Mailadresse?«
»
[email protected]«
»Schlecht. Ich richte dir eine neutrale E-Mail-Adresse ein. Was hältst du von
[email protected]? Du bleibst anonym, und wir haben beide Zugriff auf Benachrichtigungen oder private Mails, die uns ein Mitglied schickt. Ich mach das, sobald ich zu Hause bin.«
»Meinst du, Valeska gewährt mir einfach so Zutritt zu dem Mitgliederbereich?«
»Ich hoffe es. Aber ich bin mir fast sicher, dass sich Frau Liebig für das, was gerade hier passiert, mitverantwortlich fühlt. Allein deshalb muss sie uns unterstützen.«
»Super.« Sie konnte ihre Aufregung kaum verbergen. Endlich hatte sie eine Möglichkeit, aktiv zu Tinis Rettung beizutragen. Sie blickte auf ihre Uhr. »Ich muss zurück zu Jonas, bevor er mich vermisst.«
27
Im Treppenhaus hörte sie Ronnie. Sara verstand nicht, was er sagte, aber sie konnte ihn klar von einer hellen Frauenstimme unterscheiden.
Schon wieder unerwarteter Besuch? Valeska? Mit Neuigkeiten aus dem Forum? Hoffentlich erzählte sie Ronnie nichts von Freitag. Sie beschleunigte ihren Schritt. Fing an zu laufen. Mit jeder Stufe wurden die Stimmen deutlicher und die in ihr aufsteigende Übelkeit stärker. Atemlos erreichte sie den dritten Stock.
Eine attraktive blonde Frau in einem eleganten Wintermantel stand mit Ronnie im Treppenhaus. An ihrer Hand hielt sie einen kleinen, dick vermummten Jungen etwa in Jonas’ Alter.
»… natürlich geht das in Ordnung, Sara macht das gern.« Ronnie winkte sie zu sich. »Nicht wahr, Sara?«
»Was denn? Hallo, ich bin Sara.« Keuchend streckte sie der Frau die Hand entgegen.
»Eleonor.« Die Frau schüttelte ihre Hand. »Ich bin eine Kollegin von Ihrem Mann.«
Ronnie wandte sich ihr zu.
»Die Tagesmutter ihres Sohnes ist krank. Ich habe ihr angeboten, dass Ben nach der Schule mit zu uns kommt.« Er tätschelte dem Jungen den Kopf. »Ich habe morgen eine wichtige OP, da brauche ich Eleonor.«
Sara schluckte. Sie war morgen bei Nova . Er wusste das. »Hast du vergessen, dass … «
»Außer du hast etwas Wichtigeres vor«, unterbrach Ronnie sie betont freundlich.
»Morgen ist mein –«
»Vielleicht einen Friseurtermin?« Ronnie lachte gekünstelt. »Oder bist du wieder auf Mörderjagd mit diesem Anwalt?«
Und jetzt? Sollte sie vor seiner Kollegin einen Streit anfangen? Sie wusste genau, wie das enden würde. Sie lächelte Eleonor an. »Natürlich kann Ben zu uns kommen. Ich nehme ihn nach der Schule mit.«
Sara deckte den Kaffeetisch im Wohnzimmer, als Ronnie sich im Türrahmen aufbaute.
»Wie kannst du mich nur so blamieren?« Jegliche Freundlichkeit war aus seiner Stimme verschwunden.
»Du hättest mich vorher fragen können, ob ich Zeit habe.«
Er zog die Brauen hoch. »Was kannst du schon Wichtiges vorhaben?«
»Verdammt, Ronnie!« Sie knallte die Kuchengabeln auf den Tisch. »Ich fang morgen bei Nova an! Das weißt du.«
Er verdrehte die Augen. » Nova … Oh Gott. Kein Wunder, dass ich das verdrängt habe.«
Kopfschüttelnd überging sie die abfällige Bemerkung. »Trotzdem könntest du mich fragen, bevor du jemandem meine Zeit anbietest.«
»Zeit!« Er spie ihr das Wort vor die Füße. »Für jeden Dreck hast du Zeit. Aber wenn ich mal was will … Du glaubst gar nicht, wie mich das ankotzt!«
»Ich habe deiner Kollegin zugesagt.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust und trat näher zu ihr. »Gnädig herabgelassen hast du dich! Morgen bin ich das Gespött der Abteilung.«
»Blödsinn.« Sie warf einen kurzen Blick auf den Tisch. »Zucker fehlt noch.«
»Sag du mir nicht, was Blödsinn ist! Morgen weiß jeder, wie sich meine Frau ziert.«
Sara versuchte, die aufsteigende Wut zu kontrollieren, und betonte jedes Wort sorgfältig: »Zufälligerweise hätte ich morgen arbeiten müssen. Stattdessen spiele ich jetzt den Babysitter.«
»Arbeiten müssen ?« Höhnisch lachend klatschte er sich auf den Oberschenkel, als hätte sie einen besonders gelungenen Scherz gemacht. Dann verzog er seinen Mund zu einem verächtlichen Grinsen. »Du hast doch keine Ahnung, was es heißt, arbeiten zu müssen.«
Sie erwiderte nichts. Mit Tränen in den Augen wandte sie sich wortlos ab, ließ den halb gedeckten Tisch stehen, und ging an ihm vorbei in ihr Arbeitszimmer. Mit einem lauten Knall schlug sie die Tür hinter sich zu und drehte den Schlüssel im Schloss um.
So ein … Wenn er meint, dass ich so nutzlos bin, dann soll er doch abhauen. Jetzt reicht’s. Weg hier! Einfach weg! Weg! Weg!