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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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ganze Zeit. Seit zwei Wochen liegt er bei uns auf der Couch und starrt sein Handy an.«
    Wirklich? Is ja toll. Konrad starrt sein Handy an? Das würde ja dann bedeuten… dass Konrad darauf wartete, dass jemand ihn anrief! Jemand? Ich etwa?
    Mein Herz flatterte einmal sehr heftig, kam aber ins Stolpern und fiel, der unsachgemäßen Nutzung wegen, der Länge nach auf die Fresse.
    » Warum ruft er dann nicht an?«, flüsterte ich.
    » Weil du seinen Antrag abgelehnt hast, meine Liebe.«
    » Seit wann duzen wir uns eigentlich?«, fragte ich, aber Günther bemerkte die Finte und fuchtelte meinen Einwand nonchalant mit der Hand beiseite.
    » Ich duze Juli schon immer«, warf Konrads Vater ein.
    » Ihr könnt das doch nicht einfach so hinschmeißen, das alles!«
    » Ihr?«, entfuhr es mir. Das war ja wohl die Höhe! » Ich hab doch gar nichts gemacht!«
    » Ja eben!«, rief Günther und schlug erbost mit der flachen Hand auf den Tisch.
    Tagalog erschien im Türspalt und funkelte Günther böse an, während sie Konrads Vater mit Missachtung strafte. » May problema, Miss?«, fragte sie in meine Richtung.
    » Nein, Tagalog, alles in Ordnung«, erwiderte ich, doch Günthers Wutzug war losgefahren und ließ sich nicht mehr bremsen.
    » Gar nichts ist in Ordnung! Mein Sohn sitzt seit Wochen deprimiert in meinem Haus herum und geht mir mit seinem Liebeskummer auf den Wecker! Und DU bist dafür verantwortlich!«
    Bei dem » DU « (und die Großbuchstaben hatte ich eindeutig gehört) zeigte sie mit ihrem dünnen Zeigefinger auf meine Brust.
    » Ich? Ich… ich…« Ja. Schon gut. Schnauze halten, wenn man nichts zu sagen hat.
    » Ja, du! Du musst einen Schritt auf ihn zugehen. Er ist verletzt, weil er denkt, du willst ihn nicht. Also reiß dich mal ein bisschen am Riemen! Wenn dir irgendwas an meinem Sohn liegt, dann musst du ihn davon abhalten, sich von dir zu entlieben.«
    Ent-lieben. Au weia. Das Wort tat weh, nicht nur beim ersten Hinhören, sondern auch beim Begreifen. Ent-lieben. Irgendwo in meinem Kopf wurde ätzende Säure verschüttet, die sich langsam über mein gebrochenes Rückgrat hinab bis in meine Eingeweide ausbreitete und dort alles zerfraß, was nach Weichteilen aussah. Ich starrte auf das verkrümelte Karomuster meiner Tischdecke.
    Herr Paulsen saß da, mit eingezogenen Schultern, fast so, als würde er den Anschiss kassieren und nicht ich. Den Tonfall musste er in- und auswendig kennen.
    » Leider konnte ich Konrad nicht überreden, mit mir hierherzukommen«, erklärte Günther. Ein bisschen froh war ich ja schon, denn ich hätte ungern derartig verwahrlost mit Konrad das längst überfällige Beziehungsgespräch geführt. » Und ich kann auch nicht bleiben, ich habe noch einen Frisörtermin.«
    Puh. Dann war ihre Ankündigung, sie werde hier nicht eher weggehen, bevor ich mir erklärte, was eigentlich los war, also nur heiße Luft gewesen.
    » Ich könnte ja bleiben.«
    Günther und ich sahen gleichzeitig und einigermaßen verdattert zur anderen Tischseite. Konrads Vater sah sich gerade mit wohlwollendem Blick in meiner Küche um.
    » Ich werde Juli den Kopf schon wieder geraderücken.«
    » Du?«, fauchte Günther. » Was willst du…« Doch weiter kam sie nicht.
    » Gudrun«, sagte Konrads Vater, und in dieses eine Wort legte er all die kümmerliche verbliebene Autorität, die Günther ihm noch gelassen hatte.
    Stille.
    Ich sah ein kleines Zucken, das Günthers Mundwinkel umspielte.
    » Also schön. Warum nicht? Schlimmer kann es ja nicht mehr werden.« Mit diesen Worten stand sie auf und ging hinaus in den Flur.
    Ich blieb fassungslos auf meinem Stuhl sitzen und glotzte ihr hinterher. Äh… hallo? Durfte ich vielleicht auch ein Wörtchen mitreden?
    Konrads Vater strahlte mich an. Günther rief noch aus dem Hausflur: » Macht keine Dummheiten!«
    Dann fiel die Tür ins Schloss.
    Konrads Vater zog mit einem schiefen Lächeln im Gesicht, das mir, wie mir der Stich in meinem Herzen verriet, nur allzu gut bekannt vorkam, seinen verbeulten Tabakbeutel aus der Innentasche. Tagalog, die sich in eine Ecke der Küche zurückgezogen hatte, nickte er freundlich zu. Normalerweise reagiert sie auf Fremde (Postboten, Besucher, Pizzabringdienste) immer wie eine Wildkatze in Gefangenschaft, diesmal aber grinste sie leicht debil zurück. Dann trat sie an die Spüle und setzte mein Werk an der Espressomaschine fort.
    Konrads Vater drehte in aller Seelenruhe zwei krumme Zigaretten. Schweigend reichte er mir eine davon, kramte

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