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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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sondern auch Humorist – was nicht anzunehmen war – oder er hielt es für eine gute Idee, die Mainzer Fans und mich regelmäßig gemeinsam in ein Stadion zu stecken. Mainz 05 schien mein Schicksal zu sein – schon bei meiner ersten Bundesligapartie am 6. August 2005 hatte ich 1. FC Köln gegen Mainz 05 gepfiffen. Und in der 88. Minute einen umstrittenen Elfmeter gepfiffen, der spielentscheidend war. So begann meine »Freundschaft« mit Mainz 05. Und Fandels Ansetzungspraxis sorgte stets dafür, dass mein inniges Verhältnis zu den Mainzern durch ständige Neuauflagen seine Grundwärme behielt. Bei den Fans gab es digitale Freudenfeuer im Internet, auf der Anti-Rafati-facebook-Seite glühte der »like it«-Button und in den Blogs versprachen sich die Fans wieder überraschende Spielentwicklungen durch Fehlentscheidungen à la Rafati. Ich wurde »sehnsüchtigst«erwartet. Von den Fans, von den Spielern – vom ganzen Verein. Und von Herbert Fandel und Hellmut Krug zumindest interessiert beäugt, die mich immer absichtlich oder zufällig wieder in diese Hölle schickten.
    Ich habe sie alle nicht enttäuscht. Es war wie ein Fluch. Wieder hatten die Assistenten jeweils eine unglückliche Entscheidung mit Torerzielung und Toraberkennung getroffen. In der 12. Minute wurde ein erzieltes Tor von Mainz fälschlicherweise wegen Abseits aberkannt, es wäre das 1:0 für Mainz gewesen, und in der 53.Minute wurde ein Tor für Mainz zum 1:1 anerkannt, obwohl der Mainzer Spieler vorher im Abseits stand. Gleich zwei falsche Torentscheidungen in einem unwichtigen Spiel – Mainz war nach einer sehr guten Saison vorzeitig für die Europa League qualifiziert und Schalke hatte den Klassenerhalt bereits gesichert –, bei dem es vordergründig nur noch um die »goldene Ananas« ging – hintergründig aber wohl um meine Ablösung aus der Bundesliga. Bei Mainz 05 gingen die Wogen wieder hoch. Was manche vielleicht erhofft hatten, war eingetroffen.
    Am nächsten Morgen gegen 11 Uhr, rief ich Fandel an zur Berichterstattung. Wir waren bei meinen Schwiegereltern zum Frühstücken eingeladen und ich ging nach draußen in mein Auto, damit ich ungestört war. Fandel gab sich am Telefon auf einmal ganz anders, nämlich fast schon beängstigend verständnisvoll. Ich hätte in dieser Saison »halt die Scheiße am Hacken«, meinte er großzügig. Dass ich keine Schuld an diesen Fehlentscheidungen hatte, sagte er allerdings nicht. Ich musste mir auch zum wiederholten Male anhören, dass dieses Geschäft Leute »verbrennt«, womit er recht behalten hatte. Ich wollte von Fandel Klarheit über meine Situation und fragte ihn, wie es für mich weitergehe. Fandel wich aus und sagte nur: »Fahr erst einmal in Urlaub, dann sehen wir schon.« Vielleicht war das sogar verständnisvoll gemeint, einem Menschen die Wahrheit zu sagen, tut einmal weh – einen Menschen in meiner emotionalen Ausnahmesituation aber im Unklaren zu lassen, ist aus dessen siche wie eine Folter.
    ■ ■ ■
    Dass Fandel mir einer Aussprache über meine Zukunft ausgewichen war, sollte sich als eine Art Zeitbombe erweisen. Warum meine Freundin Rouja und ich einen Urlaub in Dubai buchten, wo das Klima während der Sommermonate besonders heiß und schwül ist, kann ich mir heute nur so erklären, dass ich genau diese Wärme suchte, weil mir innerlich kalt war. Erst später kam ich darauf, dass auf der Dubai gegenüberliegenden Seite des Persischen Golf die zweite starke Wurzel meines Lebens liegt: der Iran. Vielleicht war es so, dass ich mich gerade jetzt instinktiv zurücksehnte, wo ich meine deutsche Heimat zu verlieren drohte. Man hatte mir immer deutlicher zu verstehen gegeben, dass mich der deutsche Fußball nicht mehr wollte und seine Funktionäre und Fans, die Medien, die ganze Gesellschaft mich ablehnten. Ich bin deutscher Staatsbürger, ich fühle und ich träume als Deutscher, aber vielleicht war meine Sehnsucht, von der Gesellschaft auch als ein Deutscher angenommen zu werden, doch nur ein Trugbild gewesen.
    Ich mobilisierte trotzdem noch einmal die verbliebenen Kräfte, um für die kommende Saison einen Neuanfang zu starten. Ich stellte ein hartes Trainingsprogramm zusammen. Ich ging abends früh ins Bett und stand sehr früh am Morgen wieder auf und trainierte. Die großen Hotels boten mit ihren großzügig klimatisierten und ausgestatteten Spas mit modernsten Geräten perfekte Trainingsmöglichkeiten. Durch richtige Ernährung erreichte ich eine erwünschte

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