Ich schenk dir was von Tiffany's
seine kleine Künstlerin nicht bei der Arbeit zu stören, setzte Ethan sich auf den Bettrand. Er ließ den Blick über die Momente wandern, die für seine Tochter eine besondere Bedeutung gehabt hatten. Auf einem Bild saß sie neben ihm im Flugzeug, auf einem anderen war die Freiheitsstatue zu sehen, ein drittes zeigte Vater und Tochter offenbar auf der Fifth Avenue. Außerdem erkannte er die Aussicht auf den Central Park vom Hotel aus und die Weihnachtsbeleuchtung auf der Park Avenue. Dann kam ein Bild, auf dem er sich um Knowles kümmerte, gleich nach dem Unfall.
«Das ist eine deiner liebsten Erinnerungen?», fragte Ethan erstaunt und hob das Blatt hoch.
Daisy nickte. «Ja, Dad, weil alle gesagt haben, dass wir beide an dem Tag Helden waren.»
Ethan lächelte schwach. «Ja, das waren wir wohl.» Dann fiel sein Blick auf ein Bild, auf dem drei lächelnde Menschen an einem Tisch saßen und Chocolate-Chip-Cookies aßen. Zuerst dachte er, es sei eine Darstellung von Daisy, Vanessa und ihm, aber dann fiel ihm auf, dass Vanessas Haarfarbe nicht stimmte.
Er runzelte die Stirn.
«Was ist?» Daisy schaute auf. «Findest du meine Bilder nicht schön?»
«Doch, sie sind sehr schön. Ist Vanessa auch irgendwo drauf?»
«Ja, hier.» Daisy deutete auf ein Bild mit drei Menschen, die um einen Weihnachtsbaum saßen. Ja, da war Vanessa, allerdings halb hinter ihm versteckt.
«Ach ja, jetzt sehe ich sie», sagte er. Ihm entging nicht, dass Daisy Rachel von vorn gemalt hatte, in der Mitte des Bildes, strahlend und lächelnd, während Vanessa quasi mit dem Hintergrund verschmolz. «Hattest du eine schöne Zeit in New York, Zuckermaus?»
«Ja, sehr.» Daisy seufzte und schüttelte den Kopf. «Das hast du mich doch schon so oft gefragt, Dad.»
«Ich weiß. Es ist einfach nicht so gelaufen, wie wir erwartet hatten, oder? Ich muss immer noch den Ring zurückholen und Vanessa fragen, ob sie mich heiraten will. Du bist doch weiterhin damit einverstanden, oder?»
Daisy nickte. «Ja, klar. Ich glaube allerdings, dass Vanessa in New York keine richtig schöne Zeit hatte. Aber vielleicht wird das hier ja anders.»
Ethan verzog das Gesicht. Vanessas Distanziertheit war also nicht nur ein Produkt seiner Phantasie, sondern auch Daisy war sie aufgefallen. «Es ging ein bisschen drunter und drüber auf unserer Reise, oder?»
«Ja.» Daisy hielt inne und schaute ihn an. «Dad, war es für dich eigentlich schön? Ich meine, wenn du ein Bild von deiner liebsten Erinnerung malen solltest, was würdest du dann malen?»
«Hm …» Ethan war sprachlos und konnte einen Moment lang nicht denken. Dann lachte er leise. «Ich glaube, dann würde ich malen, wie ich dich an unserem letzten Abend mit M&Ms vollgestopft habe. Komm, gib mir mal ein Stück Papier und einen von deinen Buntstiften.»
Daisy kicherte vergnügt. Als Ethan mit seiner Darstellung ihres Schokoladenfestmahls fertig war, rannte sie in die Küche und platzierte sie mitten auf die Kühlschranktür. Einige ihrer eigenen Bilder folgten. Wenn es nach Ethan ging, sollten sie dort bleiben, bis sie vergilbten und die Ränder einrissen.
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Kapitel 13
«Ich sag’s dir doch, ich weiß nicht, wie das passiert ist», brummte Gary. Er zog gerade die letzte Mutter an einer neuen Benzinleitung fest, die er gerade in sein Motorrad eingebaut hatte.
Er war froh, dass er wieder zu Hause war, mit einem Schraubenschlüssel in der Hand und einem Bier neben sich auf dem Garagenboden. Wegen seiner Rippenprellungen war ihm der Flug über den Atlantik furchtbar lang geworden, aber immerhin nicht so lang wie diese verdammten Tage im Krankenhaus. Achselzuckend sah er seinen Freund Sean an. «Manchmal muss man einfach bluffen, wenn man sieht, welche Karten man in der Hand hat. Dann sollte man schön das Pokerface aufbehalten.»
«Na, es hat mich echt umgehauen, als du meintest, sie hätte dich an der Angel. Aber wie die Dinge liegen, kannst du ja wohl gar nichts dagegen machen.» Sean lachte schallend. «Und mit Rachel hast du es gut getroffen. Du wirst nie hungern müssen, und dann jede Nacht diese Lady im Bett …» Er grinste und hob seine Bierdose an den Mund. «Na ja, einer von uns musste ja mal in den sauren Apfel beißen. Verdient hast du es zwar nicht, aber das sieht mir ganz nach einem Hauptgewinn aus.»
Gary und Sean waren seit über dreißig Jahren eng befreundet. Sie waren im selben Stadtteil von Dublin aufgewachsen und hatten von Anfang an die Begeisterung für
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