Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
Dinge aufrühren, die
niemanden interessieren? Nein, keine Körperverletzung. Räuberische
Erpressung und Geiselnahme reichen vollkommen.«
    Erst recht, dachte Anton, wenn man berücksichtigte, dass diese
Dinge nicht ihr, sondern ihm vorgeworfen wurden!
    »Aber die Waffe war doch gar nicht echt«, protestierte Flora.
»Und Geld hab ich auch keins gekriegt!«
    »Na schön. Nehmen wir mal an, das Gericht stuft das Ganze als
minder schweren Fall ein. Bleiben trotzdem zwei bis drei Jahre.«
    Flora spie einen Bissen von dem Brot aus (Antons Brot, das
irgendwie in ihre Finger geraten war) und hustete. Anton klopfte ihr
vorsichtig auf den Rücken. »Es sei denn«, sagte er eilig, »Sie haben
einen guten Strafverteidiger.«
    »Wen denn?«
    »Mich zum Beispiel.« Er sagte es wie aus der Pistole
geschossen, ohne nachzudenken. Am liebsten hätte er sich die Zunge
abgebissen, aber jetzt war es zu spät. Es war heraus. Er hatte es
gesagt.
    »Das würden Sie für mich tun?«
    »Äh … Na ja … Warum nicht?«
    »Das ist … das ist wirklich unheimlich nett von
Ihnen«, sagte Flora bewegt. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!
Ich bin Ihnen wahnsinnig dankbar, dass Sie mein Anwalt sein wollen!«
Eifrig beugte sie sich näher. »Welche Taktik werden Sie anwenden?«
    Anton wurde amtlich. »Ich würde den besten Gutachter
beauftragen, der für Geld zu bekommen ist, und gestützt auf die Meinung
dieses Experten Strafmilderung aufgrund physischer und psychischer
Beeinträchtigungen beantragen. Als da wären: hormoneller
Ausnahmezustand aufgrund der Schwangerschaft, dazu körperliche Schwäche
infolge Hunger, ja sogar die unausweichliche Realität einer insgesamt
bedrohten Existenz …«
    Floras Augen blitzten bewundernd. »Sie drücken sich sehr
gewählt aus, wissen Sie das? Richtig geschliffen. Geradezu filigran,
jedenfalls, wenn Sie Wert darauf legen. Ich glaube, Sie sind wirklich
ein äußerst fähiger, begabter Anwalt!«
    »Danke«, sagte Anton geschmeichelt.
    »Keine Ursache.«
    Flora tat Anton (so nannte sie ihn bei sich, seit er sich
erboten hatte, ihr Anwalt zu sein) insgeheim Abbitte. Sie schien ihn
tatsächlich in mancherlei Hinsicht verkannt zu haben. Er war kein
überheblicher Pharisäer, sondern einfach nur großmütig. Nicht Eitelkeit
strahlte er aus, sondern natürliche, gepflegte Männlichkeit. Er war
kein neureicher Großkotz, sondern einfach nur gut bei Kasse. Er konnte
ja nichts dafür, dass er überdurchschnittlich bezahlt wurde. Und
außerdem verdiente er es, Sozius zu werden. Er war schließlich ein Ass
in seinem Beruf.
    »Meinen Sie, ich könnte mildernde Umstände kriegen, weil ich
Heiner fünf Minuten vor dem Banküberfall mit 'ner anderen auf dem Sofa
erwischt habe?«
    »Aha. Das war also der Grund für den Wurf mit der
Terpentinflasche. Nun, wenn das so ist, würde ich auf Freispruch
plädieren und vielleicht sogar damit durchkommen. Das heißt«, schwächte
Anton ab, »ich könnte auf jeden Fall Bewährung für Sie rausholen. Mit
ein bisschen Glück können Sie als freie Frau den Gerichtssaal
verlassen.« Damit hatte er sich selbst ein Stichwort gegeben, das ihn
an seine eigene Misere erinnerte. »Aber das ist ja alles nur rein
hypothetisch. Wie es momentan aussieht, bin ich sowieso für alle Zeiten
als Anwalt erledigt.«
    Er schob sein Saftglas von sich und versank in brütendes
Schweigen.
    Als sie wenig später das Lokal verließen,
regnete es immer noch. Flora zog fröstelnd die Schultern zusammen. Sie
hatte keinen Schirm, keinen Mantel, kein Geld, keine Bleibe. Im Moment
hatte sie nichts außer einem Anwalt. Und der steckte selbst bis über
die Ohren in Schwierigkeiten. Ihretwegen. Warum hatte sie auch in der
Bank so überreagieren müssen? Welcher Teufel hatte sie geritten, dass
sie unbedingt so hatte tun müssen, als sei er ihr Komplize?
    »Es tut mir ehrlich und von Herzen Leid, dass ich …«
fing sie an. Dann schrie sie erschrocken auf. Ein Pulk von hektisch
durcheinanderbrüllenden Mafia-Schergen preschte durch den strömenden
Regen auf sie zu, sie hielten Panzerfäuste in den Händen, und das
Mündungsfeuer ihrer Handfeuerwaffen blendete Flora …
    Nein, Blödsinn, sie verwechselte die Story aus ihrem Buch mit
der Wirklichkeit. Sie war nicht ihre Heldin Florinda, die schwer
bewaffneten Gangstern auf offener Straße ein Schnippchen schlug,
sondern eine stümperhafte Bankräuberin, die alles verkehrt machte.
    Die Panzerfaust war ein Mikrofon, das Mündungsfeuer war
Blitzlicht, die

Weitere Kostenlose Bücher