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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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Anscheinend hatte er Lust, mich wiederzusehen, denn sonst hätte er ja einfach nur anrufen können.
    Als ich auflegte, war ich ganz aufgeregt. Zwar hatte ich den ersten Punkt auf meiner Liste noch nicht ganz erledigt, aber für heute konnte ich ihn abhaken.
    Mission Nummer zwei war die Erforschung des Bungalows. Ich wollte zumindest einen Blick in den Garten werfen, aber möglichst ohne der alten kranken Dame einen Schrecken einzujagen. Deshalb beschloss ich, ein Frühstück für sie zuzubereiten – sozusagen als Alibi. Ich füllte Beeren in eine Schale, kochte Wasser, toastete ein paar Scheiben Brot und gab ein paar verquirlte Eier in die Pfanne, um Rührei zu machen … was leider direkt anbrannte. Ich weichte die Pfanne in der Spüle ein und stellte mir Rosaleens Gesicht vor, wenn sie das Malheur entdeckte – sie würde bestimmt nicht begeistert sein. Das übrige Frühstück lud ich auf ein Tablett und legte ein Geschirrtuch darüber, wie ich es jeden Morgen bei Rosaleen gesehen hatte. Ziemlich stolz auf mein erstes selbstgemachtes Frühstück verließ ich das Haus und machte mich – sehr langsam, um den Tee nicht zu verschütten – auf den Weg. Es war ziemlich schwierig, über das Tor zu klettern, weil ich ja das schwere Tablett mit beiden Händen festhalten musste und mich nicht am Pfosten abstützen konnte. Nach der Aktion war das Geschirrtuch zwar teedurchweicht, aber ich ließ mich nicht beirren, ging am Wohnzimmerfenster mit den Netzgardinen vorbei und weiter den Weg seitlich am Haus entlang. Wieder blendete mich das helle Licht. Instinktiv kniff ich die Augen zusammen und stützte das Tablett einen Moment an der Hausmauer ab, um sie mir zu reiben. Klappernd rutschten Teller und Tassen zusammen, und um ein Haar wäre alles abgestürzt. Als ich wieder sehen konnte, ging ich weiter, hielt die Augen jetzt aber vorsichtshalber auf den Boden gerichtet. So trat ich am Ende des Wegs in den Garten, in der festen Erwartung, eine große Überraschung zu erleben: vielleicht eine alte Frau, die hier wunderschöne Blumen züchtete, vielleicht Riesenpilze und Feen und Einhörner – eine ganze Zauberwelt, die Rosaleen vor mir geheim halten wollte. Aber nichts dergleichen. Vor mir erstreckte sich eine lange Wiese, die auf beiden Seiten von Bäumen gesäumt wurde. Eins war sicher: Rosaleens Mutter hatte keinen grünen Daumen.
    Die Rückseite des Bungalows machte den gleichen verwahrlosten Eindruck wie die Vorderseite. Auch hier hingen Netzgardinen vor den Scheiben. Es gab zwei Fenster und eine Hintertür. Hinter einem Fenster lag offensichtlich die Küche, denn ich konnte einen Wasserhahn und eine Spüle ausmachen. Die Tür war allem Anschein nach etwas neuer als das übrige Haus, braun mit gelblichem Milchglas. Durch das zweite Fenster konnte man gar nichts sehen.
    Da im Fenster des Schuppens immer noch das verlockende blitzende Objekt schimmerte, ignorierte ich das Haus fürs Erste und ging darauf zu. Auf halbem Weg fiel mir ein, dass es besser gewesen wäre, das Tablett irgendwo abzustellen, aber nun war ich unterwegs und hatte keine Lust auf Verzögerungen. Aus der Nähe erkannte ich, dass der leuchtende Gegenstand ein Glasmobile war, das an einer Schnur hing, ein elegantes Gebilde, unten spitz zulaufend, etwa in der Form eines Weintraubenbündels, aber sicher anderthalb Meter lang. Wenn der böige Wind sich darin verfing, drehte es sich im Kreis, tanzte und wirbelte und vermittelte die Illusion, dass es sich spiralförmig nach unten bewegte, wobei es immer wieder das Licht einfing. Ein hypnotisierendes Schauspiel.
    Während ich noch auf das Glas starrte, nahm ich aus dem Augenwinkel hinter mir eine Bewegung wahr. Schnell drehte ich mich um, aber da waren nur die Bäume, die sich leise im Wind bewegten. Schon wollte ich mich damit abfinden, dass es nur eine Reflexion im Gras gewesen war, als ich die Bewegung zum zweiten Mal bemerkte. Ich schaute noch einmal hin, und tatsächlich – da war eine Gestalt im Schuppen! Langsam näherte ich mich, so leise es mit meinem schweren Tablett eben möglich war. Inzwischen bereute ich schon, es mitgebracht zu haben, denn Eier und Tee waren bestimmt längst kalt und die gebutterten Toastscheiben matschig. Das Fenstersims befand sich etwa auf Höhe meiner Schulter, ich stellte mich auf die Zehenspitzen und versuchte, möglichst unauffällig hineinzuspähen. Den Raum selbst nahm ich kaum wahr, ich konzentrierte mich voll und ganz auf die menschliche Gestalt. War das

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