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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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eine unglaubliche Strecke, die kompromisslosen Einsatz erfordert und die nicht ohne Anpassung ans System zu meistern ist. Hier wird man rundgeschliffen, konditioniert, konfektioniert und passend gemacht – oder man steigt aus, bevor einen das System wieder ausspuckt.
    Alle Schiedsrichter im Profifußball sind durch die harte Schule der Bolz- und Fußballplätze in den verschiedenen Ligen aufgestiegen und kennen daher die Spielerseite sehr genau, ihre Tricks, wie man Zeit schindet, im Strafraum die Schwalbe macht und mit verdeckten Fouls überlegene Spielzüge der gegnerischen Mannschaft zerstört. Fußball ist rau, ein Kampf um Überlegenheit, in dem Stärke sehr viel und der Verlierer wirklich nichts zählt. Die Härte des Sports hinterlässt ihre Spuren auf dem Weg nach oben – bei vielen leider auch im Charakter.
    Die jahrelange Ochsentour und der damit verbundene Ausleseprozess durch die Ligen fördern Verhaltensmuster, die nicht immer zu einer ausgereiften Persönlichkeitsstruktur führen. Das Schwarz-Weiß-Denken, das nur Sieger oder Verlierer, Sieg oder Niederlage, stark oder schwach kennt, das Konkurrenzdenken und das Bestreben, immer den eigenen Vorteil zu suchen, um einem Gegner ja keine Chance zu geben, fehlendes Miteinander und fehlendes Teamdenken verankern in vielen im Spitzenbereich ein tiefes gegenseitiges Misstrauen und ein Denken in Revanchefouls. Freunde und Loyalität gibt es im System Schiedsrichter nur in vereinzelten Ausnahmen – aber dafür unzählige Intriganten, Gegner, die sich belauern, einem selbst schaden für einen geringen eigenen Vorteil, vor allem, wenn man zu viel von sich preisgibt und Schwächen verrät. Im System Schiedsrichter sind alle Konkurrenten, selbst die Topleute sagten das zuletzt. Wer nicht mithalten kann im Kampf um die ersten Plätze, wird gnadenlos weggedrängt. Ich habe noch nie so schnell so viele Feindschaften kommen und Freundschaften zerbrechen sehen wie im System Schiedsrichter. Das System Schiedsrichter hat offen einsehbare Strukturen – das sind die Regeln und Statuten – und es hat geheime, verwinkelte, verzwickte Codes, die nur die Eingeweihten kennen, die das System Bundesliga am Leben erhalten. Am Ende wirst du wie sie – oder du zerbrichst an dem Widerspruch, dass du nicht mehr so sein kannst, wie du sein musst, um im System Schiedsrichter an der Spitze zu bleiben.
    Ich war 18 und gerade zwei Jahre dabei, als die Presse zum ersten Mal schrieb, ich hätte das Zeug zum Bundesligaschiedsrichter. Mann, das war vielleicht ein Gefühl, meinen Namen in der Zeitung zu lesen! Das gab ungeheuren Auftrieb. Alle, die ich kannte, sprachen mich darauf an. Klopften mir auf die Schulter. Nickten anerkennend. Manche aus ehrlicher Anerkennung – andere etwas halbherziger, weil sie selbst gerne ihren Namen dort gelesen hätten. Mit offener Konkurrenz konnte ich umgehen. Mit verdeckten Intrigen nicht, das lehnte ich ab. Mir war wichtiger: Meine Talente wurden gesehen, ich erfuhr eine nicht gekannte Wertschätzung. Das war genau, was ich brauchte – dass jemand an mich glaubte, was meinen Ehrgeiz steigerte, alle Anstrengungen zu verdoppeln. Ich war mir sicher, ich würde mein Traumziel Bundesliga erreichen können, wenn ich entsprechend konzentriert meine Spiele leiten würde.
    Ab dieser Zeit war ich völlig fokussiert auf die Schiedsrichterei und hörte mit dem Vereinsfußball auf. Ich bekam den heute noch wirksamen Tunnelblick im Privaten, der sich erst auf dem Spielfeld wieder auf 360 Grad weitete. Auf dem Spielfeld sah ich alles, ahndete alles. Hart und rigoros. Protest gegen meine Entscheidung? Bam – die Gelbe. Noch mal mosern? Bam – die Rote! Ich wollte Respekt und bekam ihn. Ich war selbstsicher und strahlte das mit meiner körperlich straffen Vollstrecker-Haltung aus. Aber ich blieb fair und sah zu, dass die Erhaltung des Spielflusses im Vordergrund blieb. Privat war ich der andere Rafati. Ich ging auf alle Menschen mit offenen Armen zu und war immer enttäuscht, wenn das nicht erwidert wurde.
    In den ersten Jahren meiner Laufbahn erfuhr ich nur Bestätigung und immer häufiger hörte ich bis hoch in den DFB Sätze wie: »Boah, das wird mal einer … Ich habe den Rafati gesehen, der pfeift kometenhaft!« Man war auf mich aufmerksam geworden. Ich stieg immer weiter auf. Ende 2007 war ich schließlich wohl auf dem Höhepunkt: Ich wurde im Kicker zum Ende der Hinrunde nach acht Spielen mit einem Schnitt von 2,38 zum notenbesten Schiri ernannt, ohne einen

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