Ich schnapp' mir einen Mann
juckte, dort hinzulangen und es
zurückzudrücken.
»Hundertpro«, sagte Ziggy. »Das muss er dann natürlich auch
rausrücken.«
»Das wäre …« – Flora fühlte sich ganz
schwach vor Dankbarkeit – »… das wäre wirklich wundervoll von
Ihnen … Und was ist der Anreiz für Herrn Xavier, den Sie
vorhin erwähnten?«
Ziggy dachte nach. »Da gibt's verschiedene Methoden.«
»Welche zum Beispiel?«, wollte Flora interessiert wissen.
»Berufsgeheimnis. Das entscheide ich, wenn's akut ist.« Das
Auge ruckte wie wild nach vorn. »Auf jeden Fall kriegt der Bank-Arsch
von mir die Garantie, dass er niemals in den Knast muss.« Er kicherte
wie über einen hervorragenden Witz, dann wandte er sich zu den beiden
Sonnenbrillen-Typen um. »He, ihr zwei Arschgesichter! Ihr macht der
jungen Mutti Angst! Merkt ihr das nicht? Fuck! Verpisst euch!«
Flora verfolgte schockiert, wie Ziggy seitlich an seinen
Hosenbund griff, eine großkalibrige Pistole zum Vorschein brachte, auf
die beiden Typen anlegte und losballerte.
Flora duckte sich instinktiv. Geschosse pfiffen durch die Luft
an ihr vorbei – wenigstens benutzte er einen
Schalldämpfer – und bohrten Krater in die gegenüberliegende
Wand. Die beiden Männer entfernten sich ohne Anzeichen von Hast durch
die Tür, und jetzt sah Flora, dass die Wand förmlich übersät war von
zahllosen alten und neuen Löchern. Es schien eine Art Sport von Ziggy
zu sein, auf seine Angestellten zu schießen.
Sie wagte kaum, sich wieder aufzurichten. Ziggy glubschte sie
wohlwollend an. »Wie finden Sie mein Büro?«
»Äh … toll«, brachte sie mühsam heraus.
»Ich wohne hier«, erklärte er. »Oben hab ich noch Schlafzimmer
und Salon und so.«
Flora deutete mit stummem Nicken ihre Begeisterung an.
Er deutete auf den Löwen. »Hab ich selber abgeknallt, das
Biest.«
»Toll!«, flüsterte Flora.
Ziggy fummelte an dem Sessel herum. »Den hier auch. Überhaupt
jedes einzelne verrückte Teil hier drin.« Er trat gegen einen der
Stoßzähne, und sein wild bewegliches Auge folgte voller Jägerstolz der
Strecke von Fellen an den Wänden.
Flora schob sich verstohlen die Hand ins Kreuz und holte
schnaufend Luft durch die Nase.
Als sie nach Beendigung ihrer Atemübungen
und der Unterhaltung mit Zacharias Ziegler das Wilde Weib in Richtung
Bushaltestelle verließ, spürte sie zu ihrem Ärger bereits die nagenden
kleinen Zähne des Zweifels. Ob sie wirklich das Richtige getan hatte?
Ziggy hatte in seiner Art durchaus kompetent gewirkt, doch mitunter
schien er ein wenig übers Ziel hinauszuschießen, im wahrsten Sinne des
Wortes. Aber welche Alternative blieb ihr denn? Selbst zu Xavier
marschieren und ihn unter Tränen anzuflehen, doch bitte, bitte der
Polizei die Wahrheit zu sagen und das Geld rauszurücken? Der würde sich
doch totlachen! Er hatte nicht den geringsten Grund, sich auf diese
Weise ans Messer zu liefern. Wozu auch? Es ging ihm doch prächtig. Er
musste einfach nur so weitermachen wie bisher. Sich das Geld in die
Unterhose stopfen und glücklich leben bis ans Ende seiner Tage.
Wie auf dem Hinweg hielt Flora den Blick starr vor sich aufs
Trottoir gerichtet, um nicht mehr von ihrer Umgebung wahrnehmen zu
müssen als nötig. Daher entging ihr auch, dass jemand, der sie gut
kannte, in diesem Moment in nicht allzu weiter Entfernung aus einem
anderen verrufenen Etablissement auf die Straße heraustrat, sich den
Schlips festzurrte, eine stark geschminkte Dame küsste und über die
Schulter winkend den Weg zu seinem Wagen antrat.
Kriminalhauptkommissar Alwin Kleff, der die vergangenen
Stunden halb beruflich, halb privat in dieser Gegend zu tun gehabt
hatte, erkannte mit geschultem Auge sofort, dass dort drüben jemand
unterwegs war, der hier nichts verloren hatte. Seine Blicke huschten
von Flora hinüber zum Wilden Weib und wieder zurück zu Flora, und
nachdem er die entsprechenden Zusammenhänge hergestellt hatte, zögerte
er keine Sekunde, umgehend zu Fuß die Verfolgung aufzunehmen. Seit
Tagen widmete er diesem Fall weit mehr Zeit und Aufmerksamkeit, als er
normalerweise für vergleichbare Delikte aufbrachte, weshalb er
inzwischen auch bestens über die Frau informiert war – doch
der allerletzte Ort, an dem er sie zu sehen erwartet hatte, war Ziggys
Puff!
Dass sie sich hier in Ziggys Revier herumtrieb, passte nicht
recht in das Bild, das er während seiner Nachforschungen von ihr
gewonnen hatte. Er hatte sie eher so eingeschätzt, dass sie allein
agierte, höchstens
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