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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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lebt irgendwer«. Sie wollte nicht nur die Bekanntschaft eines Mannes machen, sie wollte heiraten; endlich jemanden finden, der zu ihr passte, der ihren Vorstellungen entsprach, dem sie vertrauen konnte.
    Hannelore Golz, die alle nur »Hanni« riefen, hatte mit Männern schon so einiges erlebt, war sogar einmal verlobt gewesen. Aber der Kerl hatte sich nur sechs Wochen nach der Verlobungsfeier zur Fremdenlegion gemeldet – ohne sie zu fragen, ohne überhaupt mit ihr darüber zu reden. Zwei Monate später war eine Ansichtskarte gekommen, abgestempelt in Bordj Bou Arreridj, einer Stadt in Algerien. Das letzte Lebenszeichen. Sie hatte die Hoffnung mittlerweile aufgegeben.
    Die 36-Jährige begann zu lesen. Von allen Anzeigen überzeugte sie aber nur eine: » Suche für einen Verwandten (Witwer), 42 J., 179, gut aussehend, dunkelhaarig, geschäftstüchtig, sportlich, solide, seriöse Dame bis 45 J. zwecks späterer Heirat.« Sie notierte sich die Chiffre-Nummer, trennte die Anzeige sorgsam aus der Seite heraus und legte den Ausriss in einen blauen Heftordner. Nachdem sie die Zeitung ausgelesen hatte, begann sie mit der Hausarbeit.
    Seit zehn Jahren lebte sie mit ihrer Vermieterin und deren Sohn in einem Haus, idyllisch am Hardenbergufer des Baldeneysees in Essen. Hanni, als Waisenkind in einem Heim in Düsseldorf aufgewachsen, gehörte schon lange mit zur Familie. Martha Höller und ihr Sohn Klaus vertrauten ihr bedingungslos. Sie half nicht nur im Haushalt, sondern auch in dem kleinen Lebensmittelladen, den Martha Höller im Parterre des Hauses führte. Dafür wurde ihr ein Großteil der Miete erlassen. Nebenher arbeitete sie als Putzfrau.
    Nachdem Klaus Höller sich mittags verabschiedet hatte, der 22-jährige Student fuhr zum Camping nach Holland, half Hannelore Golz am Nachmittag im Geschäft aus. Das Sortiment musste aufgefüllt werden, für den Abend war ein Sommerfest des Segelclubs »Najade« angekündigt worden. Das Vereinsgelände lag schräg gegenüber, und es wurden mehrere hundert Personen erwartet. Zudem herrschte bestes Ausflugswetter. Die beiden Frauen spekulierten auf zahlreiche Badegäste, Wanderer, Spaziergänger und Nutzer der vielen Bootshäuser ringsum.
    Drei Wochen lang hatte er mit einer Rippenfellentzündung zugebracht, Fieber und heftige Schmerzen beim Atmen waren nun aber weitestgehend verschwunden. Der Appetit war wieder zurückgekehrt, er fühlte sich körperlich fit. Nur seine unmenschlichen Bedürfnisse beschäftigten ihn, die er notgedrungen hatte vernachlässigen müssen. Jetzt wollte er raus, jetzt musste etwas passieren.
    Als Jagdrevier wählte er das Naherholungsgebiet am Baldeneysee in Essen aus, insbesondere die dortigen Parks und Waldgebiete. Dort war er bereits mehrfach gewesen, und es hatte sich schon einmal gelohnt. Er wusste nicht mehr, wann genau es passiert war. Aber er konnte sich noch sehr gut an das junge Mädchen mit den dunklen kurzen Haaren erinnern, das ihm im Stadtwald begegnet war. Seine Stimmung hellte sich merklich auf, er war jetzt bereit. Es war Samstag, der 12. Juli 1969.
    Wie üblich nahm er die Straßenbahn und fuhr dann mit dem Zug vom Duisburger bis zum Essener Hauptbahnhof, den er um 12.48 Uhr erreichte. Dort studierte er den Fahrplan, merkte sich eine bestimmte Station und ging zum Fahrkartenschalter: »Nach Essen-Werden. Ruhrtalbrücke.« Um 13.15 Uhr bestieg er den Bus, 17 Minuten später erreichte er sein Ziel.
    Von der Bushaltestelle lief er zum nächsten Parkplatz, nahm dort einen Fußgängerweg, bis er an eine Brücke kam, die er nach rechts überquerte. Er bog dann nach links ab und blieb etwa anderthalb Kilometer auf einem Radweg. Plötzlich sah er in etwa 150 Meter Entfernung eine Radfahrerin auf sich zukommen. Offenbar ein junges Mädchen. Schulterlange Haare. Blond. ALLEIN. Er sicherte sich sofort nach allen Seiten. Es war sonst niemand zu sehen. Die schnapp’ ich mir! Es mochten jetzt nur noch 50 Meter sein. Er machte sich zum Angriff bereit. Sein Plan: Nach dem Weg fragen. Vom Rad holen. In die Büsche zerren. Er spürte die ungeheure Anspannung und jeden Muskel seines Körpers. Um sicherzugehen, drehte er sich nochmals um. Keine Gefahr.
    Er begann schräg auf sie zuzulaufen. Als das Mädchen etwa 20 Meter vor ihm nach links in einen kleinen Fußweg abbog, begann er zu rennen. Er spurtete hinter ihr her. Es sollte noch nicht vorbei sein, er hoffte, sie im Laufen vom Fahrrad stoßen zu können. Doch dann sah er in einiger Entfernung ein

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