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Ich schenk dir was von Tiffany's

Ich schenk dir was von Tiffany's

Titel: Ich schenk dir was von Tiffany's Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
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Jetzt bist du dran. Das ist gerecht.»
    «Also gut, ich füge mich dem Wunsch der Damen.» Er brachte eine alberne Verbeugung zustande, in der Hoffnung, die peinliche Situation etwas zu entschärfen und wieder Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Aber Daisy war verständlicherweise gereizt, und es mochte Einbildung sein, aber Vanessa sah aus, als wüsste sie, dass hier etwas falschlief. Er setzte sich auf den Fußboden und lehnte sich gegen das Fußende der Chaiselongue.
    «Hier.» Ethan meinte, etwas Gekünsteltes in Vanessas Stimme zu hören, als sie nun unter das Bäumchen griff. Er nahm eine längliche Schachtel entgegen. Auch ihr Lächeln kam ihm unecht vor. Sie nahm ihre inzwischen kalt gewordene Schokolade von einem Tischchen und wandte den Blick ab, während sie einen großen Schluck trank.
    Ethan verspürte den Drang, erneut etwas Tiefsinniges darüber zu sagen, wie besonders dieses Weihnachten war, aber als er den Mund öffnete, erschien ihm das alles unsinnig.
    «Wolltest du etwas sagen?», fragte Vanessa.
    «Nein, nein …», antwortete er. Mit ganz untypischer Bedächtigkeit zog er die Klebestreifen vom Papier ab.
    «Beeil dich ein bisschen, Daddy», drängte Daisy ihn, indem sie näher rutschte.
    «Mach ich ja schon.» Er öffnete die Schachtel, und ein erleichtertes Lächeln – diesmal ein echtes! – breitete sich auf seinem Gesicht aus. «Ach, das passt ja perfekt! Seht ihr – zwei Seelen, ein Gedanke.» Aufatmend nahm er ein silbernes Armband aus der Schachtel. Es bestand aus miteinander verbundenen Rechtecken und sah antik und sehr männlich aus. Was für ein Zufall!
    «Ich habe auch etwas eingravieren lassen», sagte Vanessa begeistert.
    «Ja?» Ethans erster Gedanke war, ob das Bettelarmband vielleicht auch eine Gravur aufwies. In diesem Fall würde er zumindest einen Hinweis erhalten, wo es eigentlich herkam. Dann las er die Worte, die ganz fein in die einzelnen Glieder seines neuen Armbandes eingraviert waren, und das Herz wurde ihm schwer:
    Sich keine Illusionen zu machen
    und dennoch zu lieben –
    «Vanessa …» Er brachte es kaum fertig, ihr in die Augen zu sehen. «Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Danke schön.» Er beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie sanft auf den Mundwinkel.
    Das Zitat stammte aus
Wiedersehen in Howards End
, dem Roman von E. M. Forster, den Vanessa sehr liebte und den sie fast auswendig kannte. Bei einem Streit in der Anfangsphase ihrer Beziehung hatte sie Ethan erklärt, diese Worte erinnerten sie an ihn, weil er sich so häufig Illusionen hingab, dass er darüber manchmal das wirkliche Leben vergaß. Seitdem waren sie zu einer Art stehender Redewendung zwischen ihnen geworden – zu einer jener treffenden Anspielungen, die zwei Menschen daran erinnerten, welchen Weg sie schon zurückgelegt hatten, die aber auch ganz unbeabsichtigt den Dämonen der Vergangenheit wieder Leben einhauchten. Beide verwendeten das Zitat dann und wann, beim Essen, beim Wein oder bei Gesprächen über die Zukunft. Immer war es Teil eines liebevollen und vertrauten Dialogs gewesen. Heute Morgen jedoch erschien es Ethan eher wie ein unbeabsichtigter Schlag ins Gesicht. Die arme Vanessa, sie konnte ja nicht wissen, dass er gerade heute eine wichtige Entscheidung für das wirkliche Leben treffen wollte.
    «Was steht denn da, Daddy?», fragte Daisy.
    «Äh, da steht, dass ich jetzt gleich das Geschenk von meiner lieben Tochter auspacke!», neckte er sie und kitzelte ihre nackte Fußsohle. Daisy lachte laut auf und zog den Fuß weg.
    «Also, hier ist es.» Stolz streckte sie ihm das Päckchen hin. «Ich hab es ganz allein eingepackt, in der Schule.»
    «In der Schule?», hakte Vanessa nach.
    «Ja, ich hab es auf dem Weihnachtsbasar der Schule gekauft.»
    Vanessa streichelte Daisy den Arm. «Ich wäre doch auch mit dir einkaufen gegangen, Schätzelchen.»
    Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf. «Nein, ist schon okay. Ich wollte es lieber so machen.»
    «Aber es heißt trotzdem: Danke, Vanessa», erinnerte Ethan seine Tochter an die guten Manieren.
    «Ja, danke, Vanessa», echote Daisy frech.
    Das Geschenk von seiner Tochter packte Ethan deutlich schneller und erwartungsvoller aus als das vorherige.
    «Es ist ein Buch, in dem nichts drinsteht!», verkündete Daisy, nachdem er mehrere Lagen Geschenkpapier entfernt hatte.
    «Ja, das sehe ich wohl», sagte Ethan etwas verwirrt.
    «Damit du selbst was reinschreiben kannst, du Dummer – du sagst doch immer, dass du selbst

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