Ich schenk mir taeglich rote Rosen
durchgegangen. Dabei könnte sie seine Mutter sein. Es ist erschütternd, wenn eine Frau in ihren Jahren sich noch so vergißt. Für ihn mag es ja den Weg aus der Poststelle bedeuten, aber … na ja!« Wir schwiegen. Sie wühlte in ihrer Handtasche nach dem Lippenstift.
»Ich habe auch eine schwere Woche hinter mir«, sagte ich. »Ich hab’ die Reste im Kühlschrank nach Farben geordnet.«
Das mußte man Stella lassen: Sie hatte die Kurve gekriegt, und zwar mit Eleganz. Doch sie war eine Ausnahme. Die meisten anderen meiner Freundinnen verfügten nicht über einen so tollen Rahmen. Die eine arbeitete in der Cafeteria einer Schule, eine andere verteilte gratis Würstchenproben im Supermarkt, wieder eine andere mäkelte Grundstücke, und Kathy war Mädchen für alles in einer Firma für Wärmedämmung.
Kathy sah ich selten. Sie lebte nach Stundenplan. Sogar ihre Kopfschmerzen waren genau eingeteilt. Sie verließ das Haus um sieben Uhr früh, kam um halb fünf wieder und ließ nie die Sonne über dem unaufgeräumten Haushalt untergehen.
Kathy hatte sich sehr verändert. Als ich sie kennenlernte, war sie, was die Organisation betraf, wahrscheinlich die allerschlechteste Hausfrau der Welt. Immer gingen ihr die wichtigsten Haushaltsartikel aus: Fleisch, Milch, Zahnpasta.
Ihr Benzinstandsanzeiger stand immer auf Null, und sie kriegte ihre Kinder nie dann, wenn sie fällig waren. Sie war der einzige Fall einer 12monatigen Schwangerschaft in der Geschichte der Gynäkologie. Ihre Rückkehr in die Arbeitswelt überraschte uns. Es passierte eines Nachmittags, als sie vom Kieferchirurgen heimkam. Sie besprach das Problem mit ihrem Mann.
Beide fanden, bei seinem Gehalt könne er unmöglich zwei Unterbißregulierungen finanzieren.
Wir telefonierten gelegentlich. (Sie meldete sich immer mit ›Brunwilder’s
Wärmedämmung &. Co. Kathy am Apparat‹.) Bei ihr gewesen war ich jedoch seit ihrer Rückkehr ins Berufsleben nicht mehr. Ihr jetziges Haus kannte ich nicht.
Gleich an der Innenseite der Haustür war ein großer Spiegel, und daran stak ein Schild FÜR GERADE ZÄHNE MUSS MAN OPFER BRINGEN. Das ganze Dekor war im
Memorandum-Stil gehalten. Vor lauter daranklebenden Anweisungen sah man kaum noch den Kühlschrank.
1) Alles mal herhören: Wenn man auf dem Bodenbelag nur noch in Synkopen gehen kann, weil er so klebt, muß er gewischt werden.
2) Es gibt keine blauen Nahrungsmittel. Wenn etwas im Kühlschrank blau aussieht, bedeutet das Lebensgefahr.
3) Tischdecken gilt nicht als Kindesmißhandlung.
4) Wer eine ganze Dose Thunfisch Pikant als Imbiß zu sich nimmt, muß die finanziellen Konsequenzen tragen.
5) Angestellte Heizung und offenstehende Kühlschranktür vertragen sich nicht.
6) Wer ein Glas aus einem der Schlafzimmer in die Küche trägt, handelt gemäß dem Sprichwort: Ein kleiner Schritt für den einzelnen ist oft ein großer Schritt für die gesamte Menschheit.
7) Heute ist ein neuer Tag. Werft irgend etwas von dem weg, was noch auf dem Küchentisch steht.
8) Was der Hund macht, ist Familienangelegenheit und geht alle an. Putz es auch dann weg, wenn du es nicht siehst.
Das war keineswegs alles. In der Waschküche hingen weitere Anweisungen.
1) Du stehst in der Waschküche.
2) Hier wäscht, trocknet und bügelt man Kleider.
3) Kleine Wäsche, die länger als zehn Jahre herumliegt, wird verkauft.
4) Spaghetti in der Waschmaschine lassen sich bis zum Urheber zurückverfolgen.
5) Braune Pünktchen auf Wäschestücken, die nach naßem Stinktier riechen, bitte sofort behandeln.
6) Socken bitte immer zu Paaren treiben. Farbe, Art und Größe sind unwesentlich.
7) Turnkleidung bitte nicht ausschütteln, sonst geht der Rauchalarm los. Bitte gleich in die Waschmaschine.
8) Wenn es im Raum zu kühl ist und ihr euch aufwärmen wollt, bitte NICHT das Bügeleisen auf .Baumwolle« stellen.
9) Ein einzelnes Paar Jeans heißt im Waschmaschinendeutsch: BITTE SPARTASTE.
10) Kleidungsstücke haben keine Füße, können weder hüpfen noch wandern. Man muß sie eigenhändig in die jeweiligen Schlafzimmer tragen.
Im Badezimmer stand:
1) In diesem Bad sind die Handtücher gelb. Wiederhole: gelb. Nehmen sie irgendeine andere Farbe an, sofort in den nächsten Wäschekorb werfen.
2) Ein Wort zur Schwerkraft. Eine umgefallene Shampoo-Flasche ohne Verschluß wird sich nach und nach in den Abfluß ergießen. Nur weil darin ca. 35 Pfund Haare sind, brauchen sie trotzdem nicht mit Shampoo gewaschen zu werden.
3) Toilette
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