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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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mir eingeschärft, immer Teekleider zu tragen. Meine Mutter hat mir verboten, jemals jemandem ihr Apfelkuchenrezept zu verraten. Meine Mutter hat mir gesagt, man soll keinen Spaß am Sex haben. Aber es kam nichts. Ihre Mutter. Aha. Ihre Mutter wohnte gegenüber.
    »Warum hast du mir nie was davon gesagt?«
    Rosaleen machte ein verlegenes Gesicht. »Ach, weißt du …«
    »Nein, ich weiß nichts. Ist sie dir irgendwie peinlich? Ich fand meine Eltern früher öfter mal peinlich.«
    »Nein, sie ist … sie ist alt.«
    »Alte Leute sind doch süß. Kann ich sie mal kennenlernen?«
    »Nein, Tamara. Jedenfalls jetzt noch nicht«, fügte sie etwas milder hinzu. »Ihr geht es nicht besonders. Sie kann schlecht laufen. Außerdem hat sie mit neuen Bekanntschaften Probleme, die machen sie nervös.«
    »Deshalb rennst du also immer hin und her. Du hast es ganz schön schwer mit all den Leuten, um die du dich kümmern musst.«
    Meine Reaktion schien sie zu rühren.
    »Sie hat sonst niemanden, sie braucht mich.«
    »Bist du ganz sicher, dass ich dir nicht helfen kann? Ich rede auch nicht mit ihr, wenn das zu anstrengend ist für sie.«
    »Nein, Tamara. Aber danke für das Angebot.«
    Na, immerhin. »Ist sie in deine Nähe gezogen, damit du dich besser um sie kümmern kannst?«
    »Nein.« Sie löffelte Hähnchen in Tomatensauce in eine Auflaufform.
    »Bist du in ihre Nähe gezogen, damit du dich besser um sie kümmern kannst?«
    »Nein.« Sie legte zwei Reisbeutel in eine Tupperdose. »Sie hat schon immer dort gewohnt.«
    Ich beobachtete sie weiter und ließ mir dabei ihre Erklärung durch den Kopf gehen. »Warte mal, dann bist du da drüben aufgewachsen?«
    »Ja«, antwortete sie schlicht und stellte alles auf ein Tablett. »Das ist das Haus, in dem ich groß geworden bin.«
    »Da hast du dich ja nicht sehr weit von zu Hause entfernt, was? Seid ihr zwei, also Arthur und du, hier eingezogen, als ihr geheiratet habt?«
    »Ja, Tamara. Aber jetzt hast du mir wirklich genug Fragen gestellt. Du weißt doch, Neugier ist ungesund.« Mit einem kurzen Lächeln verließ sie die Küche.
    »Ach was, Langeweile ist viel schlimmer!«, rief ich ihr nach, als die Tür ins Schloss gefallen war.
    Dann schlenderte ich genau wie jeden Morgen ins Wohnzimmer und sah sie über die Straße flitzen, wie ein paranoider Hamster, der jeden Moment darauf wartet, dass der Falke herabstürzt und ihn packt.
    Vor lauter Eile verlor sie unterwegs ein Geschirrtuch, und obwohl ich fest damit rechnete, dass sie sich bücken und es aufheben würde, schien sie es nicht mal zu bemerken. Ich lief nach draußen und den Gartenpfad hinunter bis zum Tor. Da blieb ich stehen wie ein braves Kind und wartete, dass Rosaleen wieder herausgerannt kam.
    Dann fasste ich mir doch ein Herz, trat durchs Tor und lief an den Straßenrand, immer in der Erwartung, dass Rosaleen das fehlende Geschirrtuch im nächsten Augenblick bemerken würde. Alarmstufe rot, da ist irgendwo ein Apfelkuchen, der Hitze ausstrahlt! Der Bungalow war ein unauffälliges Gebäude aus rotem Backstein, zwei Fenster mit weißen Netzgardinen, die aussahen wie glaukomgetrübte Augen, dazwischen eine schleimgrüne Tür. Die Fenster wirkten, als wären sie dunkel getönt, aber sie reflektierten nur das Tageslicht. Drinnen konnte ich kein Anzeichen von Leben entdecken. Ich überquerte die Straße, in deren Mitte das Geschirrtuch lag, und hob es auf. Zum Glück kam hier so gut wie nie – so gut wie nie, endgültig tot – ein Auto vorbei. Das Tor zum Vorgarten war so niedrig, dass ich locker mein Bein drüberschwingen konnte, und ich dachte mir, Klettern wäre das Sicherste, weil mich sonst wahrscheinlich das Quietschen von fünfzig Jahren Rost verraten hätte. Langsam ging ich den Weg hinauf und schaute durch das Fenster auf der rechten Seite, drückte mein Gesicht fest an die Scheibe und versuchte, durch die scheußliche Gardine zu spähen. Ich weiß nicht, was ich nach der ganzen Geheimnistuerei dort zu sehen erwartete. Irgendetwas ganz Abgefahrenes, eine durchgedrehte Satanistensekte, ein paar Leichen, eine Hippie-Kommune, irgendeine perverse Sexgeschichte mit vielen Schlüsseln in einem Aschenbecher … keine Ahnung. Alles, aber ganz bestimmt nicht das, was ich jetzt vor mir sah: ein elektrischer Heizofen, der den offenen Kamin ersetzte, drum herum braune Fliesen und ein getäfeltes Kaminsims, grüner Teppich und abgewetzte Stühle mit Armlehnen aus Holz und grünen Knautschsamtkissen. Eigentlich ein ziemlich

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