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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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Wohnung und sahen schon beim Einparken, dass etwas nicht stimmte. Aus einem Wagen, der quer zur Einfahrt stand, sprangen zwei Männer und eilten auf sie zu. Die Männer wiesen sich mit ihrer Dienstmarke als Zivilbeamte der Kripo aus und fragten Rouja, ob sie die Lebensgefährtin von Babak Rafati sei, sie hätten ihr etwas mitzuteilen. Draußen vor der Haustür wollte man ihr jedoch keine Information geben. Rouja wusste sofort, dass etwas Fürchterliches passiert sein musste, und verlor im selben Moment den Boden unter den Füßen. Auf die Schultern der Mutter gestützt wurde Rouja in die Wohnung gebracht. Dort erfuhr sie die Wahrheit. »Ihr Mann hat versucht, sich das Leben zu nehmen.«
    Rouja erzählte später, dass das der schlimmste Moment ihres Lebens war, als die Kripobeamten ihr diese schreckliche Nachricht überbrachten und sie zusammenbrach. Noch heute kann die Erinnerung bei ihr Angst- und traumatische Zustände verursachen, vor allem, wenn plötzlich unbekannte Menschen an unserer Haustür klingeln. Es sind Erinnerungen, die sie bis in den Schlaf verfolgen. Dann hat sie Albträume, aus denen ich sie sanft wecken muss.
    Vorausgegangen war eine hektische Suche nach Rouja. Wegen ihres leeren Handyakkus hatten die Beamten vergeblich angerufen und jetzt warteten sie schon die ganze Zeit vor unserer Haustür. Zu Hause öffnete niemand, sodass die Einsatzzentrale schon überlegte, mithilfe der Feuerwehr in die Wohnung einzudringen. Die Polizei ging davon aus, dass Rouja die Nachricht durch die Medien erfahren haben könnte, vor Schreck vielleicht ohnmächtig sei und hilflos in der Wohnung liege – oder schlimmer noch: sich etwas antun könnte. Dass sie noch weit Schlimmeres in Erwägung zogen, sagten sie ihr nicht.
    Wenn ein Schiedsrichter sich so spektakulär vor einem Spiel das Leben zu nehmen versucht, dann scheint als Motiv so einer Verzweiflungstat alles möglich zu sein. Die Beamten fragten Rouja, ob es Anzeichen gegeben habe, ob sie etwas geahnt habe. Sie schüttelte nur den Kopf. Sie war in einem Zustand der Fassungslosigkeit, wo sie absolut nichts aufnehmen und nicht mehr sprechen konnte. Sie konnte nicht verstehen, was geschehen war. Jeder Erklärungsversuch lief ins Leere. Meine Tat kam für sie tatsächlich aus heiterem Himmel. Ich hatte meine Rolle gut gespielt und vor ihr verborgen gehalten, wie groß meine Selbstzweifel inzwischen geworden waren. Ich wusste zudem ja selbst bis zu jener Nacht nicht, wie schnell mich dieser Zustand in Lebensgefahr bringen würde. Rouja machte mir in diesen Sekunden keine Vorwürfe, nur später sich selbst: »Warum habe ich das nicht verhindern bzw. bemerken können? Was habe ich falsch gemacht?«
    Rouja hörte zwar, was die Beamten noch berichteten – aber es drang nichts mehr zu ihr. Später erzählte sie, sie sei in diesem Moment völlig leer und verzweifelt gewesen. Ihre einzige Sorge war: »Lebt er?« Zu diesem Zeitpunkt konnten ihr die Beamten noch nicht einmal sagen, in welchem Zustand ich war, sie wussten nur, dass ich auf der Intensivstation eines Kölner Krankenhauses lag. Erst zehn lange Minuten später kam der erlösende Anruf aus dem Lagezentrum, dass ich außer Lebensgefahr sei. Rouja begann hemmungslos zu weinen. Ihre dringendste Frage war beantwortet worden. Ich war am Leben.
    ■ ■ ■
    Rouja sprang auf und wollte so schnell wie möglich zu mir nach Köln ins Krankenhaus. Die Beamten rieten dringend ab, in ihrem Schockzustand sei es absolut verboten, mit dem Auto zu fahren, und baten Roujas Mutter, sie keine Sekunde aus den Augen zu lassen. Die Beamten boten an, sie zum Bahnhof zu fahren. Rouja wusste aber, dass es mit dem Zug Ewigkeiten dauern würde und dass sie mit dem Auto viel schneller sein würden. Als die Beamten gingen schaute sie dem Wagen aus dem Küchenfenster nach, um sich im nächsten Augenblick den Autoschlüssel zu schnappen. Sie fürchtete, die Beamten hätten vielleicht meinen Zustand bewusst verharmlost, damit sie sich keine Sorgen machte. Sie wollte sofort nach Köln. Ihre Mutter versuchte sie abzuhalten, da sie voller Sorge war, dass es Rouja in ihrem aufgelösten Zustand nicht schaffen würde, die 300 Kilometer nach Köln zu fahren, was zum ersten Mal seit Jahren zu einem heftigen Streit zwischen Mutter und Tochter führte. Ihre Mutter bestand darauf, sie zu begleiten. Als sie in den Wagen einstiegen, bat sie ihre Tochter, kurz innezuhalten, sich erst zu beruhigen, denn beide waren am Weinen wegen der großen Ungewissheit.

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