika kümmerte sich auch um ihre Schwestern, wenn die Eltern berufsbedingt nicht zu Hause sein konnten. Äußerlich erschien sie noch sehr kindlich und erweckte keineswegs den Eindruck eines über elf Jahre alten Mädchens. Ihre schulterlangen mittelblonden Haare hatte sie stets zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
    Sie ging in die 6. Klasse der Lindenschule, einer Gemeinschaftsschule in Walsum. Auch dort gab sie sich still und zurückhaltend, die Lehrer schätzten sie als »problemlos«, obwohl ihre Leistungen bestenfalls mittelprächtig waren.
    Der etwa 1,7 Kilometer lange Schulweg führte von ihrer Wohnung über die Straße »Unter den Linden« durch die Schachtstraße, anschließend durch die belebte Holtener Straße, von dort aus unter einer Werksbahnunterführung hindurch über den »Schwarzen Weg« links an einem Kornfeld vorbei, sodann weiter durch die Hoeveler Straße und die Dr. -Hans-Böckler-Straße bis zur Schillerstraße. Dort war die Lindenschule.
    Monika war von ihren Eltern mehrfach eindringlich ermahnt worden, den »Schwarzen Weg«, einen mehrere hundert Meter langen unbefestigten schmalen Pfad, »niemals allein« zu benutzen. Als in der Presse über die Ermordung von Ilona Dönges berichtet worden war, hatten Monikas Eltern ihren Kindern gebetsmühlenartig eingeschärft: »Nicht von fremden Männern ansprechen lassen. Will einer was, sofort

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