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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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gekommen. Es musste etwas passiert sein. Knapp 100 Meter vom Haus entfernt fand sie im Straßengraben einen braunen Karton mit diversen Magazinen und Heftchen, daneben Überreste verbrannten Papiers. Martha musste hier gewesen sein. Noch gestern Abend. Sie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, ihr Altpapier immer an dieser Stelle zu verbrennen. Allerdings musste sie von irgendetwas oder irgendjemand davon abgebracht worden sein. Hannelore Golz konnte sich den liegen gebliebenen Karton mit reichlich Papier nicht anders erklären. Jetzt wurde es höchste Zeit, die Polizei zu informieren.
    Eine Viertelstunde später hielt ein Funkstreifenwagen vor dem Haus. Hannelore Golz schilderte den Beamten, was sie bisher festgestellt hatte. Sie zeigte ihnen auch die Stelle, an der sie den Karton gefunden hatte. Dort ging es links in einen Waldweg hinein. Zunächst stieß Hannelore Golz nur fünf Meter weiter auf eine Brille. Kein Zweifel, sie gehörte Martha. Als die Beamten von der Fundstelle aus in die Schonung spähten, entdeckten sie am Rand des Grabens einen weiteren Hinweis: einen blauen und einen weißen Schlüpfer. Auch die mussten von Martha Höller stammen. Hannelore Golz wusste, dass Martha stets mehrere Schlüpfer übereinander trug. Die Beamten gingen noch ein Stück weiter und wurden auf einen frischen Trampelpfad aufmerksam, der tiefer in den Wald hineinführte. Sie folgten der Spur – und stießen nach etwa 50 Metern auf den Körper einer offenbar älteren Frau. Die Polizisten konnten kein Lebenszeichen mehr feststellen. Sekunden später eilte Hannelore Golz hinzu. »Oh mein Gott, Martha!«
    Um kurz nach 8 Uhr trafen Beamte des 1. Kriminalkommissariats ein, um den Leichenfundort zu untersuchen. Ihnen bot sich folgendes Bild: Der Tatort lag in einer von zwei Waldwegen umgrenzten Schonung. Der östliche Schotterweg bog im Wald nach rechts ab und verlief oberhalb des Fundortes der Leiche. An der Ecke des westlichen asphaltierten Weges, auf dem sich im Abstand von 50 Metern Masten mit Neonröhren befanden, lagen Rückstände von verbranntem Papier. Von der Stelle aus, wo Hannelore Golz die Brille entdeckt hatte, führte ein Trampelpfad ins Gebüsch. Hinter dem Graben lag ein Steckkamm des Opfers. 80 Zentimeter links von diesem Kamm wurden die beiden ineinander gesteckten Schlüpfer gefunden. Der äußere blaue war stark verschmutzt, der innere weiße hingegen unversehrt und sauber. Der Pfad führte dann in einer Breite von 60 bis 80 Zentimetern geradewegs zum Opfer.
    Die Leiche selbst lag genau 28 Meter vom Rand der Straße »Hardenbergufer« entfernt und 15 Meter vor dem oben vorbei führenden, ansteigenden Schotterweg zwischen vier großen Ahornbäumen. Der Oberkörper war teilweise mit Efeu, Brennnesseln und Holundergesträuch bedeckt, die Beine waren gespreizt. Der Kopf lag leicht nach rechts, die Arme befanden sich seitlich am Körper. Das rechte Bein war lang ausgestreckt, das linke nach oben angewinkelt. Am Kehlkopf stellten die Beamten beidseitig starke Rötungen fest.
    Ein weißes Unterhemd, ein blauer Unterrock und ein grüner Pullover waren bis zur Nabelhöhe hochgeschoben. Unter dem Kopf wurden die Zahnprothesen gefunden. Links neben der Leiche lagen in Kniehöhe ein grüner Wollrock und auf ihm eine angebrochene Schachtel Zigaretten der Marke »Reval«, überdies eine bunte Vorbindeschürze, darunter eine weiße Leibbinde sowie ein weiterer gefütterter Unterrock. Neben der rechten Hand des Leichnams fanden die Ermittler eine blau-rot gemusterte Kittelschürze, in deren Taschen sich ein Schlüsselbund, eine Brosche, zwei gebrauchte Streichholzschachteln, drei Taschentücher, eine Damenarmbanduhr und zwei weiße Knöpfe befanden. Am Fußende lagen zwei weitere ineinander gesteckte Wollschlüpfer, grün und grau, und ein verwaschener rosa Hüfthalter. Zwischen den gespreizten Oberschenkeln schließlich stieß man auf drei bis zur Hälfte abgebrannte Streichhölzer. Die Schambehaarung war teilweise angesengt. Etwa zwei Meter vor dem Leichnam wurde ein beigefarbener Hosenknopf mit 15 Millimeter Durchmesser gefunden, der genauso wenig vom Opfer stammen konnte wie die Packung Zigaretten.
    Zunächst wurde der Tatortbefund interpretiert. Die Kriminalisten vermuteten, dass Martha Höller vom Täter angesprochen worden war und dieser sie dazu gebracht hatte, mit ihm aus dem Bereich des Feuerscheins und der Straßenbeleuchtung zu gehen. Man hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass Täter und Opfer sich

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