Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
Vom Netzwerk:
am 14. Juli 2011 in Belgrad gegen eine Mannschaft aus Griechenland lief sehr gut, sodass ich von der UEFA 14 Tage später für ein weiteres Spiel nominiert wurde, was mich wirklich freute. Hier auf internationaler Ebene erfuhr ich die Anerkennung, die mir national verweigert wurde. Es war Balsam für meine Seele.
    Eine Woche später kam national die Ernüchterung, denn ich leitete zum Auftakt das Südderby in der zweiten Bundesliga, 1860 München gegen den Karlsruher SC. In diesem Spiel kam es zu einem Zweikampf vor dem Strafraum, der mehrere Entscheidungen zuließ: Weiterspielen, Stürmerfoul oder Foulspiel des Verteidigers und eine Rote Karte wegen der Notbremsenregelung. Wenn es dermaßen undurchsichtig ist, hieß die kluge Devise in der Praxis immer, das Spiel weiterlaufen zu lassen. Doch diese Entscheidung wurde mir von den Kommentatoren als Fehlentscheidung angekreidet. Meine Gegner würde das freuen, denn ein internationaler FIFA-Schiedsrichter, der in der nationalen Bundesliga kein Spiel ohne Fehlentscheidung pfeifen kann, ist nicht tragbar. Wieder riefen alle an, entweder um Fandels Reaktionen zu erfragen oder um mich zu motivieren. Ich las ihre SMS und hörte ihre Stimmen auf dem Anrufbeantworter ab, aber ich ging mittlerweile schon nicht mehr ans Telefon, denn ich hatte von dritter Seite gehört, dass es mehrere Anrufe der Kommission bei dem unabhängigen Beobachter gegeben hatte, um meine Benotung zu drücken.
    Es war ein Wechselbad der Gefühle zwischen meinen nationalen Einsätzen unter Fandel und meinen internationalen für die FIFA. Vier Tage später hatte ich ein tolles Spiel bekommen im Fußball-Mutterland England: Stoke City gegen Roter Stern Belgrad. Stoke hatte sich nach knapp 40-jähriger Abstinenz im internationalen Wettbewerb wieder für die europäische Bühne qualifiziert und das Stadion war restlos ausverkauft. Das Publikum war als eines der unfairsten gegenüber den Schiedsrichtern berüchtigt. Roter Stern Belgrad war bekannt für seine emotionalen Fans. Das Spiel lief hervorragend, sodass unser vierter Offizieller, ein sehr erfahrener Schiedsrichter in der Bundesliga, anerkennend sagte, dass ich nach der sehr guten Leistung weitere Spielansetzungen bekommen würde. Ich hatte in diesem Spiel nur eine Gelbe Karte ausgesprochen. Auch der offizielle Beobachter aus der Slowakei und die Schiedsrichterbetreuer aus England, die sich als ehemalige FIFA-Schiedsrichter im Geschäft gut auskannten, sagten nach dem Spiel anerkennend, dass sie mich wohl bald in der Champions League bewundern dürften. Mensch, was tat das gut! Ich merkte, wie süchtig ich plötzlich war nach Lob und Anerkennung. Im Ausland fühlte ich mich irgendwie immer wohl und meine Art der Spielleitung kam besser zur Geltung als in der Bundesliga. Lag das daran, dass ich im Ausland weniger auffiel? Denn da sah ja keiner »einheimisch« aus und man war es gewohnt, dass ausländische Schiedsrichter amtierten, die zudem noch hoch angesehen waren, wie in England zum Beispiel. Was ich nicht wusste: Dieses Spiel würde mein letztes sein als Schiedsrichter auf internationaler Ebene.
    ■ ■ ■
    Erfolge im Ausland und unklare Verhältnisse sowie das Gefühl, zu Hause nicht gewollt und abgeschrieben zu sein, das sind sehr zerstörerische Gefühle. Ich wusste langsam nicht mehr, was ich wie einordnen sollte. Nach zwei gelungenen, völlig fehlerfreien Spielen zum Saisonauftakt, Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach und TSG Hoffenheim gegen Werder Bremen, hatten viele den Eindruck, meine Krise sei überwunden und meine Karriere nehme langsam wieder Fahrt auf. Auch in den Medien war es ruhig geblieben. Das war sehr wichtig, denn Fandel und Krug hatten sich von der Meinung der Medien abhängig gemacht. Falls Fandel und Krug auf Fehler von mir zum Saisonauftakt gewartet oder gehofft hatten, dann war ihr »Plan«, wie ich es damals sah, nicht aufgegangen. Falls es so war, dann muss das die beiden beunruhigt haben. Schon bald verstzten sie mir den nächsten Schlag.
    Am 5. September war ich gerade auf dem Weg nach Moskau zum EM- Qualifikationsspiel Russland – Irland, als vierter Mann, Schiedsrichter war Dr. Felix Brych, als ich beim Check-in einen Anruf von Herbert Fandel bekam. Fandel dürfte gewusst haben, wo ich gerade war, die Flugpläne der DFB-Schiedsrichter waren für ihn kein Geheimnis. Fast schien mir, als wollte er mir so kurz vor dem Abflug noch etwas zum Nachdenken mit auf die Reise nach Moskau geben. Ohne große Einleitung

Weitere Kostenlose Bücher