Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
Vom Netzwerk:
oder dort gelassen und nie mit nach Hause genommen.
    Ausländerfeindliche Sprüche habe ich während dieser ganzen Jahre nur sehr selten gehört. Ich war ein Beispiel für eine Mustermann-Integration, sprach perfekt und akzentfrei Deutsch, wie meine Mitschüler immer wieder sagten, und konnte auf jeden dummen Spruch einen draufsetzen, da war immer schnell Ruhe. Im Gegenteil, ich hatte zusätzlich sogar den Migrantenbonus bei Mannschaften, die hauptsächlich mit türkischstämmigen Jugendlichen besetzt waren, deren Erkan-und-Stefan-Slang ich gut draufhatte. Ich hatte denselben dunkleren Teint und ihre tiefschwarze Haarfarbe. Diesen Bonus habe ich als Vermittler erfolgreich einsetzen können, wenn die Spiele zu ruppig wurden und eine unschöne Richtung zu nehmen drohten.
    Wir hatten mal ein sehr hartes Spiel gegen eine Mannschaft, die überwiegend mit Ausländern besetzt war. Nach mehreren gegenseitigen Fouls drohten sie unserem besten Stürmer Prügel an – und das war ernst zu nehmen. Plötzlich stand die Vorhut meiner Mannschaft zur Verstärkung der Nachhut nur noch hinten bei mir, mitten in der Verteidigung, und ich fragte den Stürmer, was er hier vorhabe, sein Platz wäre doch wohl vorne, vor dem gegnerischen Tor. Er sagte: »Nö, die haben mir Prügel angedroht – da habe ich keine Lust mehr.« Ich bin dann zum Kapitän der gegnerischen Mannschaft gegangen und habe ihn beiseite genommen und in ganz einfachen Worten gesagt: »Ey, Kollege, mach keinen Scheiß. Wir spielen hier Fußball. Auch hart. Um jeden Punkt. Aber geprügelt wird nicht. Lass uns wieder in die Augen schauen und Freunde sein.« Das Spiel über war dann Ruhe. Bis nach dem Spiel, da ging es weiter. Unser Stürmer wollte nicht in die Dusche, und ich habe gesagt, » Komm, das regeln wir schon. « . Ich bin dann vor und habe ein paar Späßchen gemacht, und gut war es. Ich versuche immer, das Spielerische im Vordergrund zu halten und Konflikte durch offene Ansprache im Keim zu ersticken, und meist geht das auch mit Offenheit und ein paar guten Worten. Ich hätte nicht gedacht, dass ich damit mal andere, schlechte Erfahrungen machen würde.
    Fußball besteht nicht nur aus Ausdauer und spielerischer Virtuosität, sondern zu einem guten Stück auch aus der Fähigkeit, Menschen und ihre Reaktionen richtig einzuschätzen, um ihre Züge zu durchkreuzen. Die Spieler sind oft unbarmherzig und jede Schwäche, die du zeigst, wird sofort ausgenutzt. Es geht also immer darum, keine Schwäche zu verraten – und mehr noch, dem Gegner umgekehrt klarzumachen, dass er selbst in der schwächeren Mannschaft spielt. Das führt zu ganz seltsamen Verhaltensweisen. Das fängt schon beim Warmmachen an. Du läufst die Linie rauf und runter, ohne den Gegner eines Blickes zu würdigen. Kein freundliches Grüßen. Nichts – dieses Ignorieren soll zeigen, dass man von sich so überzeugt ist, dass man gar nicht gucken muss, was der Gegner macht. Wer auf den Gegner starrt, hat verloren. Denn wenn du beim Warmlaufen siehst, dass der Stürmer mit der Nummer 10 megamäßige Spurts hinlegt, dann bekommst du Angst, dass der dich beim Kampf um den Ball lässig abhängen wird. Angst ist aber ganz schlecht im Spiel, weil sie schwächt und unsicher macht – und nicht stark. »Schaut da nicht hin, das habt ihr gar nicht nötig!«, hat unser Trainer immer gesagt. Also haben wir nicht hingeschaut. Ich würde diese ganzen lächerlichen Allüren als Schiedsrichter wieder sehen. Bei meinen Chefs.
    Fußball bot mir Lehrstunden in Psychologie und gab mir einen Ein blick in menschliche Verhaltensweisen. Und wie man sie zu seinen Guns ten nutzt. In den vielen Spielen eignete ich mir ein ganzes Arsenal von Tricks an, um den Gegner zu demoralisieren. Ich wollte, dass mir meine Gegner auf Augenhöhe begegnen, mich respektieren auf dem Platz. Schneller und cleverer zu sein als die anderen Spieler – das war immer mein Ziel. Vor allem das Psychologische an dieser Aufgabe fand ich interessant, das Manipulieren des Gegners. Das hat wirklich Spaß gemacht, den Schiri und meine Gegenspieler im Rahmen des noch Zulässigen auszutricksen. Ein fieser Spieler war ich nicht, sondern auf Fairness bedacht. Jemanden den Ellenbogen in die Nieren zu rammen, wenn der Schiedsrichter nicht hinschaut, das wäre mir nie eingefallen. Aber ich kannte natürlich auch die schmutzigen Tricks, was mir später als Schiedsrichter noch bestens helfen würde. Aber leider nur auf dem Spielfeld.
    In diesen vielen Spielen, an

Weitere Kostenlose Bücher