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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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vorgestellt hat, wird man zu einem soziophoben Autisten. Bei meinen Freunden gehe ich schließlich auch immer wieder Kompromisse ein, oder finde ich es etwa toll, das Cora mir ständig absagt, weil ihr entscheidungsunwilliger Freund sich nach Tagen dann spontan doch dazu entschieden hat, mit ihr ins Kino zu gehen?
    Ich wollte mit Konrad gehen. Ins Kino, in den Zoo und kitschigerweise noch viel, viel weiter. Ob ich dafür einen Ring am Finger tragen musste, wusste ich immer noch nicht. Doch ich hatte in den letzten Tagen begriffen, dass man Geschichten, die ein Happy End mit Langzeitwirkung haben sollen, nicht wie einen Sommerflirt behandeln darf. Irgendwann muss man die federleichten, weil unbedeutenden Diskussionen um die Farbe der Kaffeetasse sein lassen, irgendwann muss man sich ein gemeinsames Sofa in einer gemeinsamen Wohnung kaufen, muss das Risiko eingehen, dass das Projekt scheitert und man ganz schrecklich viel verliert. Irgendwann kommt einfach jede Beziehung an den Punkt, wo sie keine kleinen Einsätze mehr machen darf. Mit Peanuts gewinnt man kein Turnier. Manchmal muss man eben die Hosen runterlassen. Und ich hatte meine Hosen im Anschlag, die Spielchips in der Tasche, bereit, all-in zu gehen. Jedenfalls fast. Den pinkfarbenen Fünfziger-Chip wollte ich behalten, nur so, für schlechte Zeiten– keine Heirat, aber Konrad, und von dem bitte sehr, sehr viel, mit Sahne, Kirsche und Karamelltopping obendrauf.
    Das ganze fragil von mir zusammengedachte Kartenhaus ruhte natürlich auf der Annahme, dass Konrad auch noch wollte. Das musste ich herausfinden, und zwar bevor mein Spielpartner die Sonnenbrille runterklappte und den Pokertisch verließ. Nur wie sollte ich das anstellen? Ich hatte es in den letzten zwei Wochen ja nicht einmal geschafft, ihm eine nichtssagende, eine trotzige, eine traurige oder eine wutentbrannte SMS zu schreiben. Selbst damals, als ich ihm hatte sagen wollen, dass ich ihn liebe, da hatte ich eine geschlagene Woche damit verbracht, über das Wie nachzudenken, anstatt das Was in die Tat umzusetzen.
    Mir musste etwas einfallen. Und zwar schnell. Heut mach ich mir kein Abendbrot, heut mach ich mir Gedanken.

Feste Feiern
    Sonntag, 16 . Oktober, um 16 : 41 Uhr
    Gestern am frühen Abend klingelt das Telefon. Konrads Vater und ich sitzen gerade auf der Couch und sehen eine Dokumentation über Albatrosse. Ich bin in meiner Überlegung, wie ich Konrad zurück auf die richtige Spur und in mein Leben bringen will, noch keinen Schritt weitergekommen. Vielleicht, und wahrscheinlich wahrscheinlich, habe ich aber auch nur Angst, dass er schon den Sonderzug nach Pankow genommen und mich wirklich verlassen hat.
    » Hi, ich bin’s«, flötet mir Mona entgegen, » ich wollte nur fragen, ob du daran denkst, die Bowle mitzubringen.«
    Mona. Bowle. Irgendwo in meinem Hirn klingelt es leise. Aber wirklich sehr leise.
    » Bowle?«, frage ich, den Umständen entsprechend leicht verunsichert.
    » Mann!«, flucht Mona. » Ich hab gewusst, dass du es vergisst!«
    » Was vergisst?«
    » Die Verlobungsfeier.«
    » Welche Verlobungsfeier?«
    » Na, meine!«
    Scheiße. Das habe ich ja komplett verdrängt.
    Wie eine Furie hechte ich vom Sofa und renne in den Flur, wo die Einladung auf der Anrichte liegt. Ja, da steht’s. So ein Mist. Und da ist auch der Zettel, den man auszufüllen hatte, auf dem steht, was man mitbringen will.
    » Habe ich wirklich gesagt, ich bringe Bowle mit?«, frage ich. Man kann’s ja mal versuchen.
    » Ja! Also, nein, Konrad hat das vorgeschlagen.«
    Konrad. Mein Herz. Mein Herz! Au weh.
    » Ja, aber Konrad ist nicht da, und deshalb…«
    Weiter komme ich nicht, weil Mona mich unterbricht. » …machst du die Bowle, richtig. Also los, runter vom Sofa, in einer Stunde geht’s los!«
    Ich sehe an mir hinab. O nein! Ich habe schon wieder den Schlafanzug an.
    » Reicht nicht auch ’ne Flasche Sekt?«
    » JULI !« Ein Wort, ein Anschiss.
    » Okay, okay. Ich komme. Aber…« Mein Blick fällt auf Konrads Vater. Den kann ich ja nicht einfach hier sitzen lassen? » Kann ich eine Begleitung mitbringen?«
    Schweigen am Ende der Leitung.
    » Na, das ging ja schnell«, sagt Mona kühl, dann legt sie auf.
    Ich knalle das Telefon auf die Anrichte und jogge ins Wohnzimmer. » Herr Paulsen, wir müssen uns beeilen«, sage ich. » Ich bin heute Abend auf einer Verlobungsfeier eingeladen, und Sie sind meine Begleitung.«
    Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. » Ich?«, krächzt er, dann sieht er

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