Ich schreib dir morgen wieder
hatte.«
»Fotoalbum?« Sie legte den Kopf schief, runzelte die Stirn, und ihr Gesicht sah wieder völlig verwirrt aus.
»Ja, ich hab es vorhin entdeckt, ehe der Bücherbus gekommen ist. Hoffentlich stört es dich nicht, ich wollte es mir nur mal anschauen, aber jetzt ist es …« Ich streckte die Hände in die Luft und lachte. »Wie vom Erdboden verschluckt.«
Aber Rosaleen schüttelte ernst den Kopf. »Nein, Kind.« Dann sah sie sich um und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Kein Wort mehr darüber.«
In diesem Moment wanderte Arthur herein, in der Hand die Zeitung. Er musterte uns fragend.
»Ich kümmere mich dann mal ums Essen. Heute gibt es Lammkarree«, erklärte Rosaleen leise und sichtlich nervös.
Arthur nickte und sah ihr nach, während sie in die Küche verschwand.
Als ich seinen Gesichtsausdruck bemerkte, hatte ich keine Lust mehr, ihn nach dem Album zu fragen. Dafür gingen mir eine Menge Gedanken über Arthur durch den Kopf.
Später am Abend hörte ich gedämpfte Stimmen aus dem Schlafzimmer – mal lauter, mal leiser. Ich war nicht sicher, ob es ein Streit war oder nicht, aber es klang irgendwie anders als die Unterhaltungen, die Rosaleen und Arthur sonst führten. Es war ein richtiges Gespräch, nicht ein Hin und Her von Bemerkungen. Und ganz offensichtlich wollten sie verhindern, dass ich etwas davon mitkriegte. So fest ich mein Ohr auch an die Wand drückte, konnte ich kein Wort verstehen. Dann wurde es plötzlich still, und während ich mich noch nach dem Grund fragte, wurde meine Schlafzimmertür aufgerissen, und Arthur streckte den Kopf herein.
»Arthur!«, rief ich und wich, so schnell ich konnte, von der Wand zurück. »Könntest du bitte anklopfen? Schließlich habe ich auch eine Privatsphäre.«
Obwohl er mich gerade beim Lauschen erwischt hatte, ging er nicht weiter darauf ein, was ich ziemlich anständig von ihm fand.
»Möchtest du, dass ich dich morgen nach Dublin fahre?«, brummte er nur.
»Wie bitte?«
»Wenn du möchtest, bringe ich dich morgen zu deiner Freundin nach Dublin.«
Ich war so begeistert, dass ich einen Freudentanz vollführte, mich ans Telefon hängte und sofort Zoey anrief. Nach dem Grund für meinen plötzlichen Rausschmiss zu fragen, vergaß ich völlig. Ich glaube, es war mir egal. Und so kam es dann, dass ich bei Zoey übernachtete. Doch obwohl ich erst zwei Nächte im Torhaus verbracht hatte, fühlte es sich schon irgendwie seltsam an, nach Dublin zurückzukommen. Wir gingen zu unserer üblichen Stelle am Strand, direkt neben unserem Haus. Aber unser Haus sah auf einmal ganz anders aus, was mir ganz und gar nicht gefiel. Es fühlte sich auch anders an, was mir noch weniger gefiel. Neben dem Eingangstor stand ein Schild mit der Aufschrift »Zu verkaufen«. Wenn ich hinsah, spürte ich, wie die Wut in mir hochstieg und mein Herz wild zu pochen begann, und ich hätte am liebsten laut geschrien. Also schaute ich lieber nicht hin. Zoey und Laura beäugten mich wie einen Alien, der von einem fernen Planeten hier gelandet war, und wahrscheinlich dachten sie, dass ein fremdes Wesen von ihrer besten Freundin Besitz ergriffen und sich in ihrem Körper breitgemacht hatte. An allem, was ich sagte, nörgelten sie herum, alles wurde analysiert und falsch ausgelegt.
Sensibel wie zwei Backsteine gerieten sie beim Anblick des »Zu Verkaufen«-Schilds in helle Begeisterung. Zoey faselte etwas davon, wir sollten einbrechen und den Nachmittag dort verbringen – genau das, was ich mir wünschte. Laura war ein wenig einfühlsamer, und als Zoey uns den Rücken zuwandte, zum Tor ging und die Lage checkte, sah sie mich etwas unsicher an. Aber als ich keinen Widerspruch einlegte, hakte sie nicht weiter nach. Zoeys Einfälle waren oft reichlich daneben.
Ich weiß nicht, wie ich es schaffte, aber es gelang mir schließlich doch, die Begeisterung der beiden zu dämpfen und ihnen ihren Plan auszureden. Statt in das Haus einzubrechen, in dem mein Vater sich umgebracht hatte, betranken wir uns und machten uns ausgiebig über Arthur und Rosaleen und ihre bescheuerten Dorfsitten lustig. Dann erzählte ich Zoey und Laura – nein, ich erzählte es ihnen nicht nur, ich offenbarte es ihnen –, wie ich Marcus und den Bücherbus kennengelernt hatte. Sie lachten sich schief, denn sie fanden die Geschichte einfach nur krass und die Vorstellung einer mobilen Bücherei das Lächerlichste und Langweiligste, was ihnen je untergekommen war. Es war ja schlimm genug, ein Zimmer voller
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