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Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Titel: Ich schenk mir taeglich rote Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
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Schnellkasse von jemand überholen lassen, der zwölf Posten gekauft hatte, und ich hatte nicht protestiert. Ich hatte nicht gelernt, mein Leben zu beherrschen, ich hatte nur eine vorübergehende Anwandlung von Unabhängigkeit gehabt. Ich sagte mir, wenn ich mich wahrhaft liebte, könne ich tun, was ich wollte.
    Jeden Abend vor dem Schlafgehen tat ich das, was Doktor Emitz einem riet. Ich stellte mich vor den Spiegel und sagte: »Ich liebe dich.« Mein Mann rief dann jedesmal dazwischen:
    »Das sagst du jetzt, aber wirst du morgen früh noch Achtung vor dir haben?« Als ich mich eines Morgen um eine Tasse Kaffee bat und mir erwiderte: »Geh und hol sie dir selber«, kam Mayva dazu und fragte: »Hältst du schon wieder Selbstgespräche?«
    »Wieso wieder ?«
    »Du tust es schon seit Monaten. Du gehst nicht mehr aus. Du lädst niemanden mehr ein.
    Du hast keine Freundinnen. Niemand ruft dich an. Du rennst immer nur im Haus herum und murmelst: »Ich bin okay, was man von euch anderen nicht unbedingt behaupten kann«. Und dabei ist kein Mensch in der Nähe.«
    »Mayva«, seufzte ich, »in den letzten Monaten habe ich so viel über mich erfahren. Durch Selbstanalyse und psychologisches Einfühlungsvermögen habe ich entdeckt, daß ich im Grunde ein langweiliger Mensch bin.« Sie versuchte, mir in die Rede zu fallen. »Ich meine es ernst.
    Neulich abends habe ich mir eine amüsante Geschichte erzählt, über die ich schon hundertmal gelacht habe und habe mich mittendrin unterbrochen und gefragt: ›Was gibt’s im Fernsehen?‹«
    Mayva legte ihre Hand auf die meine. »Wenn man immerzu über sich nachdenkt, wird man sich natürlich langweilig. Das nennt man ›Auch-ich-und-nur-ich-Syndrom«. Begreifst du denn nicht: Nach sich selbst Ausschau halten, das ist wie Reste von gestern. Es war mal in, und jetzt ist es out. Kein Mensch macht das mehr. Heutzutage heißt das Stichwort: Einsatz. Jeder setzt sich heute für irgend etwas ein. Hör dich doch mal um, wenn du in Gesellschaft bist. Jeder hat ein Anliegen, ein Vorhaben, ein Ziel, etwas, woran er glaubt und für das er kämpft. Heute heißt es: sich einbeziehen lassen!«
    »Du willst mich nur veräppeln«, sagte ich. »Wenn sich die Dinge so verändert hätten, wüßte ich es.«
    »Du hast zu isoliert gelebt«, sagte Mayva, »darum hast du es nicht so mitgekriegt. Du mußt aus dem Haus und wieder am Leben teilnehmen, Leute sprechen, ausgehen, etwas unternehmen.
    Schau, wenn deine beste Freundin es dir nicht sagt, wer soll es denn sonst tun: du bist ichbezogen und eigenbrötlerisch.«
    Ich schaute in den Spiegel und wartete, daß meine allerbeste Freundin der letzten Monate sich dazu äußerte.
    Da wurde mir blitzartig klar: so sehr liebte ich mich nun auch nicht!

Jeder ist sich selbst der Nächste

    Ich fehlte mir sehr. Als ich noch meine beste Freundin war, brauchte ich mich nie umzuziehen, auszugehen oder einen ganzen Abend lang dazusitzen und jemand zuzuhören. Ich brauchte tagtäglich nur aufzustehen und meine Gefühlstemperatur zu messen. Liebte ich mich heute mehr als gestern? Beherrschte ich tatsächlich mein Leben? Brachte ich es über mich, weitere vier Wochen die kleine Handwäsche ungewaschen liegen zu lassen? Von dieser Phase, die Fachleute als Auch-ich-und-erst-mal-ich bezeichnen, hatte ich schon gehört. In sie geriet, wer zu viele Lebensbewältigungsbücher las und davon mit der Zeit ulkig geworden war. Sollte auch ich vielleicht zu ichbetont geworden sein? Zu sehr auf mich konzentriert?
    Falls dem so war, mußte ich intensiver am Tagesgeschehen teilnehmen. Bestimmt ließ sich für mich ein Anliegen finden, das mir zusagte. Das beste Mittel war, eine Party zu geben. Ich würde mir einige Dutzend Freunde einladen und im Lauf des Abends würde ein Projekt, eine gute Sache auftauchen, die mein Interesse weckte. Darauf – und von mir weg – konnte ich dann meine Kräfte lenken.
    Beim Aufstellen der Gästeliste mußte ich an die gute alte Zeit denken, als man einfach ein paar Freunde einlud, circa 100 Kilo Nahrungsmittel auf den Tisch knallte, Alkohol bereitstellte und das Weitere abwartete. Das war alles anders geworden.
    Wenn wir John einluden, mußten wir noch drei weitere Raucher einladen, mit denen er sich gegen den Rest der Gäste zu einer Schutz-und Trutzgemeinschaft zusammentun konnte.
    Stella trank nur Wodka. Zwölf der Eingeladenen »derzeit nur Weißwein«, die übrigen schwenkten scheinheilig ein Glas Selterswasser mit einem Schuß Zitrone darin.

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