Ich sehe dein Geheimnis
ein öffentlicher Angriff auf Cecile Hayworth hätte unserem schleppenden Geschäft nicht gutgetan. Also ging ich stattdessen nach Hause und bereitete mich auf mein sogenanntes Date vor.
Dreiundzwanzig
Wenig später stand Stephen in einem blauen Button-Down-Hemd und einer Anzughose vor meiner Tür. Das Outfit war eindeutig zu schick für das, was ich vorhatte, aber Stephen zog sich immer übertrieben an. Wirklich überrascht war ich von den Rosen, die er in der Hand hielt.
Hatte ich nicht deutlich gemacht, dass das kein Date war? Nun gut, ich hatte ihm nicht verraten, dass ich Informationen von ihm wollte. Aber Stephen musste doch wissen, dass es keine romantische Verabredung war, sondern ein Dankeschön.
»Bist du allergisch?«, fragte er.
»Hä?«
»Auf die Rosen. Weil du sie so irritiert ansiehst.«
»Oh, tut mir leid. Sie sind wunderschön. Ich habe nur überlegt, wo unsere Vase ist.« Ich zog die obligatorische Nummer mit dem Riechen und dem Lächeln ab.
»Danke. Ich bin gleich zurück.« Ich brachte die Blumen zu Mom in die Küche und wollte sie bitten, sie ins Wasser zu stellen, aber sie telefonierte gerade. Ich konnte natürlich nur ihren Teil des Gesprächs hören, aber es klang, als wollte jemand unbedingt noch einen Termin für heute Abend vereinbaren. Mom erklärte, dass wir bereits geschlossen hatten, aber die Person am anderen Ende musste sie angefleht haben, denn schließlich stimmte sie einem Einzeltermin zu. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, sie hängen zu lassen, aber ich musste los.
Stephen brachte mich zu seinem Toyota Lexus. »Wo willst du hin? Ins Captain’s Bistro?«
»Ich dachte eher an das Yummy’s.«
»Naaaa gut«, sagte er enttäuscht. »Wenn du willst.«
Ich wollte nicht unbedingt ins Yummy’s. Aber Stephen sollte sich an die Nacht erinnern, in der Victoria ermordet wurde. Also mussten wir dorthin.
»Du warst schon einmal hier«, sagte er, nachdem wir uns an einen schwach beleuchteten Tisch in der Ecke gesetzt hatten.
»Ja, ich bin regelmäßig hier. Woher weißt du das?«
»Du siehst nicht in die Karte.«
Ich lächelte und zeigte auf meinen Kopf. »Ich blättere sie gerade durch.«
Er lachte. »Dann kommst du wohl wirklich öfter hierher. Was kannst du empfehlen?«
»Mein Bruder mag die Burger. Ich bevorzuge die Hähnchensticks.«
»Wie geht es deinem Bruder?«
Bevor ich antworten konnte, kam die Bedienung und nahm die Bestellung auf. Als sie ging, wandte ich mich wieder Stephen zu, der sich wirklich Sorgen zu machen schien.
»Perry geht es nicht so gut.«
»Aber ich habe gehört, dass die Polizei ihn freigelassen hat.«
»Das stimmt, aber er ist immer noch der Hauptverdächtige. Sie hatten nur nicht genug gegen ihn vorliegen.« Ich ertappte mich dabei, wie ich gegen die Tränen ankämpfte. Den ganzen Tag hatte ich vor meiner Mutter und Perry die Optimistische gemimt, und jetzt, als ich darüber sprach, stand ich kurz vor dem Zusammenbruch.
»Es tut mir leid.« Ich tupfte mir die Augen mit der Serviette ab. »Dieser Sommer war einfach fürchterlich.«
»Das macht nichts.«
»Wie läuft dein Sommer denn so?«, wechselte ich das Thema in der Hoffnung, die Fassung zurückzuerlangen.
»Nicht so gut. Durch den Wahlkampf geht es zu Hause nur um Politik. Ich muss mit meinen Eltern zu Dinnerabenden gehen und Small Talk führen. Das ist alles ganz schön stressig. Heute Abend sollte ich eigentlich zu einer Spendenveranstaltung mitgehen, aber das hier ist eine schöne Abwechslung.«
Sollte ich ihm von den schrecklichen Dingen erzählen, die seine Mutter heute Nachmittag zu mir gesagt hatte? Ich entschied mich dagegen. Er hatte momentan schon genug Probleme mit seinen Eltern.
»Um ehrlich zu sein, ich kann es kaum erwarten, kommenden Monat endlich aufs College zu gehen. Weg von all dem. Meine Eltern sind sehr … auf ihre Ziele konzentriert.« Plötzlich hielt er inne. »Entschuldige. Ich sollte nicht über so etwas reden.«
»Das stört mich nicht. Es tut gut, so was mal rauszulassen.«
»Nein, diese Familiengeschichten sind doch zu persönlich. Und wir wollen doch einen netten Abend verbringen. Es tut mir leid, ich vermiese uns noch die Stimmung. Lass uns von etwas Schönerem sprechen.«
»Etwa davon, dass die ganze Stadt meinen Bruder für einen Mörder hält?«
Er lachte. »Okay, okay. Dein Leben ist zurzeit auch nicht viel besser.«
»Das stimmt allerdings.«
Die Bedienung brachte das Essen. Stephen machte sich hungrig über seinen Burger her.
»Ich habe
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