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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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niegelnagelneue Geburtstagskarte wegschmeißen, weil ich mich total blöd verschrieben habe. Gebutrstag. Da, schon wieder. Und ich schimpf mich Lektorin.
    Meine schriftliche Blockade scheint auf die Realität Einfluss zu nehmen. So ungern wie ich Geburtstage schreibe, so ungern feiere ich sie. Zumindest meine eigenen. Ich kann die Anrufe nicht leiden, die den ganzen Tag über eintrudeln und mich bei der Arbeit oder beim Nichtstun stören. Die Gespräche folgen immer exakt derselben Dramaturgie: Es wird schief gesungen, dann umständlich gratuliert, gefolgt von der obligatorischen Frage nach dem Wohlbefinden und ein paar Floskeleien. Dann das Versprechen, bald mal mit » mehr Zeit« anzurufen, und exakt ein Jahr später hört man sich wieder. Möp. Langweilig!
    Vielleicht hat meine Abneigung gegen meinen Geburtstag aber auch nur einen einzigen Grund: Ich habe am letzten Tag im Juni Geburtstag und daher seit frühester Kindheit als Zielscheibe schlechter Witze gedient.
    » Warum heißt du denn dann nicht Juni?«, fragte mich vor Kurzem auch Konrad.
    Ich zuckte mit den Schultern. » Weil meine Eltern so humorvolle Leute sind?«
    » Na«, bemerkte Konrad trocken, » dann haben wir ja alle Glück gehabt, dass du nicht im Oktober geboren bist.«

Juli
    Eindringlinge

Sklaventreiber
    Samstag, 2 . Juli, um 10 : 03 Uhr
    Ich werde mich NIE WIEDER über Geburtstage beschweren. Ich werde Menschen, die in Zukunft meine Nummer wählen, um mir zu gratulieren und ein atonales Ständchen zu bringen, hingebungsvoll danken, ich werde den gesamten Morgen über auf den Postboten warten und ihm ungeduldig all die liebevoll gestalteten Geburtstagsgrüße aus der Hand reißen, ich werde Torten backen und Kaffeekränzchen veranstalten, solange ich damit nur absolut und zu einhundert Prozent sichergehen kann, dass mir Konrad nie wieder etwas schenkt. Nicht in diesem Leben. Nicht im nächsten. Einfach NIE wieder.
    An meinem Ehrentag versammelten sich abends die Weiber plus Anhängsel in meiner Wohnung, Konrad schmiss verbotenerweise auf dem Balkon den Grill an, Mona warf mit verliebten Blicken um sich. Pätrick mit ä wurde in die Gemeinschaft eingeführt, und ich muss sagen, er machte sich nicht schlecht. Er artikulierte sich fehlerfrei, konnte mit dem Feuerzeug die Bierflasche öffnen und bot sich am Ende des Abends sogar für den Abwasch an. Ein Mann mit Format!
    Gute Manieren, Schnapsideen und genügend Sitzfleisch allein genügen bei uns aber noch nicht, um zur Clique dazuzugehören. In Ermangelung eines ultragemeinen Aufnahmerituals (und wohl auch, weil bei zweigeschlechtlichen Cliquen die einschlägigen Initiationspraktiken wie Kekswichsen ausfallen) wartet die Meute immer begierig darauf, dass dem Cliquenanwärter irgendwas Peinliches, Saukomisches oder Befremdliches passiert. Konrad hatte bei seiner Aufnahme Tines Freund den ganzen Abend über mit dem falschen Namen angesprochen, keiner hat ihn damals korrigiert, niemand hat ihm einen Wink gegeben, aber alle lachten, als Stefan irgendwann sagte: » Du, übrigens, ich heiße gar nicht Daniel.« Konrads Gesicht lief in einem hübschen Bordeaux an.
    Pätrick tat uns zum Glück den Gefallen und blamierte sich freiwillig und gleich zum Einstieg. Als er sich über den Tisch lehnte, um nach dem Brotkorb zu greifen, fiel ein Knopf seines Hemdes – ploing – einfach so in Coras Nudelsalat. Sie fischte ihn heraus und maulte: » Was für ’ne miese Qualität. Knöpfe sind auch nicht mehr das, was sie mal waren!«
    Pätrick wand sich. » Äh, nee, der Knopf war nicht das Problem…« Alle sahen ihn fragend an. » Ich glaub, das mit dem Ankleben war halt doch nicht so ’ne gute Idee.«
    Wir lachten herzlich über Pätrick mit ä, Daniel, der in Wahrheit Stefan heißt, schlug ihm auf die Schulter, Konrad lächelte mitleidig.
    Dann ging es zu den Geschenken. Die Mädels, allesamt über Konrads weihnachtliche Einfälle bestens informiert, drängelten sich vor. Mona garnierte das Ganze mit dem Kommentar: » Es muss ja eine dramaturgische Spannungskurve geben!«
    Konrad, der neben ihr stand, grinste. Verräterisches Pack!
    Von Mona und Pätrick bekam ich einen Gutschein für eine Rikscha-Fahrt am Main. Tine und Stefan schenkten mir ein sehr viel versprechendes Gesellschaftsspiel. Cora und ihr Freund Mario überreichten mir mit Tränen in den Augen einen Schokoladenbrunnen, den wir sofort einweihen wollten. Konrad hielt uns aber gerade noch rechtzeitig davon ab.
    » Darf ich um einen Moment

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