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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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weglaufen. Keine Süßigkeiten annehmen. Niemals mit jemandem mitgehen.« Um ihre Kinder zu überzeugen, hatten sie ihnen sogar ein Bild der ermordeten Ilona Dönges gezeigt, dazu den Zeitungsartikel vorgelesen. Alle drei Mädchen hatten daraufhin die Anweisungen ihrer Eltern stets befolgt.
    Am 4. Juni 1962, es war ein Montag, machte sich Monika um 7 Uhr im Badezimmer für die Schule fertig. Ihre Eltern hatten das Haus bereits eine halbe Stunde vorher verlassen, wie üblich. Sie zog sich ihr neues rotes Kleid an und band ihre Haare zu einem Pferdeschwanz. Der Unterricht würde um 8 Uhr beginnen, ihre Schwestern mussten erst später los. Monika schmierte noch Butterbrote für sich und ihre Schwestern, um 7.30 Uhr verließ sie die Wohnung.
    Am späten Nachmittag rief Vera Reimer Monikas Klassenlehrerin an. Sie machte sich Sorgen, ihre Tochter war nicht nach Hause gekommen. Die Auskunft, die sie erhielt, war verblüffend und alarmierend. Monika sollte etwas Außergewöhnliches getan haben, etwas, das bis dahin nicht vorgekommen war, nicht ein einziges Mal: Sie hatte die Schule geschwänzt, war einfach nicht hingegangen – oder dort nicht angekommen.
    Vera Reimer telefonierte mit Verwandten, Freunden, Bekannten, Freundinnen und Mitschülerinnen ihrer Tochter, ihr Vater hörte sich in der Nachbarschaft um. Aber alle Bemühungen blieben fruchtlos. Niemand wollte das Mädchen gesehen haben, nirgendwo hatte sie sich gemeldet.
    Kurz nach 18 Uhr erschienen ihre besorgten Eltern in der Kriminalaußenstelle Walsum und meldeten Monika als vermisst. Noch am selben Abend und in den folgenden Tagen fanden groß angelegte Suchaktionen statt, insbesondere Monikas Schulweg und angrenzende Gebiete wurden mehrfach gründlich abgesucht, auch der »Schwarze Weg« und das dortige Kornfeld. Sträucher und Buschwerk wurden durchkämmt. Nichts, das Mädchen blieb unauffindbar.
    Zeitgleich sorgte ein weiteres Verbrechen an einem Mädchen für Schlagzeilen. Die Tragödie begann am 12. Juni 1962, dem ersten Werktag nach Pfingsten, in der Eichendorffstraße am südlichen Stadtrand von Neuss, einer Kleinstadt unweit von Düsseldorf. Dort spielte Manuela Hallich, in kurzer Entfernung zu ihrer elterlichen Wohnung. Eine Nachbarin sah die Fünfjährige und gab ihr einen Groschen, sie sollte sich dafür Süßigkeiten kaufen. 100 Meter weiter bekam sie für das Geld an einem Kiosk in der Hölderlinstraße einen Erdbeer-Lutscher. Minuten später wurde sie von einem Mann angesprochen: »Ich geh’ zur Kirmes. Willst’ mitkommen?« Sie nickte mit dem Kopf. In Neußerfurth, einem nördlichen Stadtteil von Neuss, war tatsächlich Kirmes. Diese Begegnung wurde von einem elfjährigen Jungen beobachtet, der sich in einem nur wenige Meter entfernten Hauseingang vor seinen anderen Spielkameraden versteckte. Er sah, wie der Mann das Mädchen mit den schulterlangen Zöpfen auf die Lenkstange seines Fahrrades setzte und in die Pedalen trat.
    Der Zufall wollte es so, dass die Nachbarin, die Manuela das Bonbongeld gegeben hatte, eben zu dieser Zeit mit ihrem Fahrrad heranfuhr, als der Unbekannte sich entfernte. Die 54-Jährige ahnte Schlimmes, rief dem Mann hinterher, nahm dann die Verfolgung auf. Doch sie musste bald aufgeben, kurz vor dem »Reuschenberger Busch« machte sie kehrt und alarmierte Manuelas Mutter. Die Frauen suchten anschließend das Waldgelände ab, vergeblich. Um 13.30 Uhr hetzte Regina Hallich zur Polizei.
    Innerhalb kürzester Zeit lief eine Großaktion an. Eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei Wuppertal, vier Gruppen der Verkehrsüberwachung der Landespolizei mit Porschewagen und Motorrädern, ein »Alarmzug« der Düsseldorfer Schutzpolizei, alle verfügbaren Schutzleute und Kripobeamten aus Neuss und Grevenbroich, aber auch die Neusser Feuerwehr suchten fieberhaft nach dem entführten Mädchen. Spätabends musste die Aktion erfolglos abgebrochen werden.
    Am nächsten Tag wurde die Suche gezielt fortgesetzt. Diesmal war auch ein Hubschrauber im Einsatz, dazu 20 Polizeihunde und mehr als 30 Düsseldorfer Kriminalbeamte. An die Anwohner der Eichendorff- und Hölderlinstraße wurden 1000 Handzettel verteilt. Alle Bürger, die am oder in der Nähe des Entführungsortes wohnten oder sich regelmäßig dort aufhielten, wurden befragt. Polizeistreifen durchsuchten Schrebergärten, Lauben, Heuschober, Strohmieten, Waldungen, Erdmulden. Das unübersichtliche Gelände, vor allem aber das hoch stehende Getreide erschwerte die

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