Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
Boxansagern aus, also mit ganz lang gezogenen Vokalen. Dann richtete er dramatisch eine Hand in Richtung Balkontür und trat ein Stück zur Seite. Im Schein des aus dem Wohnzimmer fallenden Lichts trat eine Frau in die Türöffnung.
Zuerst dachte ich, es wäre ein Kind, denn die Frau war sehr klein und zierlich. Doch als ich ihr ins Gesicht blickte, sah ich, dass sie mindestens schon fünfzig sein musste und eindeutig asiatischer Herkunft.
Die Frau lächelte mich freundlich an. » Magandang gabi«, sagte sie und nickte mir zu.
Ich starrte zu Konrad. » Gabi?«
Konrad lächelte. » Das ist Tagalog.«
Ich löste mich aus meiner Schockstarre, stand auf und reichte der kleinen Frau die Hand. » Hallo, Tagalog.«
» Nein«, rief Konrad, » die Sprache heißt so!«
» Ang pangalan ko ay Hoa«, sagte die kleine Frau und schüttelte weiter meine Hand. » Maligayang kaarawan.«
Konrad half aus. » Das ist Hoa. Sie kommt von den Philippinen.«
» Aha.«
Ich war überfordert. Warum brachte Konrad eine offensichtlich viel zu alte Austauschschülerin mit zu meinem Geburtstag? Die allem Anschein nach auch keine Silbe Deutsch sprach? Ich blickte verwirrt zu Konrad, dann zu den anderen, die Tagalog freundlich angrinsten.
» Und… äh… Was macht sie hier?«, erdreistete ich mich schließlich doch zu sagen.
» Ach so! Ja!«, antwortete Konrad und gab Tagalog ein Zeichen, ihre Jacke zu öffnen. Sie lächelte, dann begann sie, an dem Reißverschluss ihrer für die Jahreszeit ohnehin viel zu warmen Stoffjacke rumzunesteln.
Mona schrie auf. » Eine Stripperin!« Ich hatte den gleichen Gedanken, und mir blieb die Luft weg. Tines und Coras Gesichter überrollte das blanke Entsetzen, die Jungs blickten ein wenig pikiert, aber nicht desinteressiert. Konrad schritt ein, bevor der pöbelnde Mob Tagalog zu Boden reißen konnte.«Nein, Unsinn, wartet doch mal!« Mit einer Geste bat er Tagalog, die das Aufmachen des Reißverschlusses irritiert unterbrochen hatte, weiterzumachen. Sie zippte wieder und riss schließlich die Jacke auf. Sie trug ein weißes T-Shirt. Darauf, quer über ihrer Brust, stand: MASTERSLAVE .
Jetzt fingen die Jungs an zu lachen. Und zwar so richtig. Tagalog grinste. Offensichtlich hatte sie keine Ahnung, was auf ihrem T-Shirt stand.
» Konrad«, brüllte Mona über das chauvinistische Gewieher der Jungs, » wenn es das ist, was ich denke, zeig ich dich an!«
Konrad gluckste. » Wo bitte willst du mich denn anzeigen?«
Mona schüttelte wütend eine Faust gen Himmel und sah ein bisschen aus wie eine italienische Mamma. » Bei Amnesty International! Und bei der UNO ! Und bei der philippinischen Botschaft!«
Das genügte. Konrad brach in schallendes Gelächter aus.
Tine setzte sich seufzend neben Cora, die mit fassungslosem Gesicht Konrad anstarrte.
Nur Mona, meine letzte Bastion, legte sich ins Zeug und mit ihm an. » Das ist Sklaverei! Ihr Schweine!«
Pätrick, der alte Opportunist, hörte sofort auf zu lachen. » Mona, ist doch nur ein Witz.«
Konrad sprang ihm bei. » Ja! Jetzt seid mal nicht so. Das mit dem T-Shirt war doch nur ’ne Idee von mir, um das alles ein bisschen lustiger zu machen.«
Lustig. Aha. Na ja, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
» Heißt das jetzt, sie ist gar nicht mein Sklave?«, fragte ich, weil ich den Sinn von Konrads zweitem Geschenk noch weniger begriff als den des ersten.
» Sklave? Nein, Quatsch!«
So ganz langsam, aber sicher fing ich an, die Geduld zu verlieren. » Aber was macht sie dann hier?«
» Ach so!« Konrad griff sich an die Stirn. » Das hab ich ja noch gar nicht gesagt! Hoa ist unsere neue Putzfrau!«
Beim ersten Mal tat’s noch weh
Sonntag, 3 . Juli, um 16 : 24 Uhr
» Ist das nicht toll?« Konrad schnitt sein Brötchen demonstrativ neben dem Tisch auf. » Jetzt müssen wir nie wieder putzen.«
» Konrad, ich hatte kein Problem mit dem Putzen. Falls ich dich daran erinnern darf«, ich drohte ihm mit dem Kaffeelöffel, » DU bist derjenige, der hier so ein Chaos veranstaltet!«
» Noch besser«, jubelte er, » jetzt müssen wir uns auch nie wieder ums Putzen streiten!«
Männer! Ich war fassungslos. » Für wen ist dein Geschenk denn eigentlich, hä? Für dich oder für mich?«
Konrad klopfte sein Frühstücksei auf und setzte dabei einen sehr weltmännischen Blick auf. » Vielleicht sieht es auf den ersten Blick so aus, als hätte ich Hoa vor allem meinetwegen engagiert, aber das stimmt natürlich nicht.« Natürlich nicht! » Wenn
Weitere Kostenlose Bücher