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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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bekanntlich ist Hunger der beste
Koch. Das Essen hätte Flora in einem Gourmettempel (oder einem
Steakhaus) nicht besser schmecken können. Sie schaufelte alles
innerhalb von einer Minute in sich hinein.
    Anton sah ihr sprachlos dabei zu. Er selbst rührte seinen
Teller nicht an. Bevor er solchen Fraß zu sich nahm, mussten schon
härtere Zeiten kommen.
    Inzwischen war dem Wirt auch aufgefallen, dass er den Saft und
das Wasser vergessen hatte. Er brachte beides, und Flora stellte fest,
dass ihr Durst beinahe genauso groß gewesen war wie ihr Hunger. Sie
kippte ihr Wasser binnen weniger Sekunden herunter und starrte dann auf
ihren Bauch.
    Anton betrachtete sie besorgt. »Fehlt Ihnen was?«
    Flora schüttelte den Kopf. Sie legte eine Hand vor den Mund
und die andere auf den Bauch.
    Anton nippte vorsichtig an seinem Saft. »Haben Sie wirklich
nichts?«
    »M-m«, machte Flora. Natürlich hatte sie doch etwas. Nämlich
das ungeheure Bedürfnis, zu rülpsen.
    »Sie kriegen doch nicht etwa jetzt Wehen?«
    Flora öffnete den Mund, um Nein zu sagen,
und das erwies sich als kapitaler Fehler. Der Rülpser war draußen,
bevor sie ihn zurückhalten konnte. Es klang wie das heisere Röhren der
Besessenen im Exorzist. Zwar ohne Erbsensuppe, dafür aber doppelt so
laut.
    Die drei Männer hielten einen Moment mit ihrem Kartendreschen
inne und starrten herüber.
    »Prosit!«, rief einer.
    Flora tat so, als meinte er jemand anderen.
    Anton hielt sich seine Brotscheibe vor das Gesicht.
    »Entschuldigung«, flüsterte Flora. »Ich hoffe, ich habe Ihnen
nicht den Appetit verdorben!«
    »Schon gut«, murmelte Anton durch die Brotscheibe. »Ich hab
sowieso keinen Hunger.«
    »Darf ich was von Ihrem Rührei essen?«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an. Aber das Brot brauch ich
selber.«
    »Halten Sie sich doch nicht immer so dämlich das Gesicht zu«,
sagte Flora. »Das wirkt total verkrampft und verdächtig. Seien Sie doch
einfach Sie selbst. Locker und natürlich.«
    »Ich bin ich selbst. Nämlich total
verkrampft und verdächtig.«
    Das war noch milde ausgedrückt. Er war am
Ende, ausgebootet, niedergeschmettert, restlos erledigt. Jeder Versuch,
aus diesem Schlamassel herauszukommen, würde zwangsläufig mit
Untersuchungshaft enden. Er wusste, wie diese Dinge gehandhabt wurden.
Als Anwalt konnte er von Justitia keine Vorzugsbehandlung und schon gar
keine Gnade erwarten. Mit schwarzen Schafen aus den eigenen Reihen
verfuhr die Dame mit dem Schwert und der Waage nicht milder als mit
x-beliebigen anderen Gaunern. Im Gegenteil. Wagte einer ihrer Jünger,
das makellose Gewand der Rechtspflege zu beflecken, wurde das sofort
mit unnachgiebiger Härte geahndet.
    Auch wenn Anton dies nicht schmeckte – an der U-Haft
führte kein Weg vorbei. Alle Zutaten für dieses schwer verdauliche Mahl
standen bereit. Ausreichender Tatverdacht, Fluchtgefahr in Anbetracht
der Schwere der angeblichen Tat und des spurlosen Verschwindens der
Beute, ferner mit Xavier ein standhafter Belastungszeuge (jetzt war
auch klar, warum!) und, last but not least, in Gestalt von Kleff ein
Ermittler, der an Unerbittlichkeit, Verbissenheit und Rachsucht wohl
kaum zu überbieten war.
    Die Frau hatte Antons Teller ebenso blank geputzt wie ihren
eigenen. Sie schien wunschlos zufrieden zu sein. Anton hatte inzwischen
die These entwickelt, dass er wie eine Art Magnet fungierte, solange er
mit dieser Person zusammenblieb, so wie Pol und Gegenpol: Sie strahlte
mit aller Kraft Unglück aus, und er zog es mit aller Kraft auf sich. So
lange, bis es ihr prächtig ging und ihm beschissen.
    Der Wirt kam herangeschlurft. »Hiersderkaffee.«
    Die braune Brühe schwappte beim Abstellen des Tabletts auf die
ohnehin schon schmierigen Untertassen. Anton bezahlte rasch Essen und
Getränke; wer wusste, wann es dem guten Mann das nächste Mal einfiel,
sich an ihren Tisch zu bequemen. Dann probierte er den Kaffee, ein
lauwarmes Instantgesöff, das nicht angetan war, seine Laune zu beleben.
Anton nippte nur einmal davon und ließ die Tasse dann stehen.
    »Wie viel krieg ich dafür?«, wollte seine Tischgenossin
unvermittelt wissen.
    »Wofür?«
    »Für den Banküberfall.«
    »Sie meinen, welche Strafe?«
    »Genau. Und für den Wurf mit der Flasche.«
    Toll, dachte Anton. Jetzt will sie auch noch kostenlose
Rechtsberatung!
    »Den Wurf mit der Flasche lassen wir weg«, sagte Anton. »Er
hat keine Anzeige erstattet, oder? So, wie er im Fernsehen geredet hat,
kommt von dieser Seite nichts mehr. Wozu also

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